| # taz.de -- 1. Mai in Österreich: Mit Abstand am solidarischsten | |
| > Zu Coronazeiten reichen 100 Menschen, um den Wiener Rathausplatz zu | |
| > füllen. Demonstrierende fordern Solidarität und kritisieren die EU. | |
| Bild: Demonstranten vor dem Wiener Rathaus am ersten Mai | |
| Wien taz | „Wir lassen uns den 1. Mai nicht verbieten, für den die | |
| Arbeiterinnen und Arbeiter seit mehr als einem Jahrhundert gekämpft haben!“ | |
| Mit kämpferischen Parolen trat eine Plattform linker Organisationen und | |
| Persönlichkeiten Freitagvormittag auf dem Wiener Rathausplatz auf. Dort, wo | |
| seit 130 Jahren die Sozialdemokraten den Platz in ein rotes Fahnenmeer | |
| verwandeln, verhinderten mehrere Dutzend Aktivisten die gähnende Leere. | |
| Von der [1][Antiimperialistischen Koordination] über die [2][Steirische | |
| Friedensplattorm] bis zur [3][Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter] | |
| bewiesen sie, dass man aus der Not der Abstandsregelung eine Tugend machen | |
| und mit hundert Menschen einen Platz füllen kann. | |
| „Den 1. Mai fallen lassen ist Kapitulation“, verkündeten rote Lettern auf | |
| einem gelben Transparent. Der Spruch „Mut & Solidarität statt Abschottung | |
| und Rassismus!“ richtete sich gegen die Regierenden, die sich weigern, auch | |
| nur einen unbegleiteten Minderjährigen aus dem Horror-Camp Moria auf der | |
| griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. | |
| Ein Sprecher prangerte die Politik der Europäischen Union an, die „in den | |
| letzten 30 Jahren ein neoliberales Kaputtmachprogramm gefahren“ und mit | |
| ihrem Spardiktat auch das öffentliche Gesundheitswesens in Italien | |
| zerschlagen habe. Die Seuche habe dort am meisten zugeschlagen, wo der von | |
| der EU verordnete Abbau am härtesten war. | |
| ## Die SPÖ versucht zu erklären, warum sie noch gebraucht wird | |
| Die Initiative Selbstbestimmtes Österreich forderte „80% Prozent | |
| Arbeitslosengeld statt Geschenke an Lufthansa, Pierer und Benko“. Stefan | |
| Pierer, Chef des Motorrad-Imperiums KTM, wollte sich selbst Millionen an | |
| Dividende ausbezahlen, obwohl er gleichzeitig 3.600 Mitarbeiter in | |
| Kurzarbeit schickte und staatliche Förderungen anforderte. Die Lufthansa | |
| verhandelt derzeit mit der Regierung in Wien über fast 800 Millionen Euro | |
| für ihre Tochter Austrian Airlines. | |
| Angesichts einer Rekordzahl von 600.000 Arbeitslosen und weiteren 1,2 | |
| Millionen Arbeitnehmern in Kurzarbeit hat das österreichische Proletariat | |
| im Mai 2020 wenig zu feiern. Noch weniger Feierlaune verspüren die Spitzen | |
| der SPÖ. Die Sozialdemokraten liegen in Umfragen mit 16-18 Prozent hinter | |
| den Grünen, die sich als Juniorpartner der konservativen ÖVP über | |
| historisch hohe Beliebtheitswerte von 18-19 Prozent freuen können. | |
| Angesichts der Corona-bedingten Wirtschaftskrise betreiben die | |
| Christlichsozialen einen klassischen sozialdemokratischen | |
| Staatsinterventionismus und schütten ein Füllhorn aus frischen Krediten | |
| über die Opfer des Lockdown aus. Die Festrede von SPÖ-Parteichefin Pamela | |
| Rendi-Wagner zirkuliert nur im Netz. In einem Video versuchen zwei Dutzend | |
| Parteigrößen in einem Satz zu erklären, warum die SPÖ immer noch gebraucht | |
| wird. | |
| Seit Mitternacht gelten in Österreich [4][gelockerte Regeln] für das | |
| Zusammensein im öffentlichen Raum. Aber mehr als zehn Personen dürfen nicht | |
| zusammenkommen. Trotzdem hat die Polizei den Aufmarsch am Rathausplatz nach | |
| einigem Zögern genehmigt. Man will den warnenden Stimmen, die die | |
| Demokratie in Gefahr sehen, keine Angriffsfläche bieten. Auch auf Seiten | |
| der Demonstranten war man um Wohlverhalten bemüht. Alle trugen | |
| Gesichtsmasken und hielten den gebotenen Abstand zum Nächsten. | |
| 1 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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