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# taz.de -- Festnahmen bei Protesten in Israel: Gegen Netanjahu, für Demokratie
> Bei Antikorruptionsprotesten in Israel nimmt die Polizei bekannte
> Sprecher fest. Das bringt noch mehr Menschen auf die Straße.
Bild: Ministerpräsident Israels, trotz drei laufender Korruptionsverfahren: Be…
Berlin taz | In Israel werden die Proteste gegen Korruption des
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu immer lauter – und die Reaktionen
immer nervöser. „Niemand wird uns daran hindern, überall zu demonstrieren,
solange wir dies innerhalb der Grenzen tun“, sagte Amir Haskel, als er am
Sonntagmorgen das Jerusalemer Bezirksgericht verließ: „Der Staat ist mit
Benzindampf gesättigt, und wenn unsere Verhaftung sie entzündet hat, hat es
sich gelohnt.'
Amir Haskel, ein ehemaliger General und Protestführer, war neben anderen
Personen bei Antikorruptionsprotesten vor der Residenz von
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Balfour-Straße in Jerusalem
festgenommen worden.
Nachdem sie eine einstweilige Verfügung unterzeichnet hatten, die sie aus
Jerusalem verbannt, wurden vier der Festgenommenen am Freitagabend wieder
freigelassen. Drei von ihnen, unter ihnen Haskel, lehnten das ab – und
saßen weiter im Polizeigewahrsam.
Erst am Sonntagmorgen ordnete das Bezirksgericht schließlich ihre
Freilassung an. Die israelische Polizei könnte mit den Festnahmen den
Antikorruptionsprotesten einen Gefallen getan haben. Denn seitdem schlagen
die Wellen hoch. Ein großer Teil des Landes ist besorgt um die Demokratie.
## Falsche Darstellung der Polizei
Für Tzachi Avinoam, einen der Unterstützer der Black-Flag-Bewegung, war die
Verhaftung eine politische Entscheidung: „Die Polizei hat ihn [Haskel] nach
seiner Rede festgenommen“, berichtet er und widerspricht damit der
Darstellung der Polizei, nach der Haskel an einer Straßenblockade
teilgenommen habe: „Erst nach der Verhaftung blockierten die
Demonstrant*innen als Reaktion darauf die Straße.“
Im Verlauf der Anhörung vor dem Bezirksgericht gab der Polizeivertreter zu,
dass die drei keine Straßen blockiert hätten.
Auch am Samstagabend stand Avinoam wieder auf der Straße, so wie Tausende
andere, die in Jerusalem vor Netanjahus Residenz und an zentralen
Straßenkreuzungen gegen die Festnahmen protestierten: „Ich bin hier, um zu
zeigen, dass ich sie im Blick habe.“
Haskel, der 32 Jahre lang in der Luftwaffe tätig war, begann seine Proteste
allein. Schon 2016 stand er mit Schildern in der Hand in seiner Heimatstadt
Yavne und forderte Netanjahus Rücktritt, schließlich wurde er zu einem der
Anführer in der Black-Flag-Bewegung.
## Unterstützung von unerwarteter Seite
Die Black-Flag-Bewegung wurde am 19. März ins Leben gerufen, als inmitten
der Coronakrise das Parlament aufgrund einer politischen Krise geschlossen
wurde. Die Anhänger*innen fordern ein Gesetz, das es einem wegen Korruption
Angeklagten [1][verbietet, Ministerpräsident zu sein]. Gegen Netanjahu
läuft derzeit ein Prozess in drei Korruptionsfällen.
Der Fall Haskel sorgte am Sonntagmorgen auch für Verstimmung in der
Knesset, dem israelischen Parlament. Dort gerieten Netanjahu und sein
Regierungspartner Benny Gantz, [2][alternierender Ministerpräsident und
Verteidigungsminister], aneinander.
Das Recht zu protestieren, so Gantz, sei in Israel ein „heiliges Recht“ und
dürfe nicht verletzt werden. Netanjahu konterte, dass jeder Vorwurf, er
würde das Recht auf Demonstration beschneiden wollen, „absurd“ sei.
Unterstützung erhielt Haskel auch von unerwarteter Seite. Rabbi Benny Lowe,
einer der einflussreichsten israelischen Rabbiner des religiösen Zionismus,
begleitete Haskel ins Gericht: „Seit einigen Jahren versucht Amir, mich zu
überzeugen, mich dem Protest anzuschließen. […] Aber wenn er verhaftet
wird, dann übernimmt die Regierung die Demokratie. Das ist der Moment, an
dem ich das Haus verlassen muss.“
Für Montagabend sind die nächsten Proteste angekündigt, in Tel Avivs
Prachtstraße, dem Rothschild-Boulevard. Die nächsten Tage und Wochen werden
zeigen, wie es weitergeht.
28 Jun 2020
## LINKS
[1] /Urteil-zu-Netanjahus-Zukunft/!5683539
[2] /Israel-hat-eine-neue-Regierung/!5683828
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Israel
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Schwerpunkt Korruption
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