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# taz.de -- Corona in Flüchtlingsheimen: Separate Wohnung als bester Schutz
> 25 Geflüchtete in Heim in Buch sind mit Corona infiziert. In Brandenburg
> mahnt Flüchtlingsrat Unterbringung in Wohnungen an.
Bild: In Heimen ist social distancing nicht möglich
In einer Berliner Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Buch haben sich 25
Personen mit dem Coronavirus infiziert. Zehn von ihnen wurden in eine vom
Land Berlin betriebene Flüchtlings-Quarantäne-Unterkunft an die Pankower
Elisabeth-Aue verlegt. Eine Quarantäne für alle Bewohner in Buch war
allerdings ebenso wenig notwendig wie eine Verlegung aller infizierten
Bewohner und ihrer Familienangehörigen. Denn bei der betroffenen Unterkunft
handelt es sich um eine vorbildliche Wohnform, in der vielen Bewohnern
separate Wohnungen mit eigenen Sanitäreinrichtungen zur Verfügung stehen.
Derzeit leben etwa 20.000 Menschen in den Flüchtlingsunterkünften des
Landes Berlin sowie mindestens noch einmal so viele in bezirklich
betriebenen Gemeinschaftsunterkünften als anerkannte Asylberechtigte oder
Obdachlose. In den landeseigenen Unterkünften sind seit Beginn der Pandemie
insgesamt 104 Bewohner positiv auf Corona getestet worden, für die
bezirklichen Unterkünfte liegen keine Zahlen vor. Aktuell gibt es in den
landeseigenen Unterkünften noch 37 infizierte Bewohner.
Am nördlichen Berliner Stadtrand, im brandenburgischen Hennigsdorf, steht
noch immer [1][eines von ursprünglich fünf Gebäuden einer Asylunterkunft
unter Quarantäne]. Die knapp 50 Bewohner dürfen seit Mitte April ihr
Wohngebäude, in dem ihnen pro Person nur 6 Quadratmeter Wohnraum zustehen,
nicht verlassen. Nach Auskunft von Brandenburgs Sozialministerin Ursula
Nonnemacher (Grüne) ist das Gebäude derzeit in Brandenburg die einzige
Asylunterkunft, die unter Quarantäne steht. „Das Infektionsrisiko ist in
Gemeinschaftsunterkünften deutlich höher, und das Coronavirus kann sich
dort auch viel schneller ausbreiten“, sagt Nonnemacher der taz. „Nicht nur
aus diesem Grund, sondern auch integrationspolitisch halte ich eine
Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen für vorzugswürdig.“ Zuständig
seien aber „die Landkreise und die kreisfreien Städte. Eine Unterbringung
kann sowohl in Gemeinschaftsunterkünften als auch in Übergangswohnungen und
Wohnungsverbünden erfolgen.“
Der Brandenburger Flüchtlingsrat zeigt sich enttäuscht, dass die
bündnisgrüne Ministerin die Verantwortung der kommunalen Ebene zuschiebt.
Simone Tetzlaff vom Flüchtlingsrat sagt der taz: „Das Land ist im Rahmen
des Landesaufnahmegesetzes und als Erstattungsbehörde sehr wohl mit
zuständig. Es könnte beispielsweise die Regelung im Landesaufnahmegesetz
vorübergehend überarbeiten, wonach einem Bewohner lediglich 6 Quadratmeter
Wohnraum in einem Mehrbettzimmer zustehen, denn damit kann man keine
Abstandsregeln einhalten.“ Die Landkreise müssten Ferienwohnungen zur
Unterbringung von Asylsuchenden anmieten, wenn Wohnraum fehlt.
Der Brandenburger Flüchtlingsrat hat mehrere Risikopatienten unter den
Bewohner von Flüchtlingsheimen aus den Landkreisen Barnim und Oberhavel
darin unterstützt, vor Gericht eine Wohnungsunterbringung einzuklagen.
Bisher hat ein Gericht zugunsten eines Flüchtlings aus dem Landkreis Barnim
entschieden. Nach Angaben des Anwalts hat dieser Fall allerdings über den
Einzelfall hinaus keine Relevanz. Das könnte bei anderen noch offenen
Klagen anders sein. Der Berliner Flüchtlingsrat hat bisher keine solche
Klagen initiiert.
Simone Tetzlaff weiter: „Wir wünschen uns vom Land Brandenburg auch mehr
Augenmerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge. Außerdem sollte das
Land endlich mal damit beginnen, Familien in Wohnungen unterzubringen, die
seit mehr als zwölf Monaten in Wohnheimen leben. Das hat sich die Regierung
im Koalitionsvertrag vorgenommen, aber bisher ist nichts geschehen.“
27 May 2020
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[1] /Corona-in-Hennigsdorfer-Fluechtlingsheim/!5681127/
## AUTOREN
Marina Mai
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