| # taz.de -- Vorwahlen bei den US-Demokraten: Sanders kämpft weiter | |
| > Der Politiker will weiter Druck auf das Establishment der Demokraten | |
| > ausüben. Nur mit progressiver Politik könne Biden Präsident Trump | |
| > schlagen. | |
| Bild: Das war's: weggeworfene Wahlwerbung für Bernie Sanders in Burlington im … | |
| Berlin taz | [1][Bernie Sanders] hat am Mittwoch seine Mission aufgegeben, | |
| bei der Wahl im November Präsident der USA zu werden und in diesem Amt das | |
| Land grundlegend umzugestalten. Dies sei für ihn eine sehr schwere | |
| Entscheidung gewesen, sagte er seinen AnhängerInnen in einer | |
| Videobotschaft. Aber es sei für ihn rechnerisch wohl nicht mehr möglich, | |
| die Nominierung der Demokratischen Partei zu gewinnen, nannte er als einen | |
| Beweggrund. | |
| Deshalb rief er seine AnhängerInnen auf, Joe Biden zu unterstützen, den | |
| ehemaligen Vizepräsidenten unter Barack Obama und nach den bisherigen | |
| Vorwahlen führenden demokratischen Kandidaten. | |
| In einem Interview [2][mit dem TV-Host Stephen Colbert] nannte Sanders | |
| Biden am Mittwochabend „einen sehr anständigen Menschen“, mit dem er schon | |
| in der Obama-Ära gut zusammengearbeitet habe. Biden verfolge andere | |
| politische Ziele als er selbst, aber er hoffe, ihn nun in eine | |
| progressivere Richtung zu bewegen. Vor allem werde er alles tun, um | |
| sicherzustellen, dass Donald Trump nicht wiedergewählt werde. | |
| Sanders machte deutlich, dass er nicht aus dem Wahlkampf verschwinden | |
| werde, als habe es seine Kandidatur und die von ihm aufgebaute Bewegung nie | |
| gegeben. Er wolle bei den noch anstehenden Vorwahlen weiter Delegierte | |
| sammeln und den Druck auf das Partei-Establishment beibehalten, um so die | |
| Demokraten in eine progressivere Richtung zu drängen. „Während ich meine | |
| Kandidatur beende, geht der Kampf für mehr Gerechtigkeit weiter“, schrieb | |
| er auf Twitter. | |
| ## Höherer Mindestlohn | |
| Sanders fordert vor allem eine allgemeine staatlich organisierte | |
| Gesundheitsversorgung, einen höheren Mindestlohn und den Erlass aller | |
| Schulden, die Studierende für ihre Hochschulausbildung angesammelt haben. | |
| Gerade die Corona-Pandemie, die die USA besonders hart getroffen hat, legt | |
| die [3][eklatanten Schwächen des US-Gesundheitssystems] offen. Sie bestehen | |
| weiter – trotz der Reform, die Obama durchsetzte und deren Rücknahme | |
| Präsident Trump schon in seinem Wahlkampf 2016 ankündigte. Das ist ihm | |
| allerdings nur zu einem kleinem Teil gelungen, da eine große Mehrheit der | |
| Bürger nach anfänglicher Skepsis inzwischen Obamacare unterstützt. | |
| Dies sei „die furchterregendste und gefährlichste Periode in der modernen | |
| Geschichte unseres Landes“, sagte Sanders vor einer Woche in einem | |
| [4][Interview mit der Wochenzeitung The Nation]. | |
| Das Land stehe vor einer Wirtschaftskrise von bisher nie gesehenen | |
| Ausmaßen, aber auch vor einer gewaltigen Krise des Gesundheitssystems, die | |
| den Tod von Hunderttausenden zur Folge haben könnte. „Wir müssen uns | |
| fragen, wie wir im reichsten Land der Welt in solch eine Lage kommen | |
| konnten“, sagte Sanders. | |
| ## Keine andere Wahl | |
| Die Krise habe die harte soziale Realität der heutigen USA in klaren | |
| Umrissen sichtbar gemacht. Sie bestehe darin, dass Leute in ihren Jobs ihre | |
| Gesundheit riskieren, weil sie sich mit dem Coronavirus infizieren könnten. | |
| Ihnen bleibe aber keine andere Wahl, weil sie das Geld brauchen, sagte | |
| Sanders in dem Interview. | |
| Er kritisierte auch das vom Kongress Ende März verabschiedete | |
| Rettungspaket, für das 2 Billionen Dollar vorgesehen sind, denn 500 | |
| Milliarden davon könne Trump an seine Freunde in den Großkonzernen | |
| verteilen. Gut seien an dem Rettungspaket lediglich die direkten Zahlungen | |
| von 1.200 Dollar an jeden Erwachsenen und 500 Dollar an jedes Kind. | |
| Die Wahlkampagne habe sich durch die Corona-Pandemie dramatisch verändert, | |
| sagte Sanders. Er müsse – wie Joe Biden auch – sich nun über das Internet, | |
| über soziale Medien und Livestreams an seine UnterstützerInnen wenden. | |
| Einige seiner Livestreams seien von zwei Millionen Menschen verfolgt | |
| worden. Das sei „wirklich ziemlich gut“, aber die Möglichkeiten, Wahlkampf | |
| zu führen, blieben sehr eingeschränkt. Dabei wäre es gerade jetzt so | |
| wichtig, die politischen Alternativen darzulegen, bedauerte Sanders. | |
| ## Nicht vor den Kopf stoßen | |
| Joe Biden, der jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach im August auf dem | |
| Parteikonvent zum offiziellen Kandidaten gekürt wird, hat stets deutlich | |
| gemacht, dass er Sanders’ Reformeifer nicht teilt. Er steht nun vor der | |
| Aufgabe, jenes überwiegend junge, progressive Segment der Demokratischen | |
| Partei nicht vor den Kopf zu stoßen, damit sie dann auch im November | |
| tatsächlich zur Wahl gehen und ihm ermöglichen, Trump aus dem Weißen Haus | |
| zu drängen. | |
| In einer ersten Reaktion lobte Biden, dass Sanders mit seinen Ideen eine | |
| breite politische Bewegung geschaffen habe. Und Sanders sagte in dem | |
| Interview mit Stephen Colbert, Biden habe verstanden, dass „er, um den | |
| Präsidenten zu schlagen, um Trump zu schlagen, neue Leute in seine | |
| politische Welt hereinlassen und sich in eine andere Richtung als bisher | |
| bewegen muss“. | |
| 9 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /US-Wahlen-in-der-Corona-Krise/!5676090 | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=an_8D9ZXAT4 | |
| [3] /US-Gesundheitssystem-und-Corona/!5669242 | |
| [4] https://www.thenation.com/article/politics/exclusive-interview-sanders-coro… | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Schaaf | |
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