Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ermittlungen im Kentler-Fall: Senat muss Licht ins Dunkel bringen
> Die Ermittlungen rund um das „Kentler-Experiment“ werden eingestellt –
> doch das darf kein Abschluss des Falls sein. Ein Wochenkommentar.
Bild: Berliner Jugendämter vermittelten jahrzehntelang Kinder und Jugendliche …
Leben wurden zerstört – und hinterher will es keiner gewesen sein. Dieser
Gedanke drängt sich auf, wenn man hört, dass die Staatsanwaltschaft, wie am
Donnerstag bekannt wurde, die [1][Ermittlungen im Fall Kentler] eingestellt
hat.
Was unter dem Namen „Kentler-Experiment“ bekannt geworden ist, zählt zu den
größten pädagogischen Skandalen der Nachkriegszeit: Das Jugendamt Kreuzberg
und das Jugendamt Tempelhof-Schöneberg vermittelten rund 30 Jahre lang
Jungen an vorbestrafte Pädosexuelle. Diese galten, laut eines Gutachtens
des umstrittenen Sexualpädagogen Helmut Kentler, als besonders geeignet für
„schwierige“ Kinder.
Noch bis ins Jahr 2001 bestanden solche Pflegestellen, eine Lizenz zum
Kindesmissbrauch. Lange nahm niemand Notiz davon – erst 2015, nachdem
Medienberichte die Vorgänge offenlegten, ließ der Senat die Vorfälle
untersuchen. Ein erstes Gutachten konnte nicht klären, wer für das
ungeheuerliche Experiment verantwortlich war. Dafür meldeten sich drei
Betroffene – und berichteten von jahrelanger systematischer sexueller und
psychischer Gewalt.
Zwei der Männer, die bei dem Pflegevater Fritz H. untergebracht wurden,
erstatteten Anzeige gegen einen Jugendamtsmitarbeiter. Er soll von der
Neigung des Pflegevaters gewusst und jahrelang konkrete Hinweise auf
körperliche und sexuelle Gewalt ignoriert haben.
## Chaos bei der Berliner Verwaltung
Doch all das ist lange her. Und die chaotische Aktenlage, durch die sich
die Ermittler zwei Jahre lang gewühlt haben, wirft ein Licht auf die
Zustände in der Berliner Verwaltung: Noch nicht einmal ein Organigramm des
damaligen Jugendsenats konnte aufgetrieben werden.
Die Ermittlungen liefen ins Leere. Für eine Mittäterschaft des
Jugendamtsmitarbeiters, der später ein Bezirksamt leitete, gebe es keine
Anhaltspunkte, so die Staatsanwaltschaft. Der beschuldigte Pflegevater ist
verstorben, den Betroffenen bleibt nur noch die Zivilklage.
Akte zu, Ende? Das wäre schlimm. Jemand muss Verantwortung übernehmen für
das Unrecht, das den Pflegekindern angetan wurde. Ein zweites Gutachten der
Uni Hildesheim steht noch aus. Der Berliner Senat muss die ForscherInnen
ohne Wenn und Aber dabei unterstützen, Licht in die politischen Strukturen
zu bringen, die dieses „Experiment“ ermöglichten. An einem Organigramm
sollte es nicht scheitern.
7 Sep 2019
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5615528&s=kentler/
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
Helmut Kentler
Ermittlungen
Kindesmissbrauch
Pädophilie
Pädosexualität
sexueller Missbrauch
Pädosexualität
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neues im Fall Kentler: Aufklärung bleibt schwierig
Forscher stellen einen Zwischenbericht zum Kentler-Experiment vor, bei dem
Berliner Bezirke Pflegekinder an Pädophile vermittelten.
Skandal um pädophilen Sozialpädagogen: Der Mann des Schattenwissens
Der Sozialpädagoge Helmut Kentler brachte jahrelang Kinder bei Pädophilen
unter. Jetzt beleuchtet ein Gutachten die Verantwortung der Uni Hannover.
Aufarbeitung „Kentler-Experiment“: Lehren aus dem Gestern für das Heute
Senatorin Scheeres (SPD) verspricht weitere Aufarbeitung des „Experiments“,
bei dem Ende der 60er Straßenkinder an Pädophile vermittelt wurden.
Uni Hannover: Interne Untersuchungen: Der Pädo-Prof
Die Uni Hannover will endlich den Fall Helmut Kentler aufarbeiten: Der
Pädophilie-Befürworter war dort 20 Jahre Professor – und hat auch über
Sexualerziehung gelehrt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.