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# taz.de -- Neues Tool im Anti-Doping-Kampf: Beliebt wie eine Zecke
> In der Dopinganalyse steht eine neue Methode vor der Praxisreife. Das
> Dried-Blood-Spot-Verfahren kann viel, aber es kommt recht spät.
Bild: Leichter Transport, breite Nachweismöglichkeiten: Mit getrocknetem Blut …
In Deutschland gibt es den Gemeinen Holzbock, die Auwaldzecke oder die
Braune Hundezecke. Seit Kurzem ist nun in Sportlerkreisen auch die
„Nada-Zecke“ verbreitet. Sie besteht im Unterschied zu den kleinen
Blutsaugern aus Plastik und ist um ein Vielfaches größer. Die Nada-Zecke
ist benannt nach der Nationalen Antidoping-Agentur und heißt im Fachjargon
[1][„Tasso Device“], aber weil es wie die lästigen Parasiten ein paar
Tropfen Blut vom Wirt abzapft, haben die Athleten schnell eine eingängige
Bezeichnung für das Teil gefunden, dessen Benutzung noch freiwillig ist.
Sie können das Instrument an ihrem Oberarm anbringen, wo „das Gewebe kurz
angeritzt“ wird, wie Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Nada,
schildert, und dann läuft etwas Blut auf vier sogenannte Spots, kleine
Papierflächen. Das Blut trocknet und kann später in Laboren analysiert
werden. Das Verfahren nennt sich [2][Dried Blood Spot] (DBS) und kommt
schon länger zur Diagnostik von Anomalien, etwa in der pränatalen Medizin,
zur Anwendung. Nun soll die DBS-Methode auch endlich in der Dopinganalytik
genutzt werden.
## „Wir bleiben dran“
„Das ist eine vielversprechende Methode“, sagt Gotzmann, „und ein sehr
zielführendes Projekt.“ Die Nada hat zuletzt 30 Sportler angeschrieben, ob
sie sich nicht so eine neumodische Zecke an den Arm setzen wollen. Die
Hälfte war einverstanden, testete und verbreitete die Bilder mitunter sogar
im Netz. Jetzt geht der Testlauf mit weiteren 100 Sportlerinnen und
Sportlern weiter. „Wir bleiben dran“, verspricht Gotzmann. Es wird auch
langsam Zeit, dass die Dopingkontrolleure diese Trockenblutkontrolle
durchführen können – neben der [3][herkömmlichen Abnahme] von Urin und
(flüssigem) Blut.
Schon seit 2015 hätte DBS in den Kanon der Kontrollmöglichkeiten
aufgenommen werden können, wenn der Wille dagewesen wäre. Aber die
Praxisreife verzögert sich bis heute. „Warum es so lange dauert, weiß ich
auch nicht“, sagt die Nada-Chefin und verweist auf die schwierige und
langwierige Arbeit in den Gremien. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) will
das Zecken-Teil erst bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking
nutzen, aber wer weiß, vielleicht setzt sich die Methode durch die
Verkomplizierung der Kontrollen in Zeiten von Corona schon früher durch.
Leistungsstark ist DBS auf jeden Fall.
## Nachweis von Epo und Anabolika
Mit der Trockenblut-Methode kann der Missbrauch von Anabolika,
Peptidhormonen, Stimulanzien oder Narkotika nachgewiesen werden, ja, selbst
der Nachweis von Epo und Wachstumshormonen ist möglich. DBS stellt eine
Ergänzung zu den bisher üblichen Verfahren dar, „es ist nicht eins zu eins
mit den bisherigen vergleichbar, aber die Kombination aller Systeme wird
die Abschreckung erhöhen“, hofft Gotzmann. „Es ist ein weiteres Tool“,
eines, das gewisse Vorteile hat.
Es ermöglicht wie jetzt in Pandemiezeiten nicht nur den Nachweis von
Sars-CoV-2-Antikörpern, also der Immunreaktion auf das Virus, das in der
Apparatur getrocknete Blut kann auch leicht und bei normaler
Umgebungstemperatur transportiert werden. Aufwändige Kühlung entfällt, was
Dopingtests in bestimmten Klimazonen auf ein neues Niveau heben könnte.
Auch kurz vor einem Wettkampf könnte auf Blutparameter getestet werden,
wodurch die Manipulation mit Eigen- oder Fremdblut unmittelbar vor dem
Sportevent verhindert werden könnte.
Zu den Pionieren der Entwicklung gehört die Antidoping-Agentur der Schweiz,
die bereits 2011 die Einführung von DBS angeschoben hat, 2015 hat die
deutsche Nada die „Praxistauglichkeit überprüft“ und 52 Proben genommen.
Ein Jahr später wurden 51 Proben von Sportlern in elf Sportarten genommen.
Dann wurde es lange Zeit still. Erst in diesem Jahr scheint die DBS-Methode
erneut in den Fokus zu rücken, was verwundert, weil sie nicht nur den
Transport von Proben erleichtert, sondern auch eindeutige Vorteile hat:
etwa beim Nachweis von ACTH, eines Hormons, das im Gehirn gebildet wird; es
regt die Nebennierenrinde zur Synthese von Glukokortikoiden an und nimmt
indirekt Einfluss auf die Produktion von Insulin.
Wann DBS in Deutschland zur Anwendung kommt, kann Andrea Gotzmann nicht
sagen. Es müsse ein valides Verfahren gewährleistet werden, sagt sie. Soll
wohl heißen: Die Methode ist gut, aber die Welt noch nicht bereit.
17 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.tassoinc.com/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Dried_blood_spot
[3] https://www.nada.de/fileadmin/user_upload/nada/Downloads/Jahresberichte/201…
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Anti-Doping-Agentur
Dopingbekämpfung
Bluttest
Doping
Boxen
Doping im Spitzensport
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