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# taz.de -- Wirtschaftskrise in Türkei: Mit dem Rücken zur Wand
> Der Türkei droht der Staatsbankrott. Präsident Erdoğan steht unter Druck
> – und schaltet mal wieder auf Angriff.
Bild: Verhaftung einer Gewerkschafterin am 1. Mai in Istanbul
Wer meint, eine Krise wie die Corona-Epidemie müsste dazu führen, dass eine
Gesellschaft zusammenarbeitet und ihre Spaltung überwindet, sieht sich
derzeit [1][in der Türkei] mit dem kompletten Gegenteil konfrontiert. Nie
war der Ton schärfer, wurde der Hass auf die Opposition so explizit
formuliert wie derzeit. Präsident Erdoğan redet in einer Ansprache an die
Nation darüber, dass der Geist der Opposition jetzt endgültig ausgerottet
werden muss, und in einem kleinen TV-Sender eines regierungsnahen
Medienkonzerns wird ganz offen darüber gesprochen, wie mit dem politischen
Gegner gewaltsam abgerechnet werden soll und der eigene Präsident mit allen
Mitteln an der Macht gehalten werden muss.
Und das alles, weil eine bekannte Oppositionspolitikerin in einem Nebensatz
gesagt hatte, die Regierung sei am Ende und werde so oder so verschwinden.
Dankbar bläst die Regierung diesen Satz zu der Behauptung auf, die
Opposition bereite einen neuen Putsch vor und man müsse sich dagegen
wappnen. Dabei kommt die Gefahr von ganz anderer Seite. Das Coronavirus,
gegen dessen Bedrohung der Gesundheit der BürgerInnen man sich bis jetzt
noch einigermaßen behauptet hat, hat die sowieso schon angeschlagene
Volkswirtschaft der Türkei fast völlig zum Absturz gebracht. Präsident
Erdoğan steht mit dem Rücken zur Wand. Das Land kann voraussichtlich in
diesem Jahr seine Schulden nicht mehr bedienen und steuert, wenn nicht noch
Hilfe von außen kommt, faktisch auf einen Staatsbankrott zu.
Damit wäre die AKP nach 19 Jahren an der Regierung tatsächlich am Ende.
Aber Erdoğan hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er, wenn er seine Macht
bedroht sieht, immer in den Angriffsmodus schaltet. So auch jetzt. Die
Opposition, dunkle Mächte von außen und am besten beide zusammen bedrohen
die Türkei und müssen vernichtet werden.
Vernichtet werden am Ende [2][der letzte Rest an Demokratie] und der
bescheidene Wohlstand, den sich viele TürkInnen in den letzten Jahren hart
erarbeitet haben.
13 May 2020
## LINKS
[1] /Waehrung-stuerzt-ab/!5685385
[2] /Soziale-Medien-in-der-Tuerkei/!5676356
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Krise der Demokratie
Recep Tayyip Erdoğan
Staatsbankrott
Istanbul
taz.gazete
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