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# taz.de -- Antisemitismus-Statistik von RIAS: Im Schnitt drei Vorfälle tägli…
> Die Meldestelle RIAS hat erstmals Zahlen zu antisemitischen Vorfällen
> veröffentlicht. Für das Jahr 2019 zählt sie mehr als 1.200 Fälle.
Bild: Tödlicher Antisemitismus: Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle i…
BERLIN taz |Im vergangenen Jahr wurden in Bayern, Berlin, Brandenburg und
Schleswig-Holstein insgesamt 1253 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Das
geht aus der Statistik hervor, die die Bundesarbeitsgemeinschaft des
Bundesverbands Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) am
Mittwoch vorgestellt hat.
Es ist das erste Mal, dass RIAS eine solche Statistik veröffentlicht hat.
Zahlen für ganz Deutschland gibt es derzeit noch nicht, weil sich die
Bundesarbeitsgemeinschaft noch im Aufbau befindet. Bis Ende des Jahres
hofft RIAS eine Meldestelle in der Hälfte der Bundesländer zu haben.
Ein wesentlicher Teil der Vorfälle findet unterhalb der Strafbarkeit statt,
oder wird nicht gemeldet. Insbesondere die Relativierung der Shoa spielt
laut der RIAS-Zahlen eine große Rolle. In Schleswig-Holstein zum Beispiel
gehören 52 Prozent der Fälle zu dieser Erscheinungsform von Antisemitismus.
Für Joshua Vogel von der landesweiten Informations- und
Dokumentationsstelle Antisemitismus in Schleswig-Holstein deutet die „hohe
Zahl niedrigschwelliger Fälle auf die Alltäglichkeit und die
gesellschaftliche Verankerung“ von Antisemitismus hin.
Antisemitische Vorfälle geschehen häufig im Alltag
„Vorfälle ereignen sich häufig an [1][alltäglich besuchten Orten der
Betroffenen.] Anfeindungen und Bedrohungen im Wohn- oder Schulumfeld sind
Personen besonders schutzlos ausgeliefert“, sagt Anette Seidel-Arpaci vom
RIAS Bayern. Antisemitismus fungiere als Bindeglied über Milieus hinaus.
„Menschen brauchen nicht unbedingt gesetzte politische Vorstellungen, um
sich antisemitisch zu verhalten“, so Seidel-Arpaci.
Das zeigt sich in der Statistik: Laut dieser sei in Bayern und Berlin bei
mehr als der Hälfte der Tatbestände kein eindeutiger politischer
Hintergrund erkennbar. In den ländlicheren Regionen sind Täter dagegen
überwiegend von rechtem Gedankengut motiviert.
Auch aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise sprachen die
RIAS-Mitarbeitenden auf der Pressekonferenz an. 227 der 881 dokumentierten
antisemitischen Fälle in Berlin seien aufgrund von Verschwörungstheorien
begangen worden. „Gerade momentan muss Vorsicht gelten“, sagt Alexander
Rasumny dazu. RIAS beobachte Antisemitismus beim [2][Protest gegen
Corona-Maßnahmen.]
Die Gruppe der Corona-Skeptiker, die mit antisemitischen Handlungen
auffalle, umfasse nicht nur Verschwörungstheoretiker, sondern reiche bis
die gesellschaftliche Mitte hinein, sagt Alexander Rasumny. In den letzten
Wochen konnten im ganzen Land etwa Demonstrierende beobachtet werden, die
sich mit einem Davidstern und der Aufschrift „Impfgegner“ als Verfolgte
aufspielten und auf diese Weise die Shoa massiv verharmlosten.
Die meisten Vorfälle sind der Polizei nicht bekannt
Besonders in Berlin zeigt sich, dass durch die Meldestellen deutlich mehr
Fälle von Antisemitismus öffentlich werden: 608 der 881 von RIAS
dokumentierten Vorfälle sind der Polizei nicht bekannt gewesen. In Bayern
ist die Zahl der gemeldeten Vorfälle nach Gründung der Meldestelle von 38
auf 178 gestiegen.
„Betroffene die nicht zur Polizei gehen wollen, wenden sich an
zivil-gesellschaftliche Stellen. Hierfür ist essentiell, dass nicht nur
strafrechtlich relevante Fälle, sondern auch solche, die das tägliche Leben
der Juden angreifen und begleiten, aufgenommen werden“, sagt der
RIAS-Bundesvorsitzende Benjamin Steinitz.
Unterschiedliche Entwicklungsstände der Meldestellen sorgen dafür, dass die
Zahlen zwischen den Bundesländern nur bedingt vergleichbar sind. Bei den
erst 2019 gestarteten Landesstellen gebe es „wahrscheinlich eine große
Dunkelziffer“, vermutet Steinitz.
6 May 2020
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## AUTOREN
Bennet Groen
## TAGS
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Halle
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