| # taz.de -- Australische Miniserie „Stateless“: Auf die Perspektiven kommt … | |
| > Wie zuvor „Eden“ zeigt nun die Miniserie „Stateless“, wie man Grenzre… | |
| > fiktional erzählen muss. Dass es weh tut, ist dabei unvermeidlich. | |
| Bild: Die Figur „Sofie“ (Yvonne Strahovski) basiert auf einer realen Person | |
| Grenzen sind mehr als Linien, die Kontinente durchschneiden, mehr als Zäune | |
| und Beamtenhäuschen. Ein „Grenzregime“ nennt die Migrationsforschung die | |
| Gesamtheit aller Orte, Gesetze, Praxen und Ideen, die die Bewegung von | |
| Menschen regieren. [1][Von Europas Grenzregime erzählte 2019 schon die | |
| Arte-Koproduktion „Eden“], im März legte das australische Fernsehen nach, | |
| mit „Stateless“, einer Miniserie in einem der [2][dortigen | |
| Internierungslager für Geflüchtete]. | |
| Die Serie, produziert von Hollywoodstar Cate Blanchett, läuft nun für | |
| internationales Publikum auf Netflix. Leicht wegzustecken ist sie nicht – | |
| und auch wenn man „Hinschauen!“ skandieren mag, so sei doch vor teils | |
| schonungsloser Gewaltdarstellung gewarnt. Da ist „Stateless“ weniger | |
| zimperlich als „Eden“. | |
| Gemeinsam haben beide Produktionen, dass sie verstehen, wie man Grenzregime | |
| fiktional erzählen muss: keinesfalls bloß aus Sicht der einen, | |
| draufschauend auf die anderen. Denn so nehmen wir Grenzen ja jetzt schon | |
| war. Sondern mit verflochtenen Handlungsbögen, mal mit denen im | |
| Mittelpunkt, die unter dem Regime leiden, und mal mit denen, die es | |
| betreiben. | |
| Allerdings entscheidet sich „Stateless“ für einen überraschenden Kniff. | |
| Eine der Protagonist*innen ist eine weiße Frau, die im Lager eingesperrt | |
| ist. Auf der Flucht vor ihrer herzlosen Familie und einer Vorstadtsekte | |
| landet die Australierin Sofie (Yvonne Strahovski) im Lager – wo sie „nicht | |
| hingehört“, wie ihr Mitinsassin Rosna (Helana Sawires) nach kurzem | |
| Abchecken bestätigt. | |
| ## Spannend wird es ab Folge 3 | |
| Die Geschichte ist inspiriert [3][vom Fall einer weißen Deutschen, die 2004 | |
| für einige Monate in einem australischen Lager saß]. Für Australier*innen | |
| ist die Referenz also klar, für das internationale Publikum ist es dagegen | |
| eher lästig, zunächst durch Sofies Vorgeschichte geschleift zu werden, die | |
| zur Story wenig beiträgt. | |
| Besser wäre, man hätte die Serie mit Folge 3 begonnen, dem Moment, als ein | |
| Misshandlungsfall aus dem Lager an die Öffentlichkeit gelangt – und hätte | |
| alles Vorherige in Rückblenden erzählt. So aber ist „Stateless“ eine dies… | |
| chronologischen Erzählungen, die dem Publikum wenig Denkkraft zutraut. Und | |
| obendrein viel Zeit mit dem Handlungsstrang verschwendet, den es am | |
| wenigsten gebraucht hätte. Aber allein für den klaustrophobisch | |
| inszenierten Schauplatz des Lagers in der Wüste, zu dem auch die | |
| schauspielerische Leistung aller Beteiligten beiträgt, ist „Stateless“ | |
| einen Blick wert. | |
| 19 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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