# taz.de -- Polizeiopfer in Hannover: Kein Gedenkort für Halim Dener | |
> Vor fast 26 Jahren wurde der 16-Jährige Halim Dener von der Polizei | |
> erschossen. Mit der Erinnerung daran tut sich Hannover immer noch schwer. | |
Bild: Der Platz am Steintor in Hannover: Hier starb Halim Dener 1994 durch eine… | |
HANNOVER taz | Sein Gesicht ist zum Symbol geworden: Halim Dener, damals 16 | |
Jahre alt, verblutete 1994 am Steintor, nachdem ihn eine Polizeikugel in | |
den Rücken getroffen hatte. Er war erwischt worden, wie er nachts Plakate | |
für eine Unterorganisation der PKK klebte. Erst wenige Wochen zuvor war er | |
als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Deutschland angekommen. | |
Jahrzehntelang stritt ein breites Bündnis aus Linken und kurdischen | |
Aktivisten [1][für ein würdiges Gedenken an Halim] Dener. Darunter auch | |
viele Grünen-Politiker. Nun sitzt mit Belit Onay ein grüner | |
Oberbürgermeister im Rathaus – doch auch der will von einem | |
Halim-Dener-Platz erst einmal nichts wissen. | |
Die Stadtverwaltung sei „im Konflikt zwischen den verschiedenen | |
Bevölkerungsgruppen den Belangen der ganzen Stadt verpflichtet“, heißt es | |
aus Onays Büro. „Die Auffassung wurde von der Kommunalaufsicht und | |
gerichtlich bestätigt.“ Damit bleibt er auf der Linie seines Vorgängers | |
Stefan Schostock (SPD), der sich insbesondere mit dem Bezirksrat | |
Linden-Limmer eine zähe Auseinandersetzung um die Gedenkfrage geliefert | |
hatte. Der Bezirksrat hatte sich das Thema zu eigen gemacht, nachdem | |
jahrelang nichts passierte. Eine Allianz aus Piraten, Linken und Grünen | |
versuchte daraufhin demonstrativ, eine kleine Grünfläche im Stadtteil in | |
Halim-Dener-Platz umzubenennen. | |
[2][Der damalige OB Schostock intervenierte] und schaltete die | |
Kommunalaufsicht ein, dagegen zog der Bezirksrat vor Gericht und unterlag. | |
Eine Entscheidung von so stadtweiter Tragweite könne nicht allein ein | |
Bezirksrat treffen, hieß es damals. | |
Wobei diese Tragweite eben auch umstritten ist: „Es wird ja immer gern | |
versucht, dass Ganze auf einen türkisch-kurdischen Konflikt zu reduzieren“, | |
sagt [3][Dirk Wittenberg von der „Kampagne Halim Dener“.] Natürlich werde | |
es aus konservativen bis rechten türkischen Kreisen immer den Versuch | |
geben, den Jungen als PKK-Sympathisanten und damit quasi Terroristen | |
abzustempeln. „Aber natürlich hat Halim Deners Tod noch viel mehr mit | |
deutscher Politik und den Feindbildern innerhalb der deutschen Polizei in | |
dieser Zeit zu tun.“ | |
Die Grünfläche in Linden in Halim-Dener-Platz umzubenennen, war nicht das | |
ursprüngliche Ziel der Kampagne. Eigentlich sollte es eine Gedenktafel am | |
Tatort geben. Dort gedenken jedes Jahr am Todestag Deners Menschen des | |
getöteten Jugendlichen. Dort haben sie auch schon mehrfach versucht, | |
eigenmächtig eine Gedenktafel anzubringen. Zuletzt im vergangenen Jahr, als | |
zur Demonstration kurz nach dem 25. Todestag fast tausend Menschen kamen. | |
Die Stadt hat die Tafeln bisher jedes Mal entfernt. | |
Auf taz-Anfrage bekräftigte Onay, an einem Kompromissangebot weiterarbeiten | |
zu wollen, das ebenfalls schon unter Schostock auf dem Tisch lag: eine | |
Dokumentation des Falles, mehrsprachig und multiperspektivisch, mit dem | |
Ziel, irgendwie „eine Aussöhnung der unterschiedlichen Betrachtungsweisen“ | |
zu erreichen und die unterschiedlichen Akteure einzubeziehen – auch die | |
Polizei. | |
Es war wiederum der Bezirksrat Linden-Limmer, der schon vor der | |
Bürgermeisterwahl auf dieses Versprechen pochte und das Projekt noch einmal | |
auf die Tagesordnung hievte. Man könnte sich zum Beispiel auch eine | |
Ausstellung vorstellen, sagt Steffen Mallast von den Grünen. Dazu müssten | |
dann allerdings auch die entsprechenden Mittel in den Haushalt eingestellt | |
werden – und ob dies unter den Bedingungen der Coronakrise noch passieren | |
wird, darf bezweifelt werden. | |
3 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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