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# taz.de -- Kampf gegen Doping: Whistleblower immer wichtiger
> 2019 wurden viele Dopingtests durchgeführt und wenig gefunden. Für mehr
> Aufklärung sorgten Whistleblower. Sie sollen besser geschützt werden.
Bild: Geständiger Skilangläufer: Johannes Dürr gibt vor Gericht zu, gedopt z…
Was bringt der ganze Testzirkus eigentlich? Jedes Jahr, wenn die Nationale
Antidopingagentur (Nada) ihren Jahresbericht vorstellt, drängt sich beim
Blick auf die präsentierten Zahlen diese Frage auf. Es ist die „jährlich
wiederkehrende Frage nach der Effizienz“ des Dopingkontrollsystems in
Deutschland, wie Nada-Vorstand Lars Mortsiefer [1][bei der
Jahrespressekonferenz der Stiftung selbst feststellte.] 7.182
Trainingskontrollen sind 2019 im Auftrag der Nada durchgeführt worden, drei
davon haben zu Sanktionen positiv getesteter Athleten geführt.
Es wird nicht gedopt in Deutschland, wäre eine mögliche Schlussfolgerung
aus den Zahlen. Die Dopingjäger kommen den pharmazeutischen Sportbetrügern
nicht auf die Schliche, wäre eine andere. Auch das ist nicht neu: Wer
wissen möchte, in welchem Maß in Deutschland gedopt wird, wird die Antwort
nicht aus der Testbilanz der Nada erfahren.
Welcher Aufwand betrieben wird, um als Doper nicht aufzufliegen, auch das
zeigt ein Rückblick auf das Sportbetrugsjahr 2019. Das begann spektakulär
mit dem Dopinggeständnis des österreichischen Skilangläufers Johannes Dürr
in einer ARD-Dokumentation. Nachdem der Wintersportler ausführlich
geschildert hatte, dass er auch in Deutschland sein Blut hat auffrischen
lassen, hat die Nada Anzeige erstattet. Weil diese ausgelöst hat, was als
„Operation Aderlass“ in die Geschichte des Dopings eingegangen ist, darf
man die Anzeige wohl als größten Erfolg der Nada im Jahr 2019 bezeichnen.
## Folgen einer Anzeige
Bei der nordischen Ski-WM in Seefeld wurden daraufhin Athleten beim
Infundieren von Blut auf frischer Tat ertappt, der deutsche Sportmediziner
Mark Schmidt wurde als Betreiber eines Dopingrings mit
Blutaufbereitungsanlage in Erfurt überführt. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Darüber hätte man gern mehr erfahren, doch die Ermittlungen der Münchner
Schwerpunktstaatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen, ein
Strafverfahren ist noch nicht eröffnet. Und so bleibt es dabei, dass zwar
die Namen etlicher in dem Dopingnetzwerk organisierter Sportler aus dem
Ausland, aus Österreich, Estland, Kasachstan oder Slowenien bekannt sind,
Namen deutscher Athleten aber nicht.
Es sind Aussagen von Kronzeugen, Einlassungen von Whistleblowern [2][und
die daraus folgenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaften, die die größten
Erfolge im Kampf gegen Doping hervorbringen.] Als bemerkenswert bezeichnete
Nada-Chef Mortsiefer dementsprechend die Zahlen aus dem
Whistleblower-Programm der Nada, über das Athleten anonym Beobachtungen
teilen können. Fast 1.800-mal ist das Programm aufgerufen worden. Die Nada
ist 44 substanziellen Hinweisen nachgegangen, 10 Prozent davon hätten zu
Ermittlungen geführt, wie Mortsiefer referierte. „Intelligence and
Information“ nennt die Nada den Arbeitsbereich, der die größten Erfolge im
Anti-Doping-Kampf verspricht. Den Schutz von Whistleblowern stellt die Nada
deshalb in den Mittelpunkt ihrer Lobbyarbeit bei der Politik und der
Welt-Antidopingagentur (Wada).
Dass sich der Antidopingkampf in diesen Tagen in einer Ausnahmesituation
befindet, verdeutlicht schon allein die Tatsache, dass die Nada-PK als
Webinar stattgefunden hat. Die Wettkämpfe ruhen zum Großteil noch, und die
Mitte März eingestellten Dopingkontrollen werden erst nach und nach wieder
„hochgefahren“, wie Mortsiefers Vorstandkollegin Andrea Gotzmann
berichtete. Einen „Freifahrtschein für Doper“ will sie dennoch nicht
erkennen in dem Jahr, das durch die Coronapandemie vom Olympiajahr zur
vorolympischen Saison geworden ist. Sie glaubt an die Aussagekraft
biologischer Athletenpässe, die gravierende Veränderungen im Blutprofil von
Athleten sichtbar machen würden. Doch sicher kann man sich nicht sein, dass
nicht betrogen wird derzeit. „Damit müssen wir leben“, so Gotzmann.
27 May 2020
## LINKS
[1] https://www.nada.de/nada/aktuelles/news/newsdetail/news/detail/News/jahres-…
[2] /Doping-im-Radsport/!5591522
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Doping
Nada
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Anti-Doping-Agentur
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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