# taz.de -- Ferien von Berlin in der Corona-Krise: „Die Affen werden frech“ | |
> Wegen des Lockdown ist ein schwules Ehepaar bei seinem Urlaub in Afrika | |
> gestrandet. Robert Schuh, von Beruf Frisör, erzählt. | |
Bild: „Das Verhältnis zwischen uns und den Tieren wird immer besser“. Rein… | |
Elefanten am Wasserloch, dahinter die feuerrote Sonne, die gerade am | |
Horizont versinkt: Es gibt schlimmere Orte zum Abhängen. Wir sind ein | |
schwules Ehepaar auf Urlaub in Afrika. Vor knapp drei Wochen sind wir im | |
Nordosten von Botswana gestrandet. Mit einem Landrover waren wir auf | |
Safari, als die Nationalparks wegen des Coronavirus geschlossen wurden. Die | |
Betreiber der Elephant Sands Lodge haben uns netterweise Asyl gewährt. | |
Wir sind hier die einzigen Gäste. Alles hat dichtgemacht. Mein Mann, | |
Reinhard Bär, hat in Berlin ein Restaurant, ich selbst bin Frisör. Das war | |
unser Jahresurlaub. Wir sind in der zweiten Märzwoche losgefahren. Es war | |
knapp. Österreich hatte seinen Flughafen gerade gesperrt. Die ersten Tage | |
in Afrika haben wir so gut wie nichts mitbekommen, weil wir kein Internet | |
hatten. [1][Dann prasselte es auf uns ein:] Lockdown, Kontaktsperre. Dass | |
es in Deutschland so heftig kommt, hatten wir nicht erwartet. Wie ich höre, | |
geht der Arsch den kleineren Frisören allmählich auf Grundeis, auch wenn es | |
Zuschüsse für den Geschäftsausfall gibt. | |
Seit zwei Wochen hätten wir eigentlich wieder zurück in Berlin sein müssen. | |
Wir haben ein Angebot gehabt: einen Flug von Gaborone, der Hauptstadt von | |
Botswana, der allerdings 4.000 Euro pro Person gekostet hätte. Wir sehen | |
jetzt zu, dass wir nach Sambia kommen. Dort gibt es keinen Lockdown. Es | |
soll dort Flüge ab 1.000 Euro geben. | |
Das Coronavirus ist in Botswana auch angekommen. Die Rede ist von 13 | |
Infektionsfällen in Gaborone. Hier in der Lodge sind wir zum Glück weit weg | |
davon. | |
## Kampf zwischen Elefant und Löwe | |
Normalerweise, würde ich schätzen, sind hier bis zu 100 Touristen. Es gibt | |
20 Hütten, dazu kommen die Caravan-Stellplätze und Campingplätze. Die Tiere | |
merken genau, dass nichts mehr los ist, einige kommen mittlerweile mitten | |
ins Camp: die Mangusten und die Impalas. Gestern Nacht gab es einen Kampf | |
zwischen einem Elefanten und einem Löwen. Sehen konnten wir das nicht, aber | |
hören! | |
Die Trockenheit der letzten Jahre ist ein riesiges Problem. Auch deshalb | |
kommen die Tiere näher. Die Affen werden richtig frech. Kürzlich haben sie | |
ein Kissen zerfetzt, weil ich die Tür der Hütte offen gelassen hatte. | |
Elefanten fangen an, die Duschen zu zerlegen. Einer hat ganz dicht neben | |
mir mit seinem Rüssel eine Wasserlache aufgesaugt. All das erlebt man | |
nicht, wenn viele Touristen hier sind. Das Verhältnis zwischen uns und den | |
Tieren wird immer besser. | |
Nein, ich zähle nicht die Tage. In Deutschland könnte ich zurzeit ja auch | |
nicht arbeiten. Hier in der Lodge fühlen wir uns schon fast zur Familie | |
zugehörig. Eigentlich könnten wir auch Weihnachten zusammen feiern, | |
scherzen wir manchmal. | |
## Keine Sorge ums Geschäft | |
Mit der Dorfbevölkerung gibt es wegen der Elefanten Konflikte. Die | |
Betreiber der Lodge versuchen, die Tiere deshalb mithilfe von Wasserlöchern | |
zurück in den Busch zu locken. Normalerweise finanzieren sie den Diesel für | |
die Pumpen zum Befüllen der Löcher aus den Tourismuseinnahmen. | |
Aber das geht jetzt nicht mehr. Auf absehbare Zeit wird hier wohl keiner | |
mehr herkommen. Damit die Tiere weiter mit Wasser versorgt werden können, | |
haben wir in unserem Freundeskreis einen Spendenaufruf gestartet. Der | |
einzige Vorteil ist, dass nun auch die Jäger nicht mehr kommen. In Botswana | |
dürfen Elefanten wieder bejagt werden. Es soll Deutsche geben, die hier für | |
Tausende Euro Elefanten abknallen. | |
Heute kam die Nachricht, dass die Frisöre in Berlin am 4. Mai wieder | |
aufmachen können. Das werde ich nicht schaffen, selbst wenn wir in den | |
nächsten Tagen einen Rückflug bekommen sollten. Wie alle, die aus dem | |
Ausland zurückkommen, werden wir zu Hause noch zwei Wochen in Quarantäne | |
verbringen müssen. Wärst du doch in Afrika geblieben, werde ich dann sagen. | |
Sorgen um mein Frisörgeschäft habe ich nicht. Dazu werde ich viel zu | |
sehnsüchtig erwartet. | |
Robert Schuh wurde 1977 in Wien geboren. Seit 1998 arbeitet er in Berlin | |
als Frisör. Siehe auch [2][berlinfolgen-taz.de] | |
17 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Corona-Tagebuch-der-Hauptstadt/!5671055&s=Corona+tagebuch/ | |
[2] http://berlinfolgen.2470media.eu/chapter-detail.97.de.html?tfs%5BchapterId%… | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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