# taz.de -- Hamburger Polizisten attackieren Pfleger: Vom Fahrrad gerissen | |
> Ein Mann mit ghanaischen Wurzeln wird für einen Dealer gehalten und | |
> rabiat festgenommen. Der Polizei wird in sozialen Medien Rassismus | |
> vorgeworfen. | |
Bild: Verbreitet in sozialen Netzwerken ihre Version der Dinge: die Polizei, hi… | |
HAMBURG taz | John H. ist in Eimsbüttel auf dem Weg zu Patient*innen als er | |
von Zivilfahndern mit Gewalt vom Fahrrad gezerrt und in Handschellen gelegt | |
wird. Der 31-Jährige mit ghanaischen Wurzeln, der seit 2017 in der Pflege | |
tätig ist, wurde fälschlicherweise für einen Drogendealer gehalten. „Es | |
fiel mir nicht leicht dieses Erlebnis zu teilen“, [1][schreibt der | |
Betroffene auf Instagram]. Er wolle aber zeigen, „wie Schwarze Menschen | |
hier in Deutschland“ behandelt werden. Das Posting, in dem er schildert, | |
was sich an dem 18. April zwischen ihm und der Polizei abspielte, wurde | |
tausendfach in sozialen Netzwerken verbreitet. In den Kommentaren zum | |
Beitrag häufen sich Solidaritätsbekundungen. | |
Darin beschreibt John H., wie er auf dem Fahrrad „nichts Böses ahnend“ zu | |
mehreren Patient*innen gefahren sei. Während der Fahrt hätten ihn drei | |
Männer in Zivil „gewaltvoll“ vom Fahrrad gerissen und ihn auf dem Boden | |
fixiert. „Ich dachte ich werde überfallen“, schreibt er. Erst als er den | |
Männern geschildert habe, dass er sich im Dienst befinde und ihnen | |
Informationen über seine Patient*innen zeigte, hätten sich diese als | |
Polizisten offenbart. | |
Die Beamten hätten ihm mitgeteilt, dass sein Verhalten „verdächtig“ gewes… | |
sei, da in einigen der Häuser Drogen verkauft worden wären. Auf die Frage, | |
weshalb sie ihn direkt gewaltvoll vom Fahrrad runterholten, statt ihn | |
anzuhalten, habe er eine „lapidare Entschuldigung“ bekommen. | |
Bei dem Eingriff habe er sich Verletzungen am Fuß zugezogen. Zudem seien | |
sein Fahrrad, seine Uhr und sein Handy beschädigt worden. Nach der | |
Veröffentlichung auf seinem privaten Instagram-Profil am vergangenen | |
Sonntag verbreitete sich das Posting des Altenpflegers in den sozialen | |
Medien rasant. Er sei überwältigt von der Reichweite seines Posts, teilte | |
John H. der taz mit. | |
„Ich hätte nie gedacht, dass die Geschichte sich so ausbreitet.“ | |
Kommentator*innen forderten die Polizei auf, Stellung zu beziehen und | |
warfen den verantwortlichen Beamten Racial Profiling und rassistische | |
Beweggründe vor. | |
Mit wachsendem öffentlichem Druck äußerte sich schließlich die Polizei – | |
[2][ebenfalls auf Instagram]. In dem kurzen Statement wolle man „Bedauern | |
über den Vorfall zum Ausdruck bringen“. Die Zivilfahnder hätten „nach | |
bestem Wissen und Gewissen gehandelt“. Das Verhalten des Pflegers sei | |
„typisch für den Handel mit Drogen gewesen“, da er mehrere Häuser für ku… | |
Zeit betreten habe. Man habe ihn während der Fahrt gestellt, „um einen | |
möglichen Fluchtversuch unmöglich zu machen“. Die entstandenen Sachschäden | |
wolle die Polizei übernehmen. | |
Zu den Vorwürfen, dass auf Grund rassistischer Stereotype gehandelt wurde, | |
teilte die Polizei auf Anfrage mit, dass ein solcher Eingriff sich „nicht | |
am Aussehen einer Person, sondern an deren Verhalten“ orientiere. Man habe | |
den Mann nicht als Mitarbeiter eines Pflegedienstes erkennen können, | |
„sodass die Beamten das Verhalten möglicherweise anders hätten deuten | |
können“. Schon vor Ort habe man sich für die „Unannehmlichkeiten des | |
dynamischen Einschreitens“ entschuldigt. | |
Der Übergriff hat bei H. Spuren hinterlassen. „Die Polizeigewalt war nicht | |
nur erniedrigend, sondern hat mich auch zutiefst traumatisiert“, schreibt | |
H.. Er fühle sich seitdem beobachtet und habe Angst, erneut aus dem Nichts | |
angegriffen zu werden. Der Umgang der Polizei sei „auf gar keinen Fall zu | |
rechtfertigen“. Er wolle juristisch vorgehen, teilte er der taz mit. | |
7 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/B_uYkwQq_S6/ | |
[2] https://www.instagram.com/stories/highlights/17843751218132247/?hl=de | |
## AUTOREN | |
Sarah Zaheer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Polizei Hamburg | |
Hamburg | |
Racial Profiling | |
Polizei | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Legalisierung Marihuana | |
Racial Profiling | |
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Eskalierte Polizeiarbeit in Hamburg: Frommes Wort, beunruhigende Tat | |
Vom Augenmaß bei polizeilichem Vorgehen ist gerade viel die Rede. Und dann | |
kommen doch wieder nur Pfefferspray und Wasserwerfer. | |
Polizeigewalt gegen Senior*innen: Unerwünschter Hausbesuch | |
Ein Notruf alarmiert die Hamburger Polizei – ein Einbrecher, so der | |
Verdacht. Es folgt ein brutaler Übergriff auf über 60- und 70-jährige | |
Senior*innen. | |
Vor Gericht wegen 0,33 Gramm: Politisch motivierte Anklage? | |
In Hamburg steht ein Gambier wegen eines halben Joints vor Gericht. Die | |
Verteidigerin ist überzeugt, dass es nicht allein um den Joint geht. | |
Racial Profiling auf St. Pauli: Polizeikontrollen kontrollieren | |
Mit der steigenden Zahl der Kontrollen der Task Force Drogen wächst der | |
Widerstand von AnwohnerInnen. Die werfen der Polizei Rassismus vor. | |
Stigmatisierende Kontrollen: Polizei räumt Fehler ein | |
Die Hamburger Polizei gibt vor dem Verwaltungsgericht erstmals die | |
Rechtswidrigkeit eines Racial-Profiling-Einsatzes zu. Trotzdem will sie | |
damit weitermachen. |