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# taz.de -- Bayer stellt Malariamittel her: Nicht klinisch bestätigt
> Im Kampf gegen das Coronavirus fährt Bayer die Produktion des Medikaments
> Resochin hoch. Die Wirksamkeit ist aber noch unklar.
Bild: Wann und wo welche Menge produziert werden könne, werde derzeit noch gek…
Berlin taz | Am Donnerstag kündete Bayer-Chef Werner Baumann im Interview
mit dem Handelsblatt an, das Medikament Resochin mit dem Wirkstoff
Chloroquin nun auch in Europa herstellen zu wollen. Grund hierfür seien die
wachsende Nachfrage und steigender politischer Druck.
Bisher wurde das Mittel nur in Pakistan gefertigt, nun passe man auch
europäische Produktionsanlagen an. „Wann und wo wir welche Mengen
produzieren können, beziehungsweise werden, klären derzeit unsere Experten
in Produktion und Logistik“, teilte der Pharmakonzern auf Anfrage mit.
Indes hat die Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten, die Herausgabe
und Verschreibung zweier Malariawirkstoffe – Chloroquin und
Hydroxychloroquin – „durch Ärzte an im Krankenhaus liegende Jugendliche und
Erwachsene mit Covid-19 genehmigt“. Dies erklärte das amerikanische
Gesundheitsministerium vergangenen Sonntag.
Bereits Mitte März hatte der US-Präsident Trump ein neues Medikament als
„game changer“ im Kampf gegen Covid-19 angekündigt. Der Wirkstoff
Chloroquin wurde bereits in den 1930ern zur Malariaprophylaxe entwickelt,
könnte sich nun aber auch im Kampf gegen Covid-19 beweisen. Trump habe
„einfach ein Gefühl“, dass das Medikament gegen das Virus helfen könnte.
## Wirkstoffe mit Nebenwirkungen
Derzeit gibt es noch keine wissenschaftlichen Tests, die die Wirksamkeit
des Medikaments in der Behandlung gegen Covid-19 nachhaltig belegen. Viele
Expert*innen warnen nun davor, das Medikament vorschnell, ohne Bestätigung
größerer klinische Tests einzusetzen, zumal beide Wirkstoffe erhebliche
Nebenwirkungen hervorrufen können.
Studien aus [1][China] und [2][Frankreich] die eine erste Wirksamkeit der
Wirkstoffe Chloroquin und Hydroxychloroquin, andeuten, sollte man mit
Vorsicht betrachten. Daten, die den Behauptungen der chinesischen
Forscher*innen zugrunde liegen, wurden bislang nicht veröffentlicht. Trotz
enger Zusammenarbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit den
chinesischen Kolleg*innen in der Mission in Genf habe es laut Angaben der
WHO noch keine Weitergabe der Daten der Chloroquin-Studien gegeben.
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité
Berlin, warnt vor frühzeitiger Euphorie: Man wisse schon lange, dass
Chloroquin gegen das alte Coronavirus in Zellkultur wirke. Das Mittel soll
optimalerweise jedoch nicht nur in der Petrischale, sondern auch in der
Lunge des Patienten wirken. „Das ist jedoch viel komplizierter“, so
Drosten.
Die Studie aus Marseille sei laut Drosten ebenfalls kritisch zu betrachten.
Das Problem der Studie: Versuchs- und Kontrollgruppe waren sehr
unterschiedlich zusammengesetzt – beispielsweise was Alter und
Krankheitsverlauf angehe. Darüber hinaus wurde das Virus im Hals gemessen
und nicht in der Lunge, was laut Drosten „die größte Fehl-Annahme der
gesamten Studie“ sei.
## Virus wurde falsch gemessen
Nun werden großflächige klinische Studien geplant, in denen die beiden
Malaria-Wirkstoffe auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Der Wirkstoff
Chloroquin soll unter anderem im Rahmen einer groß angelegten Studie der
WHO überprüft werden. Mitwirken sollen unter anderem medizinische
Einrichtungen aus Argentinien, Iran und Südafrika.
Europa und Großbritannien starten parallel dazu eine Studie mit ähnlichem
Aufbau. Unter Teilnahmen von 3.200 Patient*innen aus Deutschland, Belgien,
Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien, Schweden und
Großbritannien wird der Wirkstoff Hydroxychloroquin geprüft.
Grund für den Hype um das Anti-Malaria-Mittel: Da beide Wirkstoffe in
Deutschland bereits zugelassen sind, fällt die Zeit für die Entwicklung
weg. Trotzdem muss geprüft werden, ob sie für die Behandlung gegen Covid-19
geeignet sind.
Rolf Hömke, Sprecher des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller,
erwartet, dass sich angesichts der geplanten großflächigen Studien „binnen
Wochen bis einigen Monaten klären wird, ob und wie die Medikamente
eingesetzt werden können.“
Immerhin. Denn die Aussicht auf einen passenden Impfstoff liegt in weiter
Ferne. „Ich wäre der glücklichste Gesundheitsminister der Welt, wenn wir in
drei oder sechs Monaten einen Impfstoff hätten. Ich bin aber auch Realist
genug und genug von Fachleuten beraten, um zu wissen, es kann auch zwölf
Monate dauern“, sagte Gesundheitsminister Spahn am Freitag bei Bild Live.
Umso größer nun die Hoffnungen, die auf der Suche eines passenden
Medikaments lasten.
3 Apr 2020
## LINKS
[1] https://www.jstage.jst.go.jp/article/bst/14/1/14_2020.01047/_article
[2] http://www.mediterranee-infection.com/wp-content/uploads/2020/03/Hydroxychl…
## AUTOREN
Luisa Kuhn
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