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# taz.de -- Abschlussbericht zum Fall Kentler: Das Missbrauchs-Netzwerk
> Dass sich das Land Berlin sieben Jahre nach den ersten Medienberichten
> über misshandelte Pflegekinder seiner Verantwortung stellt, ist
> überfällig.
Bild: Bedrohlicher Zugriff
Nicht nur von den Medien wurde die [1][sogenannte Kentler-Studie] mit
Spannung erwartet: Als das ForscherInnenteam der Uni Hildesheim am Montag
seine Erkenntnisse über den krassen Fall von Behördenversagen präsentierte,
der dazu führte, dass Kinder und Jugendliche jahrzehntelang bei
vorbestraften pädosexuellen Pflegevätern untergebracht wurden, war auch
einer der Betroffenen anwesend. Für ihn kamen die Worte der Entschuldigung
von Bildungssenatorin Scheeres reichlich spät. Scheeres bat die ehemaligen
Pflegekinder um Verzeihung für das Versagen der staatlichen Jugendhilfe und
versprach ihnen finanzielle Entschädigung – trotz der strafrechtlichen
Verjährung der Taten.
Dass sich das Land Berlin sieben Jahre nach den ersten Medienberichten über
misshandelte und missbrauchte Pflegekinder endlich seiner Verantwortung
stellt, ist überfällig.
Doch es steht weiterhin der Verdacht im Raum, dass der Senat hier ein
doppeltes Spiel spielt: Schließlich hat der Finanzsenat erst Ende März in
einer Klageerwiderung „jegliches Verschulden einer angeblichen
Amtspflichtverletzung“ bestritten.
Dabei betonten die AutorInnen der von Scheeres beauftragten Studie, dass es
sich hier um Kindeswohlgefährdung in staatlicher Verantwortung handelte.
Die ForscherInnen deckten durch akribische Aktenarbeit und
Zeitzeugenbefragung ein Netzwerk auf, das offenbar bundesweit agierte.
Nicht nur der einflussreiche Pädagoge Helmut Kentler richtete dubiose
„Pflegestellen“ ein, in denen er Kinder Pädosexuellen zuführte.
Gesinnungsgenossen im Westberliner Jugendamt vermittelten auch Kinder an
die hessische Odenwaldschule, wo der pädosexuelle Gerold Becker wirkte. Und
es meldete sich ein dritter Betroffener, der angab, als Jugendlicher Anfang
der 1980er Jahre in einer Pflegestelle in Westdeutschland untergebracht
worden zu sein, die von einem Berliner Bezirksamt geführt wurde.
Der Pflegevater, ein Professor der Sozialpädagogik, war ebenfalls
übergriffig – und das verantwortiche Bezirksamt taub für alle Beschwerden.
Auch zum Max-Planck-Institut für Bildungsforschung gab es wohl einschlägige
Querverbindungen.
Die Senatsverwaltung für Jugend war also, so drastisch muss man es sagen,
das Zentrum eines bundesweit agierenden Missbrauchs-Netzwerks. Und zwar
mindestens bis 2003. Wenn Scheeres es ernst meint mit der Aufarbeitung,
dann muss sie jetzt erst richtig loslegen. Und zwar im Keller ihres Hauses.
Dort lagern Tausende noch unerschlossene Pflegekinderakten. Vielleicht auch
die Beiakte des in Obhut des „Pflegevaters“ Fritz H. verstorbenen
mehrfachbehinderten Jungen, dessen Tod bis heute ungeklärt ist.
20 Jun 2020
## LINKS
[1] /Pflegekinder-an-Paedophile-vermittelt/!5692887
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
Helmut Kentler
Jugendhilfe
Pädophilie
sexueller Missbrauch
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Kinderschutz
Pädosexualität
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