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# taz.de -- Nach Amoklauf in Kanada: Noch strengere Waffengesetze
> Justin Trudeau will bestimmte Schusswaffen verbieten. Währenddessen
> steigt die Opferzahl und neue Details zur brutalen Tat werden bekannt.
Bild: Nach dem Amoklauf: Kanadas Regierungschef Justin Trudeau spricht sein Bed…
VANCOUVER taz | Nach dem [1][verheerenden Amoklauf in der ostkanadischen
Provinz Nova Scotia] hat Regierungschef Justin Trudeau seine Absicht
bekräftigt, die Waffengesetze in Kanada weiter zu verschärfen. Dies habe
man den Bürgern im letzten Wahlkampf versprochen und dies werde man so bald
wie möglich umsetzen, sagte Trudeau am Montag bei einer Pressekonferenz in
Ottawa.
Zwar ist noch unklar, mit welchen Waffenarten der Schütze am Sonntag laut
neuesten Erkenntnissen der Polizei mindestens 18 Menschen getötet hatte.
Die Polizei hat auch noch keine Informationen darüber preisgegeben, ob der
Täter Gabriel W. seine Schusswaffen legal erworben hat. Dennoch will
Trudeau die neuen Gesetze jetzt vorantreiben.
Dabei will [2][Justin Trudeau] Kanadiern den Erwerb von bestimmten
Angriffswaffen, wie sie beim Militär üblich sind, verbieten. Bereits legal
erworbene Waffen dieses Typs sollen mit Hilfe eines staatlichen
Aufkauf-Programms vom Markt geholt werden. Trudeau sagte, ein
entsprechendes Gesetz sei bereits in Vorbereitung gewesen, bevor sich das
Parlament wegen der aktuellen Coronakrise vertagt hatte.
Wie Innenminister Bill Blair am Montag ergänzte, sollen zudem die
Vorschriften für die Aufbewahrung von Schusswaffen verschärft werden.
Außerdem will die Regierung jenen Menschen den Kauf von Schusswaffen
verbieten, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit oder sich selbst
darstellen könnten.
## Schüsse und Feuer an 16 Tatorten
Die Tat, die sich rund um die Feriensiedlung Portapique an der
Atlantikküste abspielte, war die folgenschwerste ihrer Art in der modernen
Geschichte Kanadas. Dabei hatte der Schütze, ein 51-jähriger Zahntechniker,
im Verlauf von zwölf Stunden mindestens 18 Menschen getötet und fünf Brände
gelegt, bevor ihn die Polizei nach einer Verfolgungsjagd stellen und
erschießen konnte.
Wie die Behörden am Montag mitteilten, sei mit weiteren Opfern zu rechnen,
die sich womöglich noch in abgebrannten Häusern oder Autos befinden. Der
Schütze hatte bei dem Gewaltausbruch insgesamt sechzehn Tatorte aufgesucht.
Augenzeugen beschrieben in kanadischen Medien, wie der Täter als Polizist
verkleidet an Haustüren klopfte und sich so Zutritt zu seinen Opfern
verschaffte.
Die Augenzeugin Lisa Owen berichtete der Tageszeitung Globe and Mail, wie
das Wohnhaus eines befreundeten Paares am Sonntag plötzlich in Flammen
aufging. Später habe sie die Leiche eines weiteren Nachbarn, der dem im
Haus befindlichen Paar offenbar zur Hilfe eilen wollte, erschossen in der
Auffahrt gefunden. „Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst“, sagte
Owen.
Bei seiner Flucht hatte Gabriel W. dann zeitweise ein gefälschtes
Polizeiauto benutzt und derart getarnt unterwegs scheinbar weiter wahllos
Menschen aus ihren Wagen gezerrt und erschossen. Das ganze Ausmaß der
Tragöde sei angesichts der vielen und weit verstreuten Tatorte noch immer
nicht in Gänze zu erfassen, erklärte Polizeichef Chris Leather am Montag in
Halifax.
## Motiv weiterhin unbekannt
Über das Motiv für die Bluttat ist weiter nichts bekannt. Gabriel W. galt
bei Nachbarn als unauffällig, hatte aber wohl ein Faible für Polizeiautos,
die er gebraucht aufkaufte. Auch soll er schon seit Schulzeiten ein
besessener Anhänger der kanadischen Bundespolizei gewesen sein. Sein Haus
war laut Augenzeugen vollgestopft mit allerlei Gegenständen der in Kanada
populären Polizeitruppe.
Premier Trudeau sagte am Montag angesichts der Tragödie seine tägliche
Corona-Pressekonferenz ab und spendete Trost: „Niemand kann eine Mauer
zwischen uns errichten, egal wie böse, wie gedankenlos oder wie
zerstörerisch die Aktion eines einzelnen Mannes auch gewesen sein mag.“ Nun
gehe es darum, den Opferfamilien beizustehen. In vielen Städten wurden die
Flaggen auf halbmast gesenkt.
[3][Die Waffengesetze] in Kanada gelten als relativ streng. Während viele
normale Flinten frei erhältlich sind, müssen Handfeuerwaffen und
halbautomatische Schusswaffen registriert werden. Waffenbesitzer müssen
einen Kurs belegen, einen Hintergrundcheck bestehen und einen Waffenschein
erwerben, der alle fünf Jahre erneuert werden muss. Waffenverkäufer müssen
ein Verzeichnis ihrer Kunden führen.
Bestimmte vollautomatische Schusswaffen sind in Kanada bereits verboten.
Bis 2012 mussten alle Schusswaffen in einem nationalen Register geführt
werden, dies wurde aber abgeschafft. In den letzten Jahren ist auch in
Kanada die Waffengewalt merklich angestiegen, vor allem in Großstädten wie
Toronto. In Kanada kommen auf 100 Bewohner rund 35 Waffen, in den USA sind
es etwa 120.
21 Apr 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Jörg Michel
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