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# taz.de -- Ostern in Kroatien während der Pandemie: Warten auf Corona und den…
> Kroatien weist eine vergleichsweise niedrige Infiziertenzahl auf. Dafür
> liegt der Tourismus darnieder. Ein Ortsbesuch an einer stillen Küste.
Bild: Ein schöner Anblick: die Adria vor Slatine – nur kann ihn dieser Tage …
Slatine taz | Der Blick von der Südspitze der Insel Ciovo auf den Hafen von
Split und das hinter der Stadt aufsteigende dramatische Küstengebirge war
für viele Touristen vor Jahresfrist ein Anziehungspunkt. Auch wenn sie von
Slatine aus ein paar Kilometer zu Fuß zurücklegen mußen. Das in gleissender
Sonne blau stahlende Meer, die Segler und Ozeanriesen, dazwischen die
Fischerboote, boten ein buntes Bild. Nach Westen hin bestaunten sie die
Inswelwelt der Adria, Brac, Hvar und Vis.
Dieser Blick lässt sich auch am Ostersonntag genießen. Doch das Meer
Richtung Split liegt an diesem Tag verwaist da. Kein Segel ist zu sehen,
keine Fähre bewegt sich auf die Inseln zu, die Fischerboote sind im Hafen
geblieben.
Split liegt zum Greifen nahe, ist jedoch dieser Tage sehr fern. Am Hafen
von Slatine sucht man vergeblich die Passagierschiffe der Bura-Line, die
Verbindung von Slatine direkt ans Ufer vor den Diokletians-Palast in Split.
Niemand ist im Hafen zu sehen. Auch nicht an den weitläufigen Kiesstränden,
wo Cafés und Bars geschlossen sind. Denn die kroatischen Behörden haben ein
rigoroses Reiseverbot ausgesprochen.
Wer von Split aus auf diese nächstgelegene Insel will, braucht nun einen
Erlaubnisschein. An den Ausfallstraßen steht die Polizei und kontrolliert.
Auch in den anderen Städten und Gemeinden Kroatiens ist das der Fall. Das
Virus soll so eingegrenzt werden. Bislang mit Erfolg: In Split gibt es mit
302 Fällen zwar die meisten Infizierten nach Zagreb, doch sind das vor
allem Bewohner und das Personal eines einzigen, jetzt unter Quarantäne
stehenden Altersheims. Im Ganzen hat Kroatien mit bisher 21 Toten bei 1534
Infizierten eine vergleichsweise niedrige Zahl an Opfern zu beklagen.
## Der Priester hat Disziplin gepredigt
Vrsela, das alte Dorf von Slatine, ist bisher vom Virus verschont geblieben
und an diesem Ostersonntag zudem wie ausgestorben. Morgens um neun Uhr
verkrümelten sich gerade fünf Leute in der Kirche, die oben auf dem Hügel
im Zentrum von Vrsela liegt. Im Gegensatz zum unteren Dorf sind hier noch
ein paar Seelen ansprechbar. „Wir schauen uns im Fernsehen die Messe aus
Rom an,“ sagt Mara, die mit ihrer Tochter im Garten ihres Hauses sitzt und
den Fernseher drinnen laut gestellt hat.
Die rund 1000 ständigen Einwohner – im Sommer sind es alljährlich weit über
5000 – sind erzkatholisch. Der Priester hat das Dorf eigentlich fest im
Griff. Wer nicht zur Messe kommt muss sich rechtfertigen, dank der Beichte
weiß er über alle Schäfchen genauestens Bescheid. Für die Männer, die
während des Gottesdienstes draußen auf dem Friedhof bleiben, hat er
Lautsprecher angeschafft, so dass sie die Messe gut hören können.
Das zahlt sich jetzt aus. Die Kirchen sollen ja geschlossen bleiben. Der
Priester hat Disziplin gepredigt, die Prozession ist ausgefallen. Die Leute
bleiben in ihren Häusern. Nur der alte Tomo nicht. Der sitzt auf einer Bank
in einer Nebenstraße und passt auf sein Hündchen auf, das munter zwischen
den alten Mauern tollt. Er fühlt sich in diesem Dorfteil sicher. „Wir haben
frische Luft, hierher kommt doch keiner.“ Wie viele alten Leute beurteilt
er das Gesundheitssystem skeptisch. Da könnte man doch kränker zurückkommen
als man reingegangen ist. Lieber sich an die Regeln halten.
Ihn macht noch mehr Sorgen, dass es seit Mitte Februar nicht mehr geregnet
hat. März und April sind eigentlich Regenmonate. Der Boden ist schon
knochentrocken, noch gestern haben die Leute fleissig die Gärten gewässert.
Die Kartoffeln und Tomaten und anderes Gemüse sind gesetzt, die Olivenbäume
beschnitten. Aber ohne Regen sieht es für die Ernte düster aus, es steigt
zudem die Waldbrandgefahr.
Denn noch gibt es hier Wald und Macchia. Auch der 40-jährige Tommy, der in
Deutschland aufgewachsen ist, kommt gerade mit seinem Labrador vom Brdo,
dem Inselberg. „Ein Funken genügt da schon,“ befürchtet er. Die Feuerwehr
sei schon in Alarmbereitschaft. Schlimmer aber sei es auch für die Leute,
die jetzt in Ferienwohnungen investiert haben. Seine Familie hat nach der
Rückkehr nach Kroatien eine Baufirma aufgebaut und in den letzten Jahren
viel zu tun gehabt. „Die Leute haben investiert und sich verschuldet, In
diesem Sommer kannst du den Tourismus aber vergessen.“
Alle warten auf den Regen. Auch Heike, eine Renterin aus Scheswig-Holstein,
die mit ihrem kroatischen Mann im Dorf lebt. „Da kann man nichts machen
außer warten. Aber in Bezug auf das Virus [1][machen es die Kroaten doch
ganz richtig]. Wir hier im Dorf sind noch sicher,“ hofft sie.
12 Apr 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Osteuropa/!5671580
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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