| # taz.de -- Demonstrationen und Corona: Vorbildlicher Regelverstoß | |
| > Grünen-Abgeordneter Kössler: Teilnehmende an einer Demonstration gegen | |
| > die Bedingungen im Flüchtlingslager Moria Ende April sollen straffrei | |
| > bleiben. | |
| Bild: Anfang März noch ganz legal: Demonstration der Initiative Seebrücke | |
| Berlin taz | Der Grünen-Abgeordnete Georg Kössler fordert, die Anzeigen | |
| gegen TeilnehmerInnen einer unangemeldeten Demonstration am 26. April | |
| fallen zu lassen. An diesem Tag waren mehrere hundert Menschen einem Aufruf | |
| der Initiative Seebrücke gefolgt und hatten in kleinen Gruppen auf | |
| Fahrrädern gegen die Zustände im griechischen Flüchtlingslager Moria | |
| protestiert. Wegen des Demonstrationsverbots im Rahmen der Corona-Auflagen | |
| galt dies als nicht genehmigte Versammlung und wurde von der Polizei | |
| aufgelöst. | |
| Laut Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage | |
| Kösslers, die der taz vorliegt, hatte „die Polizei stadtweit 16 Gruppen | |
| Radfahrender mit insgesamt 222 Teilnehmenden festgestellt, die gegen die zu | |
| diesem Zeitpunkt geltende SarsCoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung | |
| (EindmaßnV) verstießen“. Von allen wurden die Personalien aufgenommen. Laut | |
| Innenverwaltung leistete niemand gegen die Polizei Widerstand. | |
| Die DemonstrantInnen, die ihren Protest unter dem Motto „#leavenoonebehind“ | |
| durch Sticker auf dem Rücken („Moria evakuieren“) oder am Rad befestigte | |
| Schilder kenntlich machten, verhielten sich auch sonst vorbildlich: | |
| Verstöße gegen das Abstandsgebot seien der Polizei nicht bekannt geworden, | |
| so Staatssekretär Torsten Akmann; auch seien die Teilnehmenden „überwiegend | |
| mit einem angelegten Mund-Nase-Schutz“ angetroffen worden. | |
| Dagegen bestreitet die Polizei, dass sie Teilnehmende eingekesselt habe. | |
| „Eine gleichzeitige Ingewahrsamnahme mehrerer Personen“ habe nicht | |
| stattgefunden, teilt Akmann dem Grünen-Abgeordneten mit. Kössler hat da von | |
| TeilnehmerInnen anderes erfahren: „Es gab mehrere Kessel, über Stunden. | |
| Offiziell war es eine sehr, sehr langsame Personalienaufnahme.“ Die | |
| Personalausweise seien eingesammelt worden, die Menschen hätten dann lange | |
| auf deren Rückgabe warten müssen. | |
| ## „Haben sich Gedanken gemacht“ | |
| Seine Forderung nach Straffreiheit begründet Kössler gegenüber der taz mit | |
| dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit: „Dass die Teilnehmenden gegen die | |
| Verordnung verstoßen haben, war nicht ihr erklärtes Ziel wie etwa bei den | |
| sogenannten Hygiene-Demos. Sie haben die Infektionsgefahr durchaus gesehen | |
| und alles getan, um diese zu minimieren. Die haben sich da wirklich | |
| Gedanken gemacht.“ | |
| Die Beschränkung der Versammlungsfreiheit, die erst Anfang Mai wieder | |
| gelockert wurde, bewertet Kössler im Nachhinein als „zu restriktiv“. Er | |
| sage nicht, dass die Einschränkungen grundsätzlich falsch gewesen seien, | |
| „aber es war härter, als es sein musste. Es ist eben ein learning by doing | |
| für die Politik.“ | |
| 19 May 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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