# taz.de -- Politik in Nordmazedonien: Mann mit großen Plänen | |
> Ali Ahmeti will Ministerpräsident Nordmazedoniens werden – mit elf | |
> Prozent der Stimmen. Schon sein Leben lang ist er ein kompromissloser | |
> Kämpfer. | |
Bild: Möchte nicht mehr nur Königsmacher sein: Ali Ahmeti | |
SPLIT taz | Der Vorsitzende der größten Albanerpartei in Nordmazedonien | |
meldet Ansprüche an. Mit elf Prozent der Stimmen und einer noch nicht | |
festgelegten Anzahl der Sitze im 120-köpfigen Parlament | |
[1][Nordmazedoniens] schockierte er schon vor Tagen die politische Szene im | |
Land und vor allem den Wahlsieger, den [2][Sozialdemokraten Zoran Zaev]. | |
Denn Ali Ahmeti möchte nicht nur Königsmacher sein, wie in der | |
Vergangenheit, sondern jetzt selbst das Land als Ministerpräsident führen. | |
Dass Ali Ahmeti auch kompromissloser Kämpfer sein kann, zeigt seine | |
Geschichte. 1959 geboren, gelang Ahmeti der Sprung an die Universität von | |
Prishtina, wo er von 1979 bis 1983 Philosophie studierte. Er gehörte zu | |
jenen Studenten, die 1981, nach Titos Tod, die Studentenproteste gegen die | |
Diskriminierung der Albaner in Jugoslawien anführte. | |
Die Studenten wollten Kosovo zu einer gleichberechtigten Republik im | |
damaligen Jugoslawien machen. Serbische und jugoslawische Medien erbosten | |
sich über die „Irredentisten“ und forderten harte Strafen. Der Ruf nach | |
Freiheit brachte Ahmeti ein Jahr Gefängnis ein. Er organisierte die | |
Studentenbewegung im Untergrund, musste aber das Land verlassen und bekam | |
politisches Asyl in der Schweiz. | |
Natürlich war Ahmeti dort Organisator von Protesten der albanischen | |
Diaspora in Europa. 1988 wurde er Anführer der Nationalen Bewegung für die | |
Befreiung Kosovos, 1993 auch Kopf des militärischen Widerstands. So gehörte | |
Ali Ahmeti von Beginn an zu den Inspiratoren für die | |
[3][Kosovo-Befreiungsarmee UÇK] und seit 1998 zu deren Führung. | |
Nationale Befreiungsarmee NLA in Mazedonien gegründet | |
Die Albaner sahen sich auch im seit 1991 unabhängigen Staat Mazedonien als | |
unterdrückte Minderheit. Sie forderten, Albanisch als gleichberechtigte | |
Amtssprache in Mazedonien einzuführen. Der erfahrene UÇK-Kämpfer Ahmeti | |
griff diese Stimmung auf. Nachdem er 1999 in seine Heimat zurückgekehrt | |
war, gründete er die Nationale Befreiungsarmee NLA in Mazedonien. | |
Die mazedonische, Slawisch sprechende Mehrheitsgesellschaft reagierte mit | |
noch mehr Nationalismus gegenüber den Albanern. Die Polizei provozierte | |
Zwischenfälle. Plötzlich zeigten sich Kämpfer der UÇK in Uniform, im | |
Frühjahr 2001 kam es zu heftigen Kämpfen. Albanische Dörfer gerieten unter | |
Artilleriebeschuss, andererseits trugen UÇK-Kämpfer den Krieg bis nach | |
Skopje. | |
Mit US-amerikanischer und europäischer Hilfe konnte jedoch im August 2001 | |
in Ohrid ein Friedensvertrag unterzeichnet werden. Albanisch wurde | |
Amtssprache, Albaner sind in der Polizei und der Verwaltung präsent. Im | |
Gegenzug sorgte Ali Ahmeti für die Demobilisierung der UÇK. | |
Nach 2002 wurde seine Partei die stärkste Albanerpartei im Lande, mit der | |
sich zuerst die Sozialdemokraten, dann 10 Jahre lang die | |
VMRO-DPMNE-Regierung verbanden. Ali Ahmeti regierte all diese Jahre mit. | |
Heute, nach den Wahlen am Mittwoch, fordert er nichts weniger als | |
Ministerpräsident zu werden, wenn er in eine neu formierte Regierung | |
eintreten soll. | |
16 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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