# taz.de -- Berliner Stimmen aus der Quarantäne (4): DJs im leeren Raum | |
> Tobi Kirsch, DJ und Promoter, berichtet über musikalische | |
> Neuentdeckungen, seine neue Web-Radioshow und Auflegen in Zeiten von | |
> COVID-19. | |
Bild: Den Klunkerkranich in Neukölln vermisst Tobi Kirsch nicht nur als DJ, so… | |
taz: Herr Kirsch, was würden Sie in einer Welt ohne Covid 19 gerade machen? | |
Tobi Kirsch: Unter anderem hätte ich auf dem [1][Klunkerkranich] aufgelegt, | |
ich würde tolle Konzerte wie das von der Jazzsängerin (und mosambikanischen | |
Wahlberlinerin) [2][Natalie Greffel] dort besuchen, meine Freunde endlich | |
mal wieder persönlich sehen und Geburtstage in Gruppen feiern. | |
Was haben Sie zuletzt gestreamt, das Sie besonders gut oder schlecht | |
fanden? Und warum? | |
Ich hab´ mir die [3][Tropical Timewarp] DJ Crew beim Auflegen angeschaut, | |
die Musik war wie immer toll, aber das Bild, wie DJs in einem leeren Raum | |
auflegen, ist eher nicht so schön. | |
Was halten Sie vom (oft kostenlosen) Streaming von Theateraufführungen, | |
Konzerten, DJ-Sets oder Lesungen? | |
Ich bin da ambivalent. Zum einen ist es wichtig, das Kultur präsent bleibt, | |
andererseits ist da mitunter auch der Effekt, dass Menschen durch die | |
Streams eventuell nicht mehr so viel Wertschätzung für Kultur aufbringen, | |
weil sie ja alles bequem und oft für umsonst von ihrem Rechner aus | |
konsumieren können. Das Liveerlebnis werden Streams nie ersetzen können. | |
Welchen Ort in Berlin vermissen Sie gerade am meisten? | |
Unabhängige Clubs mit guter Livemusik aus aller Weltwie das [4][Gretchen], | |
den Klunkerkranich oder das [5][Yaam]. | |
Womit vertreiben Sie sich aktuell am liebsten die Zeit? Welche Routinen | |
haben Sie seit dem Lockdown entwickelt? | |
Bücher lesen, Filme schauen und Backen. Ich habe für unsere neue | |
Web-Radioshow [6][„Different Drum Berlin“] regelmäßig nach neuer Musik | |
gesucht und sie an Freunde und Bekannte weiter verbreitet. Da habe ich | |
aktuell das Album „Electric Gnawa Laune“ von [7][Rabii Harnoune & V.B.Kühl] | |
auf dem Label Tru Thoughts entdeckt. | |
Ist die Pandemie nur Krise oder auch Chance? | |
Beides. Für viele Kreative ist es eine harte Zeit ohne Performances und | |
Einkommen. Meine Arbeit ging, mit Ausnahme der Arbeit fürs Xjazz Festival | |
weiter. Für mich persönlich hab ich die Chance genutzt, mehr Privatleben zu | |
haben und viel zu telefonieren. Es ist schon gut, dass man zwischendurch | |
Zeit hatte, über die Prioritäten des eigenen Lebens nachzudenken, das | |
empfinde ich als Privileg. Zusätzlich konnte ich die gewonnene Freizeit | |
nutzen, Musik für die zweite Ausgabe der Compilation [8][„Two Tribes – an | |
intercontinental journey in rhythm“] zusammen zu stellen. Dort haben Ubbo | |
Gronewold und ich das Spektrum erweitert, um europäische Künstler wie das | |
griechische Afrodyssey Orchestra, die Jazz mit diversen Musikstilen vom | |
afrikanischen Kontinent kombinieren. | |
2 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://klunkerkranich.org/ | |
[2] https://www.nataliegreffel.com/ | |
[3] https://tropicaltimewarp.org/ | |
[4] https://www.gretchen-club.de/ | |
[5] https://www.yaam.de/ | |
[6] https://www.mixcloud.com/thegoodneighbor/different-drum-berlin-02-w-tobi-ki… | |
[7] https://tru-thoughts.co.uk/artists/rabii-harnoune-v-b-kuhl/ | |
[8] https://hiddenjazzquartett.bandcamp.com/album/two-tribes | |
## AUTOREN | |
Ole Schulz | |
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