# taz.de -- „Ehe für alle“ auch in der Schweiz: Spät, aber gut | |
> Es ist vor allem ein atmosphärisch-kultureller Gewinn, der mit der „Ehe | |
> für alle“ einhergeht. Ein Aspekt der Reform ist in der Schweiz besser als | |
> hier. | |
Bild: Späte Liebe für die Schweiz | |
Was für eine erfreuliche Meldung aus der Schweiz: Der Nationalrat hat mit | |
großer Mehrheit beschlossen, das Eherecht für gleichgeschlechtliche Paare | |
zu öffnen, also das Personenstandsrecht zu entbiologisieren. Ehe – das sind | |
nicht mehr exklusive Heteroverbindungen, sondern solche zweier Menschen. | |
Gut so, einerseits. | |
Andererseits hat das Projekt „Ehe für alle“ hier sehr lange gedauert, ganze | |
sieben Jahre – gemessen an rechtsstaatlich horriblen EU-Ländern wie Polen | |
und Ungarn wirkt allerdings natürlich selbst der eidgenössische Fortschritt | |
flott. Aber man soll generell über diese erfreuliche Gesetzesänderung | |
nicht meckern: Dass in dem Land von Heidi und Alm-Öhi mal liberaler | |
Progress sich so fundiert und mächtig entfalten könnte, war vor einem | |
halben Jahrhundert nicht einmal fantasierbar. | |
[1][Queeristen, also LGBTI*-Menschen, die auf bürgerrechtliches, in | |
Rechtsstaatlichkeit gegossenes Framing eher wenig geben], werden natürlich | |
klagen: Oh, die Ehe, wie spießig, da ist in Sachen „Queering the world“ ja | |
nix gewonnen. In der Tat ist noch viel zu tun – gewiss auch in den | |
akademoid-ultraprivilegierten Milieus, in denen das identitäre Alphabet | |
sich „Queer“ liest. | |
Aber vor allem ist der atmosphärisch-kulturelle Gewinn, der mit der „Ehe | |
für alle“ eingesteckt werden kann, die Voraussetzung aller weiteren | |
Besserungen, etwa im gesellschaftlichen Respekt vor LGBTI*-Menschen. Ein | |
Aspekt der Reform sogar wird in der Schweiz besser ins Werk gesetzt werden | |
als in Deutschland: Die Samenspende für Elternschaften lesbischer Paare | |
wird erlaubt werden. Das ist hierzulande verboten – [2][wie überhaupt | |
weiterhin etwa lesbische Eltern bei Kindschaftsfragen diskriminiert | |
werden]. | |
Eine Mikropartei in der Schweiz spielt nun noch mit dem Gedanken, das | |
Gesetz zur Volksabstimmung zu stellen. Das ist zu begrüßen, unbedingt. Denn | |
es wird mit einem starken Votum positiv nobilitiert werden. Und damit wird | |
die Idee, die Ehe sei ein heterosexuelles Privileg, ein Instrument der | |
Zielhaftigkeit, in einem weiteren Land historisierbar. Korrekt, das! | |
11 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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