| # taz.de -- Kita- und Schulöffnungen in Deutschland: Kids sind keine Superspre… | |
| > Die Gesundheitsministerien sind für die baldige Rückkehr von Kitas und | |
| > Schulen zum Normalbetrieb. Grund sind die niedrigen Ansteckungsraten. | |
| Bild: Endlich wieder Kita – und die Freude ist groß! | |
| Berlin taz | Bei der Übertragung des Coronavirus in Deutschland sind Kinder | |
| offenbar keine Superspreader. Seit der schrittweisen [1][Wiederöffnung von | |
| Kitas und Schulen] Ende April verzeichneten die zuständigen Behörden in den | |
| Ländern jedenfalls keine Ausbrüche, die auf ein vermehrtes | |
| Infektionsgeschehen in Kindergärten oder Schulen zurückzuführen gewesen | |
| wären. | |
| Tageweise Schließungen von Gemeinschaftseinrichtungen, einzelnen ihrer | |
| Gruppen oder Klassen aufgrund von Corona-Infektionen stellten eine Ausnahme | |
| dar. Das ist das Ergebnis einer schriftlichen Umfrage der taz bei allen 16 | |
| Landesgesundheitsministerien, an der sich bis Sonntag 12 der 16 | |
| Landesministerien beteiligt hatten, darunter die bevölkerungsreichen Länder | |
| Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen. | |
| Angesichts der niedrigen Ansteckungszahlen bei den Kindern und der – | |
| bezogen auf das Infektionsgeschehen – durchweg positiven Beobachtungen des | |
| neuen, allerdings sehr eingeschränkten Kita- und Schulalltags sprechen sich | |
| die elf Landesgesundheitsministerien von Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, | |
| Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, | |
| Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein | |
| dafür aus, dass Kindergärten allerspätestens nach den Sommerferien wieder | |
| in den gewohnten Regelbetrieb zurückkehren sollen. | |
| Einzig Sachsen möchte hierzu noch keine „konkrete Empfehlung“ abgeben. Die | |
| Ministerien von Brandenburg, Bremen, Thüringen und dem Saarland haben die | |
| Anfrage der taz bislang nicht beantwortet. | |
| Auch Schulkinder sollen laut der Hälfte der an der taz-Umfrage | |
| teilnehmenden Landesgesundheitsministerien noch kurz vor den Sommerferien | |
| (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) oder spätestens danach (Berlin, | |
| Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) im gewohnten | |
| Regelbetrieb Präsenzunterricht erhalten. Hamburg strebt dies zumindest für | |
| die Grundschüler des Stadtstaats an. | |
| Fünf Landesgesundheitsministerien (Bayern, Hessen, Niedersachsen, | |
| Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen) geben an, zunächst das Infektionsgeschehen | |
| weiter beobachten oder entsprechende Empfehlungen für den Schulbetrieb mit | |
| Rücksicht auf die Ressortzuständigkeit ihren jeweiligen Kultusministerien | |
| überlassen zu wollen. | |
| Insgesamt liegen die temporären Schließungen aufgrund einzelner | |
| Corona-Infektionen von Kindern oder Beschäftigten an Kitas und Schulen seit | |
| deren schrittweiser Wiederöffnung in den zwölf Bundesländern in einem | |
| äußerst niedrigen Bereich: Nach Angaben der befragten Ministerien mussten | |
| in den meisten Bundesländern seither weder Kitas noch Schulen vorübergehend | |
| geschlossen werden. | |
| Bayern vermeldet eine „einstellige Zahl“ an temporären Kitaschließungen | |
| sowie „einzelne Klassen“ an Schulen, die vorübergehend die Gebäude nicht | |
| betreten durften. Im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit knapp 18 | |
| Millionen Einwohnern, davon mehr als zwei Millionen Kindern und | |
| Jugendlichen, mussten seit Ende des Lockdowns insgesamt fünf Kitas sowie | |
| eine Kitagruppe vorübergehend geschlossen werden; bei den Schulen gab es | |
| vier Schließungen und zwei Teilschließungen. | |
| Gesundheitsministerien sehen Forschungsbedarf | |
| In Niedersachsen wurde nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums seit | |
| Wiederöffnung Ende April lediglich eine Schule an einem Tag geschlossen, | |
| eine weitere für drei Tage – bei landesweit rund 3.000 Schulen. „Aufgrund | |
| der Sonderlage in und um Göttingen“, schreibt das Ministerium mit Bezug auf | |
| den dortigen aktuellen Ausbruch, der möglicherweise auf große | |
| Familienfeiern zurückzuführen ist, seien derzeit elf weitere Schulen | |
| hinzugekommen, an denen zurzeit kein Präsenzunterricht stattfinden könne. | |
| Allerdings betont das niedersächsische Gesundheitsministerium: „Die | |
| Ausbruchsgeschehen stehen primär nicht im Zusammenhang mit Schulen oder | |
| Kindertagesstätten.“ Vielmehr seien sie in betrieblichen Kontexten, in | |
| einer Unterkunft für Geflüchtete oder bei Feiern aufgetreten. | |
| Intensiv beschäftigt die Landesgesundheitsministerien die Frage, ob das | |
| Virus, sofern es in Gemeinschaftseinrichtungen ausbricht, häufiger von | |
| Kindern auf Kinder, von Kindern auf Erwachsene, von Erwachsenen auf Kinder | |
| oder von Erwachsenen auf Erwachsene übertragen wird. Mit Verweis auf die | |
| international bisher nicht abschließend geklärte Forschungslage möchte sich | |
| das Gros der Landesgesundheitsministerien hierzu jedoch nicht äußern. | |
| Niedersachsen immerhin wagt eine vorsichtige Einschätzung aufgrund | |
| bisheriger empirischer Beobachtungen, die Kinder von dem Verdacht | |
| entlastet, Virusschleudern zu sein: „Das Umfeld der Ausbrüche in | |
| Niedersachsen deutet allerdings darauf hin, dass Kinder nicht primär | |
| betroffen sind.“ | |
| Viele Bundesländer sind sich einig | |
| Sachsens vorläufige Erkenntnisse lauten ähnlich: „Nach Rücksprache mit den | |
| Gesundheitsämtern ist eine ursächliche Weitergabe von Kindern auf andere | |
| Kinder nicht bekannt.“ Berlin teilt mit, dass es sich bei den | |
| Verdachtsfällen in den Kitas „bei dem überwiegenden Teil um Erwachsene“ u… | |
| nur einmal um ein Kind handelte. Auch in den Schulen der Hauptstadt seien | |
| „eher Lehrkräfte betroffen“. | |
| Bayern schreibt: „Nach den bisher erhobenen Daten scheinen Kinder etwas | |
| weniger empfänglich für eine SARS-CoV-2-Infektion zu sein und spielen im | |
| Übertragungsgeschehen möglicherweise eine geringere Rolle als Erwachsene, | |
| obgleich erste Studien zur Viruslast bei Kindern keinen wesentlichen | |
| Unterschied zu Erwachsenen erbracht haben.“ | |
| Und Baden-Württemberg, dessen Landesregierung im April eine eigene | |
| wissenschaftliche Untersuchung an vier Unikliniken zur Infektiosität von | |
| Kindern unter zehn Jahren beauftragt hatte, zieht mit Verweis auf erste | |
| Zwischenergebnisse der Studie den Schluss, es „könne ausgeschlossen werden, | |
| dass Kinder besondere Treiber des Infektionsgeschehens“ seien. Und: „Kinder | |
| bis zehn Jahre spielen damit bei Corona als Überträger eine untergeordnete | |
| Rolle.“ | |
| Nordrhein-Westfalen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die | |
| meisten bisherigen Studien zur Infektiosität von Kindern während des | |
| Lockdowns durchgeführt wurden. Damit seien sie allerdings nur bedingt | |
| aussagekräftig. Denn es werde, so das Ministerium, „nicht berücksichtigt, | |
| dass Kinder aufgrund dieser Situation weniger Expositionen außerhalb des | |
| Haushalts hatten als Erwachsene“. | |
| Unterstützung zusätzlicher Forschung geplant | |
| In Alltagssituationen bestünden aber in der Regel häufigere und engere | |
| körperliche Kontakte. Das Ministerium gibt zu bedenken: „Rückschlüsse auf | |
| die Normalsituation mit geöffneten Bildungseinrichtungen können daher | |
| bisher nicht gezogen werden. | |
| Unterdessen wollen sieben Bundesländer weitere Studien initiieren oder | |
| unterstützen, um mehr über die Infektiosität von Kindern zu erfahren. Das | |
| Forschungsinteresse ist enorm. Bayern etwa plant in Kooperation mit den | |
| bayerischen medizinischen Fakultäten eine so genannte | |
| „Sentinel-Überwachung“ von Kitas und Schulen, also stichprobenartige, | |
| anonyme Erhebungen zur Verbreitung des Virus in dortigen Gruppen. | |
| Sachsen hat in Kooperation mit der Universität Leipzig eine Studie bei | |
| Lehrkräften und Schülern in den Regionen Dresden, Zwickau und Leipzig | |
| angeschoben und eine weitere gemeinsam mit der Universität Dresden bei | |
| Schülern und Kita-Kindern und deren Sorgeberechtigten in den Regionen | |
| Dresden und Bautzen. Zudem plant das Land Studien zur Allgemeinbevölkerung | |
| und in Pflegeheimen. | |
| Mecklenburg-Vorpommern erwartet „in Kürze“ Ergebnisse einer Studie der | |
| Universitätsmedizin Rostock zur Antikörperentwicklung von Müttern. In | |
| Schleswig-Holstein soll der öffentliche Gesundheitsdienst demnächst | |
| wiederholte stichprobenartige Tests bei Kindern und [2][Personal in | |
| Bildungseinrichtungen] durchführen, um so Erkenntnisse für die | |
| Übertragungsweise zu gewinnen. | |
| Breit angelegte Screening-Studien startet | |
| Hamburg unterstützt mehrere bereits laufende Studien, darunter die City | |
| Health Study am Universitätsklinikum Eppendorf, die gezielt die Immunität | |
| der Hamburger Bevölkerung – unter anderem bei bis zu 1.000 Kindern und | |
| Jugendlichen – erforscht. | |
| Hessen will in Kooperation mit Virologen des Universitätsklinikums | |
| Frankfurt ab dieser Woche in 60 Kindergärten des Landes jeweils 25 Kinder | |
| und ihre Erzieherinnen über acht bis zwölf Wochen wöchentlich auf das Virus | |
| testen lassen, um mehr über die Rolle von Kindern bei der Übertragung des | |
| Virus und die Gefährdung von Kindern und Personal in den Kitas zu erfahren. | |
| Mit einer ähnlichen, sehr breit angelegten Screening-Studie an 24 Kitas und | |
| 24 Schulen hat der Berliner Senat vorige Woche Forscher der Charité | |
| beauftragt. Ausgewählte Beschäftigte sowie Kinder sollen dort über einen | |
| Zeitraum von zwölf Monaten regelmäßig auf das Virus untersucht werden, um | |
| die geplante Rückkehr zum Normalbetrieb wissenschaftlich zu begleiten. | |
| 7 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
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