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# taz.de -- Skandal um pädophilen Sozialpädagogen: Der Mann des Schattenwisse…
> Der Sozialpädagoge Helmut Kentler brachte jahrelang Kinder bei Pädophilen
> unter. Jetzt beleuchtet ein Gutachten die Verantwortung der Uni Hannover.
Bild: Helmut Kentler lehrte an der Leibniz Universität Hannover
Hannover taz | Als der Spiegel im Dezember 2016 über „Mutter Winter“
berichtete, war die Aufregung groß. „Mutter Winter“ war ein vorbestrafter
pädophiler Mann, der bis in die 1990er Jahre hinein Pflegevater war. Ihm
wurden Jungen und junge Männer anvertraut, die in Berlin häufig auf der
Straße lebten, drogenabhängig waren und sich als Strichjungen verkauften.
„Mutter Winter“ war nicht der einzige Pädosexuelle, dem seit Ende der
1960er Jahre Kinder und Jugendliche anvertraut wurden. Das unter dem
„Berliner Experiment“ bekannt gewordene Verbrechen hat vor allem mit einem
Mann zu tun: Helmut Kentler.
Der Sozialpädagoge, der von 1976 bis 1996 an der Leibniz-Universität
Hannover (LUH) als Sozialpädagoge lehrte, hat die Kinder und Jugendlichen,
die er als „sekundärschwachsinnig“ einstufte, den Männern zugeführt. Er
betrachtete Sex zwischen Kindern und Erwachsenen als legitim und positiv
für die Entwicklung der Heranwachsenden. Jetzt legt die [1][LUH ein
Gutachten vor], das Kentlers Wirken an der Bildungseinrichtung beleuchtet
und hinterfragt.
Autorin der Untersuchung ist die Politikwissenschaftlerin Teresa Nentwig
vom Göttinger Institut für Demokratieforschung, die schon für den Berliner
Senat ein Gutachten über Kentlers Treiben erstellt hat. Nentwig stellte
Teile ihres Gutachtens am Dienstagabend in der LUH vor. Sie kommt darin zu
dem Schluss, dass Kentler seine Stellung als Professor, seine Medienpräsenz
und seine persönliche Hybris ausgenutzt hat, um seine fragwürdigen Theorien
zu veröffentlichen und zu untermauern. Unter wissenschaftlichem Aspekt galt
vieles, was Kentler vertrat, schon damals als „Schattenwissen“. Oder anders
formuliert: Viele ahnten, dass mit Kentler und seiner „Lehre“ etwas nicht
stimmte, aber niemand hat das ernsthaft hinterfragt oder einen Faktencheck
veranlasst.
Kentler hat zudem seine Stellung an der Uni ausgenutzt, um sich über
Regularien hinwegzusetzen. So habe sich Kentler zu einem der „illiberalsten
Menschen entwickelt, die ich mir vorstellen konnte“, zitiert Nentwig einen
früheren Kollegen Kentlers. Der Kollege hatte Kentler auf verschiedene
Dinge angesprochen, der habe geantwortet: „Was geht mich mein Geschwätz von
damals an?“
## „Flasche oder Brust“
Als Helmut Kentler sich im November 1974 für den Lehrstuhl für
Sozialpädagogik bewarb, war er der einzige Bewerber ohne Promotion.
Genommen wurde er trotzdem, was Nentwig in ihrem Gutachten zu dem Schluss
kommen lässt, dass er Befürworter gehabt haben muss.
Seine rasch eingereichte Dissertation trug den Titel „Eltern lernen
Sexualerziehung“ und entsprach Nentwig zufolge nur bedingt den
Anforderungen einer wissenschaftlichen Arbeit. Kapitel darin sind
überschrieben mit „Flasche oder Brust“ und „Ja zum Schnuller“, Kentler
selbst bezeichnete seine Dissertation als „Elternbuch“. Teile der Arbeit
hatte Kentler eindeutig abgeschrieben, sagt Nentwig. Die Wissenschaftlerin
hat für ihre Erkenntnisse nicht nur Kentlers Schriften gelesen, sondern vor
allem Akten und Unterlagen der LUH und aus anderen Archiven ausgewertet und
mit früheren Kollegen Kentlers gesprochen.
Zwei damalige Gutachter bewerteten die vorgelegte Dissertation mit der Note
„sehr gut“. Klaus Mollenhauer, einer der beiden Prüfer, erkannte zwar auch
die Schwächen der Arbeit, begründete seine positive Bewertung aber damit,
dass die Schrift „eher wie ein Buch“ sei. „Die Transformation vermeintlich
wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Öffentlichkeit rechtfertigte das
damals für Mollenhauer“, erklärt Nentwig.
Ohnehin war Kentler so etwas wie ein Medienstar. In Zeitschriften wie der
Neuen Revue, die allgemein hin als „Schmuddelblatt“ galt, äußerte sich
Kentler viel über Sex. Einmal schrieb er über die „sexuellen Phantasien von
Männern“, davon, „von Frauen vergewaltigt zu werden“. Kentler wurde in
Medien schon mal als „Sexualwissenschaftler“ bezeichnet, der er aber gar
nicht war.
## Bei einer Veranstaltung wurde er „Kinderficker“ genannt
Mit Forschungsarbeiten trat Kentler nie in Erscheinung. Das habe ihn auch
gar nicht interessiert, hat Nentwig herausgefunden. Stattdessen soll
Kentler, der 2008 in Hannover starb, gesagt haben: „Hauptsache, der Laden
läuft.“ Ebenso habe er aus „Leidenschaft einen Beruf gemacht“. Heute wü…
man das als Wissenschaftsbetrug geißeln.
Kentler selbst war schwul und hatte Pflegekinder. Auf einer Veranstaltung
1993 in Hannover wurde er als „Kinderficker“ beschimpft, Feministinnen und
die Zeitschrift Emma hatten Kentler längst als „Pädo-Freund“ und „Initi…
des Pädo-Projekts“ enttarnt. Damals stellte die Uni sich noch hinter ihn.
[2][2018 hat sie sich von Kentler distanziert.]
15 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/online-aktuell/detail…
[2] /Uni-Hannover-Interne-Untersuchungen/!5478353/
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
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Sexualerziehung gelehrt.
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