# taz.de -- Bernie Sanders schmeißt Kandidatur hin: Ein winziger Trost | |
> Sanders hat es nicht vermocht, die AfroamerikanerInnen zu gewinnen. Aber | |
> er hat die Debatten verändert. | |
Bild: Obwohl es ein paar Vorwahlen lang tatsächlich so aussah, als wäre er Fa… | |
Bernie Sanders ist einfach zu gut für das Weiße Haus. Er war der | |
ehrlichste, der unabhängigste, der mutigste Kandidat. Er war der einzige, | |
der mit einem Programm antrat, an dem er sein ganzes Leben gearbeitet hat | |
und dem er immer treu geblieben ist. | |
Der demokratische Sozialist war wie geschaffen für diesen Moment in der | |
Geschichte des Imperiums. Er hat den Finger in die Wunden eines tief | |
gespaltenen Landes [1][voller Ungerechtigkeiten] und Gewalt im Inneren und | |
Äußeren gehalten. Und er hat realistische Auswege angeboten. | |
[2][Neben Sanders] wirken alle anderen PolitikerInnen der USA gleich. | |
Während DemokratInnen und RepublikanerInnen immer weiter am Mythos | |
arbeiten, die USA seien das beste aller Länder, ein Vorbild für den Rest | |
des Planeten und ein Paradies des vertikalen Aufstiegs, in dem jedeR Teil | |
der Middle Class werden könne, hält Sanders seinen Landsleuten den Spiegel | |
vor. | |
Im scharfen Kontrast zu den jahrzehntelangen ideologischen Verblendungen | |
hat Sanders die extremen Klassengegensätze in den USA zurück auf die | |
Tagesordnung gebracht. Er hat eine Realität beschrieben, die das Leben der | |
Mehrheit der US-AmerikanerInnen bestimmt und behindert: von stagnierenden | |
Reallöhnen über Obdachlosigkeit, mangelnde medizinische Versorgung und | |
unbezahlbar teuren Universitäten bis hin zu erdrückenden privaten | |
Schuldenlasten. Und er hat die Ungerechtigkeit angeprangert, wonach eine | |
winzige Gruppe von Reichen nicht nur ihre eigenen Geschäfte, sondern auch | |
die politischen Geschicke des Landes bestimmen. Für die große Menge hat | |
Sanders den Begriff der „99 Prozent“ geprägt. Die Minderheit der Mächtigen | |
hat er „die Ein-Prozenter“ und „die Milliardärsklasse“ genannt. | |
Auch in der Außenpolitik, der Verortung der USA im internationalen | |
Vergleich, ist Sanders anders. Er hat sich gegen die nationale Borniertheit | |
und das Einheitsdenken von Jahrzehnten gestemmt und hat Fenster geöffnet. | |
Er wagte es, die Sozialpolitik des kleinen Dänemark zu loben, an die von | |
Washington organisierten militärischen Umstürze und Einmischungen zu | |
erinnern und eine Stärkung der Diplomatie zu verlangen. Er war auch der | |
einzige Kandidat, der von Israel Respekt für die Rechte der Palästinenser | |
als Gegenleistung für die US-amerikanische Militärhilfe verlangte. | |
Sanders Sprache ist auf eine typisch US-amerikanische Art populistisch. | |
Aber seine Politikvorschläge stammen aus dem Arsenal der Sozialdemokratie. | |
Dazu gehören Löhne, von denen Beschäftigte leben können, Rechte am | |
Arbeitsplatz, soziale Absicherungen und Krankenversicherungen für alle und | |
ein Infrastrukturprogramm für eine neue Klimapolitik. Und natürlich | |
forderte er auch eine Rückkehr der USA in internationale Verträge [3][und | |
Organisationen] und eine Stärkung der UNO. | |
Mit einem Präsidenten Sanders hätte es Hoffnung auf Veränderung in den USA | |
gegeben. Und [4][ein paar Vorwahlen lang] sah es tatsächlich so als, als | |
wäre er der Favorit der Basis. Die Wende kam, als sich Anfang März [5][das | |
Establishment der Demokratischen Partei zusammenschloss], um den | |
demokratischen Sozialisten zu verhindern. In einer Hauruckaktion Anfang | |
März setzte die Partei Joe Biden als Kandidaten durch – einen Mann des | |
Apparats, der alle Fehler der US-Politik der vergangenen Jahrzehnte | |
mitgetragen hat. | |
Sanders hat es nicht geschafft, die afroamerikanische Basis zu gewinnen. | |
Und er ist auch daran gescheitert, den älteren DemokratInnen die Angst vor | |
einem demokratischen Sozialismus zu nehmen. Aber er hat es geschafft, die | |
politische Debatte nachhaltig zu verändern und Joe Biden zu zwingen, | |
zumindest Teile seines Programms zu übernehmen. Sanders hat zudem mehrere | |
Gruppen von jungen Leuten, von Latinos und von GroßstädterInnen in die | |
Politik geholt. Seine Präsidentschaftskandidatur ist gescheitert. Aber | |
seine Bewegung lebt und wird weiter versuchen, die Politik zu verändern. | |
Angesichts einer verpassten historischen Chance ist das ist immerhin ein | |
kleiner Trost. | |
9 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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