# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Ein Buch lesen, ins Berghain gehen | |
> Ein bisschen Kultur ist wieder los, in diesem Pandemie-Sommer-(Loch): | |
> gute Gelegenheit, einen alten Herrndorf-Schmöker zu entdecken. | |
Bild: Empfohlener Leseort für die Herrndorf-Lektüre: Sand gibt's auch am Wann… | |
Es ist doch gerade die Zeit, in der nur drei Dinge wirklich zählen. Also: | |
Sommer. Sonne. Strand. Und zu diesem zusammengeschnurrten Sommersonnestrand | |
legt man sich gern noch das gute Buch dazu, bitte sehr, träge sich räkeln, | |
blättern. | |
Das geht auch in diesem pandemischen Sommer, die Sonne, geht immer wieder | |
auf... und der Strand darf sich halt mal am Wannsee oder einem | |
Brandenburger Gewässer die Füße ausstrecken. | |
Ach ja: das Buch! | |
Ich würde mal sagen: Was von Wolfgang Herrndorf. Der hat nicht nur | |
„Tschick“ geschrieben, sondern auch „Sand“. Was nun vielleicht nicht die | |
klassische Sommersonnestrandlektüre ist, nichts zum sanften Wegdämmern, das | |
geht mit „Sand“ eher nicht. Die Sonne aber scheint da ziemlich gnadenlos | |
durch die Seiten. Wüstenklima. Und das Buch will sich auch gar nicht | |
entscheiden, ob es nun ein Thriller, Krimi oder Spionageroman ist (also | |
doch wieder irgendwie klassische Urlaubslektüre). Da muss man als Leser | |
schon etwas härter im Nehmen sein, so wie der Autor seine Protagonisten | |
piesackt und ihnen im Laufe der aberwitzigen Geschichte scheinbar gar | |
nichts Gutes gönnen will. Das ist quälend und brüllend und auch unglaublich | |
komisch in der nachlässigen Art, wie hier das Schicksal (das Leben, die | |
anderen, das „einfach so“) den Menschen ins Kreuz schlägt. | |
So arglos, wie auch bei Laurel und Hardy noch jedes Klavier, das in deren | |
Filmen herumstand, zu Klump geschlagen wurde. | |
“[1]['Sand' ist ein Roman der schlimmstmöglichen Ausgänge]“, schrieb | |
Kollege Dirk Knipphals in seiner Rezension des Romans. Das war 2011. Was | |
sofort zu der Frage führt, was das Buch nun hier, fast zehn Jahre später, | |
eigentlich zu suchen hat? | |
Aber 1.) haben es eben vielleicht noch nicht alle gelesen. Das zu tun, | |
macht wirklich höllisch Spaß. Und 2.) gibt es als weitere Anregung für die | |
Herrndorf-Lektüre nun von Montag bis Freitag im Literaturforum im | |
Brecht-Haus in der Chaussesstraße die [2][Wolfgang-Herrndorf-Woche], bei | |
der in fünf Gesprächsrunden diskutiert wird, wie haltbar die Texte des 2013 | |
in Berlin verstorbenen Autors sind. | |
Zwischendurch aber will man doch mal wieder, das Buch zugeklappt, runter | |
vom Strand und ins Berghain gehen. Was wieder möglich ist, die Kunst | |
bereitet den Weg. Natürlich ist da weiterhin nichts mit Clubbing und Tanzen | |
im Technotempel, aber er gibt wieder mal die Kulisse für die Kunst ab mit | |
der gewaltigen Kesselhalle des ehemaligen Fernheizwerks, die von Sam | |
Auinger und Hannes Strobl mit einer Klanginstallation bespielt wird. | |
Erstmals hören darf man die [3][“Eleven Songs“] am Mittwoch und | |
anschließend bis 2. August, immer mittwochs bis sonntags von 14 bis 20 Uhr. | |
Dann liest man entweder weiter in dem Buch (ja, es ist spannend) oder geht | |
noch zu einem Sundowner mit Blick auf die Spree auf die Dachterrasse im | |
Haus der Kulturen der Welt, wo am Donnerstagabend als Wassermusik-Ersatz | |
die [4][“20 Sunsets“] starten mit Konzerten, Filmen und Lesungen. | |
Der letzte Satz von „Sand“, so viel sei verraten, lautet: „Er hob seine | |
Schaufel hoch wie ein Priester die Bundeslade, zeigte sie den Ungläubigen | |
und schob den ganzen Schamott den Hügel hinab.“ Haltbare Bulldozer-Action. | |
Puh. | |
13 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!5107575 | |
[2] https://lfbrecht.de/events/kategorie/schwerpunkte/?schwerpunkte=Wolfgang-He… | |
[3] http://singuhr.de/projekte-2014/2020-2/eleven-songs/ | |
[4] https://www.hkw.de/de/programm/projekte/2020/20_sunsets/start.php | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
## TAGS | |
Wochenvorschau | |
Wolfgang Herrndorf | |
Berghain | |
Wochenvorschau | |
Museumsinsel | |
Wochenvorschau | |
Wochenvorschau | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Helden gehen eigentlich immer | |
Diese Woche: Erinnerungen an grenzüberschreitende Musikereignisse, | |
Klangarchäologie – und ein Richtfest mit Altbundespräsident. | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Bildungsbürgerliche Kontemplation | |
Das Sommerloch klaft tiefer denn je. Das ist die perfekte Gelegenheit für | |
waschechte BerlinerInnen, die sonst so überfüllte Museumsinsel zu erkunden. | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Leichten Herzens ins Sommerloch | |
Die erste volle Ferienwoche bricht an in Berlin, was tun? Erstmal wird | |
Corona-Bilanz gezogen. Und dann kann man tatsächlich wieder ins Kino gehen! | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Endlich Zeit für die Kleinen! | |
Erst Lockdown, jetzt Sommerferien. Ein Alptraum für Eltern – denn alles, | |
was man mit Kindern tun kann, haben sie schon getan! | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Irgendwie, irgendwo, irgendwann | |
Ab Dienstag dürfen bei Open-Air-Veranstaltungen in Berlin bereits wieder | |
bis zu 500 Personen teilnehmen. Was die Woche noch so bringt, steht hier. |