# taz.de -- Berliner Stimmen aus der Quarantäne (3): Begegnungen sind unersetz… | |
> Wagner Carvalho, künstlerischer Leiter des Ballhaus Naunynstraße, | |
> vermisst das geschlossene Thetaer und hofft auf neue Werte durch die | |
> Krise. | |
Bild: Unerwartete Spielzeitpause bis zum Sommer: das Ballhaus Naunynstraße | |
taz: Herr Carvalho, was würden Sie in einer Welt ohne Covid 19 gerade | |
machen? | |
Wagner Carvalho: Ich würde mich mit Freund*innen und Kolleg*innen zu einer | |
emphatisch-solidarischen „Vergeschwisterung“ treffen, um das Leben zu | |
feiern. Gleichzeitig würde ich weiterhin nach dem Grundsatz handeln, dass | |
Kultur und Kunst als wesentlich für unsere Existenz angesehen wird; und | |
nicht nach wirtschaftlichen und statistischen Indizes der Arbeitslosigkeit | |
definiert und bewertet werden sollte. | |
Was haben Sie zuletzt gestreamt, das Sie besonders gut oder schlecht | |
fanden? Und warum? | |
Ich habe in letzter Zeit keine Streamings verfolgt. Ich selbst habe an | |
virtuellen Treffen, unter anderem vom Rat für die Künste teilgenommen, die | |
wichtig waren, um auf die Mängel und fehlende Effizienz der auf die Kultur | |
ausgerichteten öffentlichen Politik in Berlin und Deutschland aufmerksam zu | |
machen. | |
Was halten Sie vom (oft kostenlosen) Streaming von Theateraufführungen, | |
Konzerten, DJ-Sets oder Lesungen? | |
Ich glaube, es ist eine Möglichkeit, die Kommunikation mit der | |
Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten und Künstler*innen können mit ihrer | |
Arbeit sichtbar bleiben. Andererseits bin ich überzeugt, dass die | |
Atmosphäre, die Begegnung und das gemeinschaftliche Live-Erlebnis, das | |
durch die Anwesenheit von Künstler*innen und Publikum im selben Raum | |
erzeugt wird, unersetzlich ist. | |
Welchen Ort in Berlin vermissen Sie gerade am meisten? | |
Das Theater Ballhaus Naunynstraße mit Mitarbeiter*innen, Künstler*innen und | |
Publikum. | |
Womit vertreiben Sie sich aktuell am liebsten die Zeit? Welche Routinen | |
haben Sie seit dem Lockdown entwickelt? | |
Mundschutz für Freund*innen und Kolleg*innen nähen, lesen, Musik hören, das | |
Haus putzen. Die Routinen haben sich verschoben, aber ich fahre noch immer | |
täglich ins Büro, weil ein Teil meiner Aufgaben nicht zu Hause erledigt | |
werden kann. | |
Ist die Pandemie nur Krise oder auch Chance? | |
Beides gleichzeitig. Während der Pandemie wurde mir klar, dass die Krise | |
die gesellschaftlichen Ungleichheiten nicht nur zu Tage fördert und | |
verschärft, sie sollten auch nicht als „Perspektiven für die Zukunft“ | |
zurückkehren. Daher haben wir die Chance, neue Werte zu schaffen, die für | |
eine Zeit nach Covid-19 gelten können und wir haben die Chance noch | |
verstärkter dafür einzustehen. | |
25 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Philipp Rhensius | |
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