# taz.de -- Google-Konzern Alphabet: Übermacht unter Druck | |
> Im Streit zwischen sozialen Medien und US-Präsident Donald Trump hält | |
> Google sich zurück. Der Mutterkonzern Alphabet hat andere juristische | |
> Sorgen. | |
Bild: Hat schon genug Probleme und muckt nicht noch auf: Google | |
Wegen eines privaten Surfmodus, der nicht wirklich privat ist, und der | |
unzulässigen Begünstigung eigener Geschäftszweige durch eine | |
marktbeherrschende Stellung droht noch in diesem Jahr [1][Alphabet, dem | |
Mutterunternehmen von Google], juristisches Ungemach. So ist in den USA | |
eine Klage eingereicht worden, die das Tracking des Verhaltens von | |
Nutzer*innen als Abhörvorgang und damit als illegal zu definieren sucht. | |
Die Kritik an der Datensammlung durch Internetplattformen ist dabei nicht | |
neu, der Versuch, die permanente Verletzung der Privatsphäre im | |
Wesentlichen als verbotene Spionage zu beschreiben, aber schon. | |
Anlass ist die Dokumentation der Speicherung der Onlineaktivitäten von | |
Nutzer*innen durch Google, auch wenn der „Inkognito-Modus“ beim Surfen | |
verwendet wird. Denn selbst wenn Nutzer*innen entscheiden, dass ihr Browser | |
seine Historie löscht und keine Informationen speichert, ob nun auf dem | |
verwendeten Gerät selber oder an zentraler Stelle, können sie weiterhin | |
getrackt werden. Das geschieht direkt auf den besuchten Webseiten. | |
Dort integrierte Tools, vor allem durch die überall präsente Werbung, | |
können Geräte und Nutzer*innen leicht identifizieren. Diese Wiedererkennung | |
funktioniert quer durchs Netz. Dominiert wird der Werbemarkt ausgerechnet | |
von Google. Genau diese Allgegenwart wird in der vorliegenden Klage gegen | |
das Unternehmen verwendet, wird durch sie nach Argumentation der | |
Kläger*innen das von Google gegebene Privatheitsversprechen im | |
Inkognito-Modus gebrochen. Die Nutzer*innen würden gegen ihren erklärten | |
Willen abgehört. | |
## Lieber kein Stress mit Trump | |
Als wäre diese neuerliche Klage gegen Alphabet noch nicht genug, gibt es | |
nach US-amerikanischen Medienberichten deutliche Anzeichen dafür, dass noch | |
in diesem Sommer ein Verfahren wegen Wettbewerbsverzerrung auf Google | |
zukommen könnte. Grund ist wiederum die Übermacht des Konzerns auf dem | |
Werbemarkt. Google kontrolliert einen großen Teil der verfügbaren | |
Werbeplätze im Netz und dominiert gleichzeitig die Versteigerungsbörsen für | |
diese Plätze. Damit hat Google gewissermaßen einen Verkaufsstand auf dem | |
eigenen Marktplatz. Der Vorwurf lautet nun auf unlautere Beeinflussung der | |
Preise auf diesem Markt zugunsten des eigenen Standes. | |
Unter dem Druck der drohenden Untersuchung durch US-amerikanische | |
Bundesbehörden, die sogar eine Zerschlagung des Unternehmens anstreben | |
könnten, und datenschutzrechtlicher Auseinandersetzungen nimmt es wohl | |
nicht wunder, dass Google eher zurückhaltend [2][im Streit zwischen | |
sozialen Medien und Donald Trump] agiert. Der hatte Ende Mai eine Verfügung | |
erlassen, nach der ein Haftungsausschluss für von Nutzer*innen generierte | |
Inhalte auf den Prüfstand soll. Der besondere Schutz vor Schadensersatz- | |
und Verleumdungsklagen war wesentliche Voraussetzung für den Aufstieg der | |
großen Plattform. Alphabet wäre als Mutterunternehmen von Youtube von einer | |
Beschränkung des Privilegs unmittelbar betroffen, mit schwer abzusehenden | |
Folgekosten. | |
In Europa sieht sich das Unternehmen derweil mit einer neuen Runde in | |
Sachen Leistungsschutzrecht konfrontiert. Nachdem deutsche Verleger ihren | |
aussichtslosen Rechtsstreit vor hiesigen Gerichten endlich zu den Akten | |
gelegt haben, bereiten sie nun eine Klage auf europäischer Ebene vor, die | |
Google zwingen soll, Verlage für das Anzeigen von Textauszügen in den | |
Suchergebnissen und bei Google News zu vergüten. Außerdem sind auch in der | |
EU noch Entscheidungen über milliardenschwere Strafen wegen | |
Wettbewerbsverzerrung anhängig. | |
Die globale Pandemie trifft die Wirtschaft hart: Gewinneinbrüche, | |
Produktionsausfälle und Planungsunsicherheit reduzieren Gewinne und | |
Investitionsspielräume. Die großen Internetplattformen, deren Gewinne | |
praktisch ausschließlich durch Werbeeinnahmen erzielt werden, bekamen die | |
Folgen bereits zum Ende des ersten Quartals zu spüren. Auch wenn die zum | |
Teil gewaltigen Wachstumsraten der Vormonate Alphabet noch ein ordentliches | |
Plus bescherten, räumte das Unternehmen in seinem letzten Geschäftsbericht | |
ein, dass mit erheblichen Rückgängen zu rechnen wäre. | |
Anwälte für die kommenden Auseinandersetzungen wird sich Alphabet trotzdem | |
leisten können. Allein das direkt verfügbare Barvermögen des Konzerns | |
beläuft sich derzeit auf deutlich mehr als 100 Milliarden Dollar. | |
9 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://In%20Ewigkeit,%20Amen | |
[2] /Donald-Trump-gegen-soziale-Netzwerke/!5689166 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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