| # taz.de -- Maskenpflicht in ÖPNV und Handel: Senat drückt sich vor Konsequenz | |
| > Als letztes Bundesland hat Berlin nun die Maskenpflicht im Handel | |
| > eingeführt. Im ÖPNV galt sie schon. Aber ohne Bußgeld. Ein | |
| > Wochenkommentar. | |
| Bild: Fotobeweis: Es klappt gut mit der Maskenpflicht im Supermarkt. Ein Bild a… | |
| Berlin taz | Schön, dass sie am Dienstag doch noch gekommen ist, die | |
| Maskenpflicht auch beim Einkaufen. Schöner wäre es gewesen, wenn der | |
| rot-rot-grüne Senat das schon eine Woche früher beschlossen hätte und nicht | |
| erst als Korrektur seines eine Woche alten Beschlusses, der die Pflicht auf | |
| Bus und Bahn beschränkte, sie in Geschäften aber nur eindringlich empfahl. | |
| Und bedenklich stimmt, dass offenbar allein Uneinigkeit in der Koalition | |
| dafür sorgte, dass Berlin erst als letztes aller 16 Bundesländer diesen im | |
| Kampf gegen die Coronaverbreitung so sinnvollen Schritt ging. Denn die | |
| Sachlage hat sich nicht geändert – konsequentes Abstandhalten war auch | |
| schon eine Woche zuvor in Geschäften oft schwer möglich. | |
| Noch bedenklicher ist, dass der Senat die Pflicht gar nicht selbst | |
| kontrollieren und Verstöße auch nicht mit Bußgeldern ahnden will. Während | |
| in Bayern bei fehlender Maske in Bussen, Bahnen und Geschäften 150 Euro | |
| fällig sind und andere Bundesländer darüber nachdenken, hat es | |
| Regierungschef Michael Müller ausdrücklich „sozialer Kontrolle“ überlass… | |
| die Sache zu regeln. | |
| Die Mitfahrer in Bus und Bahn – zumindest in größeren Geschäften macht das | |
| der Security-Mitarbeiter – sollen also dafür sorgen, dass säumige andere | |
| sich doch noch eine Maske aufsetzen. Sollen sie offenbar ansprechen, auf | |
| ihr Fehlverhalten aufmerksam machen. „Soziale Kontrolle“ also in einer | |
| Stadt, in der einem ungezählte Leute berichten, sie seien aus ihren | |
| schwäbischen, badischen oder fränkischen Kleinstädten geflohen, um die | |
| dortige soziale Kontrolle hinter sich zu lassen. | |
| ## Es war schon nervig genug … | |
| Es ist inkonsequent und sogar feige, wenn der Senat eine Pflicht | |
| beschließt, sie aber nicht richtig kontrollieren und auch bei Nichtbefolgen | |
| nicht zur Kasse bitten will: Wenn der Staat etwas für wichtig hält, in | |
| diesem Fall einen so großen Eingriff wie die Maskenpflicht, dann muss er | |
| das auch selbst durchsetzen. | |
| Es war schon nervig genug, bislang im Edeka oder bei Rewe immer wieder an | |
| der Kasse drängelnden Miteinkäufern sagen zu müssen: „Bitte halten Sie | |
| Abstand!“ Dort hilft ja im Zweifel noch der Security-Mann aus. Aber in der | |
| S-Bahn ignoranten Menschen sagen: Maske auf oder raus? Und wenn die’s nicht | |
| machen, sie dann mit vom Müller-Wort abgeleiteter staatlicher Legitimation | |
| aus dem Waggon schieben? In völliger Aufgabe des staatlichen | |
| Gewaltmonopols? | |
| Die Frage ist: Warum ist der Senat hier so inkonsequent? Da liegt die | |
| Antwort nahe, dass die rot-rot-grüne Koalition sich nicht dem Vorwurf | |
| aussetzen will, sie gehe mit staatlicher Repression vor. Regierungschef | |
| Müller betont wiederholt, auf Vernunft und Einsicht zu setzen. Bei vielen | |
| klappt das auch – aber eben nicht bei allen. Und deshalb muss eine | |
| Regierung die von ihr beschlossenen Regeln auch selbst durchsetzen, statt | |
| ihre Durchsetzung auf den Einzelnen abzuwälzen. | |
| 2 May 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Wochenkommentar | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Doch noch Bußgeld für Maskenverweigerer: Auch ein Senat muss irren dürfen | |
| Ende April meinte Michael Müller, soziale Kontrolle könnte Bußgelder | |
| ersetzen. Jetzt bessert Rot-Rot-Grün bei der Maskenpflicht in Bus und Bahn | |
| nach. | |
| Durchsetzung von Coronaregeln: Ohne Shui Ta geht’s nicht | |
| Bislang setzte Berlin auf die Verantwortung der Einzelnen bei der | |
| Einhaltung der Coronaregeln. Nun fordert der Regierungschef mehr Druck – | |
| richtig so. | |
| Berliner Senat debattiert Lockerungen: Müller drängt auf Gemeinsamkeit | |
| Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin mahnt Berlins | |
| Regierungschef seine Chef-Kollegen. | |
| Gastronomie und Corona: Das große Hoffen | |
| Berliner Restaurants warten darauf, dass die Politik wenigstens wieder | |
| eingeschränkten Betrieb zulässt. Am Mittwoch will der Senat entscheiden. |