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# taz.de -- Autobahndreieck Funkturm: Einmal drüber und drunter
> Die neue Planungsvariante für das Autobahndreieck Funkturm ist eine wilde
> Konstruktion – aber sie nimmt die Kritik von AnwohnerInnen ernst.
Bild: Komplizierte Verhältnisse unterm Funkturm (der ist nicht im Bild, weil S…
Berlin taz | So viel Lob gibt’s selten für eine Bürgerbeteiligung: Bei
einer Anhörung im Ausschuss für Stadtentwicklung zum Umbau des
Autobahndreiecks Funkturm haben Bürgerinitiativen der
Autobahn-Planungsgesellschaft Deges am Mittwoch dafür ausdrücklich gedankt.
Sie habe die Bedenken und Bedürfnisse der AnwohnerInnen ernst genommen und
eine neue Variante entwickelt, mit der die betroffenen Menschen in
Charlottenburg besser leben könnten.
Es geht um die dringend erforderliche Sanierung des Dreiecks, das die A100,
den Stadtring, mit der A115, der Avus, verknüpft. Es handelt sich um einen
der am stärksten belasteten Knotenpunkte der Bundesrepublik, die Substanz
der Anfang der 60er errichteten Anlagen mit vielen Brückenbauwerken ist
marode.
Zu Jahresbeginn hatten die [1][Proteste von AnwohnerInnen gegen die
„Vorzugsvariante“ der Deges] zugenommen. Vor allem die BewohnerInnen der an
der Avus gelegenen Eichkamp-Siedlung schlugen Alarm: Eine neue
Anschlussstelle an der Jafféstraße hätte ihnen jede Menge Verkehr in
unmittelbarer Nachbarschaft beschert, außerdem hätte die Avus auf 400
Metern Länge höhergelegt werden müssen. Zuzüglich des Schallschutzes wäre
eine riesige Wand entstanden.
Ende Februar richtete die Deges eine „Themenwerkstatt“ in einem
Kongresszentrum am Westhafen aus. Dabei wurde die aktuelle Planung mit
mehreren hundert Interessierten in verschiedenen Panels beleuchtet, es
konnte auch Kritik daran formuliert werden.
## Noch eine „grobe Ideenskizze“
Wie Deges-Bereichsleiter Andreas Irngartinger am Mittwoch vor dem Ausschuss
sagte, habe man sich dann mit diesen Ergebnissen „eingeschlossen und
überlegt“, wie ein tragfähiger Kompromiss aussehen könnte. Das Ergebnis,
das die Deges jetzt präsentierte, ist zwar laut Irngartinger noch eine
„grobe Ideenskizze“.
Aber sie erfüllt die wichtigsten Anforderungen: Die Anschlussstelle bindet
die Avus nicht mehr an die Jafféstraße, sondern an den Messedamm an und
rückt mehrere hundert Meter von der Wohnsiedlung ab, die Hochlegung
entfällt. Dafür muss sich die Zufahrt in einer ziemlich wilden Konstruktion
über eine Bahnlinie sowie unter der Autobahn durchschlängeln. Anders hätte
der Platz nicht gereicht.
Hauptnachteil aus Deges-Sicht: Da der Abstand zwischen der Anschlussstelle
und dem Autobahndreieck geringer ausfällt, gebe es weniger
„Kapazitätsreserven“. Vereinfacht gesagt, ein Rückstau an der Ausfahrt ka…
sich schneller bis zum Knotenpunkt hin auswirken. Zudem entfielen
„städtebauliche Potenzialflächen“ und zusätzliche Flächen würden
versiegelt.
## Ergebnis „eher positiv“
Trotzdem: Nach mehreren Vorgesprächen mit den Senatsverwaltungen für
Stadtentwicklung sowie Verkehr, dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
und den Bürgerinitiativen setzten sich am Dienstagabend alle zusammen an
einen Tisch, so Irngartinger, auch Messegesellschaft und IHK seien
vertreten gewesen. Das Votum: „eher positiv“, berichtete der Deges-Mann.
Durch die Neuplanung könne die geplante zweite „Themenwerkstatt“ erst Ende
2020 stattfinden, der Antrag auf Planfeststellung verschiebe sich am Ende
um rund ein halbes Jahr auf Mitte 2021. Man hoffe aber, dass sich der
Kompromiss in einem „deutlich widerstandsfreieren
Planfeststellungsverfahren, hoffentlich ohne Klagen“ widerspiegeln werde.
Der per Video zugeschaltete Vertreter der Bürgerinitiative Eichkamp, Falk
von Moers, begrüßte den Schwenk der Deges: „Die neue Variante wird dazu
führen, dass weniger Autofahrer Umwege über Stadtstraßen nehmen, das
verringert insgesamt das Unfallrisiko.“ Der Eichkamp werde entlastet, auch
das Wäldchen an der Waldschulallee bleibe erhalten. „Allerdings hört unsere
Beteiligung nicht mit diesem Statement auf“, betonte von Moers: „Wir
beobachten die Entwicklung des Gebiets weiter genau.“
Problematisch finde seine Initiative, dass es keinen nennenswerten
Anschluss zum Bahnhof Westkreuz und somit zum ÖPNV gebe. Auch müssten mehr
Auffahrten im Bereich des Dreiecks erhalten bleiben als bisher geplant: Das
entlaste den Kiez rund um die Anschlussstelle an der Knobelsdorffstraße.
## Mehr Verkehr am Klausenerplatz
Ein Vertreter der dortigen „Bürgerinitiative Klausenerplatz“ begrüßte die
Umplanung dann auch in erster Linie aus Solidarität mit den
EichkamperInnen. In seinem Kiez wird sich das Verkehrsaufkommen wohl leicht
erhöhen: Laut Deges-Prognose nutzen mit der neuen Variante täglich rund
1.000 Fahrzeuge mehr die Anschlussstelle Kaiserdamm, die Anschlussstelle
Messedamm/Jafféstraße dagegen rund 4.000 weniger.
Die Initiative fordert deshalb von Senat und Deges, die Anschlussstelle
Kaiserdamm (die in Wirklichkeit an der Knobelsdorffstraße 500 Meter weiter
nördlich liegt) zu verschieben, um einen Schleichverkehr durch den Kiez zu
unterbinden. Außerdem befürwortet sie die Deckelung des Trogs der A100, um
die jahrzehntealte Zerschneidung des Stadtgebiets zu beenden.
Bei den meisten Abgeordneten im Ausschuss kam der gefundene Kompromiss gut
an. Kritik gab es allerdings an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher
(Linke): Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz etwa sprach davon, dass das
„Gesamtkunstwerk“ noch zu wünschen übrig lasse, auch wenn eine einzelne
„Kachel“ jetzt schöner geworden sei.
Es fehle ein Masterplan für das ganze Gebiet. Auch Buchholz sagte, man
müsse die „Jahrhundertchance“ ergreifen, die A100 zu deckeln. „Ja, das w…
teuer, aber was wir als Stadt dabei gewinnen können, ist erheblich.“
14 May 2020
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Autobahn-Umbau-in-Berlin/!5666428/
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Autobahnbau
Bürgerinitiative
Stadtentwicklung
Verkehrswende
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