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# taz.de -- NBA-Basketball in Disney World verlegt: Flucht in die Blase
> Die NBA-Basketballer versammeln sich in der Disney World hinter
> verschlossenen Türen. Wegen Corona wollen sie dort ihre Saison zu Ende zu
> spielen.
Bild: Kein Mann für billige Politsprüche: NBA-Superstar LeBron James
Das Schloss von Aschenputtel, menschenleer. Eine Achterbahn, die ohne
kreischende Besucher durch einen Nachbau des Himalaya rast. Eine künstliche
Lagune mit dem größten Freiluftwellenbecken der Welt, aber ohne badende
Kinder. Vor den verschlossenen Toren des verlassenen Vergnügungsparks tobt
ein Virus, das bereits Zehntausende Tote gefordert hat, durch ein
zerrissenes Land im Ausnahmezustand. Hinter den Mauern sammeln sich die,
die überleben wollen. Doch nicht jeder ist willkommen im sicheren Hafen,
man muss eine Eigenschaft haben, die einen vor anderen auszeichnet:
ziemlich gut Basketball spielen.
Was wirkt wie das Szenario eines drittklassigen Science-Fiction-Thrillers
aus den Siebzigern, ist tatsächlich der Versuch der NBA, ihre aktuelle
Saison zu Ende zu spielen. Dieser Tage versammeln sich die 22 Mannschaften
der Liga, die noch Chancen auf die Play-offs haben, im Walt Disney World
Resort in Florida, dem größten Vergnügungspark der Welt. Sie beziehen drei
Luxushotels, die in den vergangenen Monaten leer standen. Im Gran Testino
Tower residieren die favorisierten Teams, die Lakers und Clippers aus Los
Angeles und die Milwaukee Bucks.
Im spektakulären Hotelpool, umgeben von Maya-Pyramiden, werden dann LeBron
James, Giannes Antetokounmpo und Kawhi Leonard planschen. Aber nicht jeder
ist zufrieden mit der Unterbringung: James Teamkollege Rajon Rondo löste
einen kleinen Shitstorm aus, als er auf Instagram sein Hotelzimmer mit der
Billigkette Motel 6 verglich.
Auch sonst läuft nicht alles rund in der NBA Bubble, wo am 30. Juli wieder
der Spielbetrieb beginnen soll mit einem abgespeckten Restprogramm der
regulären Saison, bevor dann ab Mitte August die Play-offs mit den besten
16 Mannschaften beginnen. Aber ob die Blase aus Spielern, Trainern,
Betreuern, Presse und Hotelmitarbeitern hält, ist noch ungewiss.
## Renitente Spieler
Die ersten sind schon erwischt worden, als sie unerlaubten Kontakt hatten,
weil sie sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite etwas zu essen holen
wollten. Und einzelne Profis sind erst gar nicht angereist, darunter auch
Bradley Beal, Star der Washington Wizards. Und Kyrie Irving, aktuell
verletztes Aushängeschild der Brooklyn Nets, versuchte schon vor Wochen,
seine Kollegen davon zu überzeugen, das NBA-Comeback zu boykottieren – und
lieber die Gelegenheit zu nutzen, eine eigene Liga aufzumachen – ohne
Erfolg.
Die Mehrzahl der Spieler ist bereits angekommen, der eine oder andere muss
nach einem positiven Covid-19-Test nur erst einmal eine Quarantäne
absitzen. Das aktuellste Corona-Opfer ist Russell Westbrook von den Houston
Rockets, der gleich eine vorbildliche Stellungnahme twitterte: „Bitte nehmt
dieses Virus ernst. Passt auf euch auf! Tragt eine Maske.“
Ebenfalls fehlen wird in der NBA-Blase Adrian Wojnarowski. Der wohl am
besten informierte NBA-Reporter wurde von seinem Sender ESPN vorübergehend
suspendiert. Der Grund war eine genau zwei Worte lange E-Mail: „Woj“, wie
der Basketballexperte von Kollegen und NBA-Profis genannt wird, hatte
US-Senator Josh Hawley ein herzhaftes „Fuck you!“ gewünscht.
## Softe Polit-Slogans
Die E-Mail war eine Antwort auf eine Beschwerde des ultrakonservativen
Trump-Jüngers Hawley darüber, dass ESPN nicht kritisch genug über die NBA
berichte. Dem republikanischen Politiker ist neben den Geschäften der NBA
in China vor allem ein Dorn im Auge, dass die Liga den Profis die
Möglichkeit gibt, für die kommenden Spiele ihre Namen auf dem Trikot durch
politische Botschaften zu ersetzen.
Die Liga hat zusammen mit der Spielergewerkschaft eine Liste mit 29 Slogans
entwickelt, aus denen die Profis auswählen dürfen. Das reicht von „Black
Lives Matter“, über „Peace“, „Equality“ oder „Freedom“ bis zu se…
speziellen Anliegen wie „Group Economics“ oder „Education Reform“. Nahe…
300 der ungefähr 350 Spieler in der Bubble haben sich einen Spruch
ausgesucht.
Nicht fündig geworden in der Liste ist der größte Star der Liga. LeBron
James, sonst nie schüchtern, wenn es darum geht, [1][zu politischen und
sozialen Themen Stellung zu beziehen], ließ wissen, er habe keinen Slogan
gefunden, der „ernsthaft zu meiner Mission, meinen Zielen passt“.
Vielleicht ist der Superstar ja beleidigt, weil er seinen Spitznamen
[2][„The King“] nicht aufs Trikot drucken lassen darf – während
Aschenputtel sogar ein Schloss ihr Eigen nennen darf.
14 Jul 2020
## LINKS
[1] /Politische-Haltung-im-US-Basketball/!5628498
[2] /LeBron-James-geht-nach-Los-Angeles/!5518783
## AUTOREN
Thomas Winkler
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