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# taz.de -- Rechtsanwältin Beate Bahner: Gegen die Corona-„Tyrannei“
> Sie war die juristische Hoffnung der Corona-Skeptiker. Doch nun ermittelt
> die Polizei und Juristin Beate Bahner plant den persönlichen „Shutdown“.
Bild: „Angriffskrieg auf unsere Grundrechte“? Szene im Berliner Volkspark F…
Freiburg taz | Die Corona-Skeptiker hatten eine neue Heldin. Neben dem
Lungenarzt [1][Wolfgang Wodarg] war in den letzten Wochen die Heidelberger
Rechtsanwältin Beate Bahner in den Vordergrund gerückt. Am 7. April
veröffentlichte sie eine [2][Analyse], die seither in den sozialen
Netzwerken zigtausendfach geteilt wurde: „Beate Bahner erklärt, warum der
Shutdown verfassungswidrig ist und warum dies der größte Rechtsskandal ist,
den die Bundesrepublik Deutschland je erlebt hat“, so der etwas sperrige
und unbescheidene Titel.
Bahners Grundbotschaft lautet: „Bei Epidemien werden die Kranken isoliert,
nicht die Gesunden.“ Dagegen beträfen die Corona-Ausgangsbeschränkungen und
die Schließung vieler Geschäfte und Einrichtungen „83 Millionen gesunde
Menschen“. Bahner wertet die Corona-Verordnungen aller Bundesländer als
„schreiendes Unrecht“, als „Tyrannei“ und „eklatant verfassungswidrig…
In ihrer 19-seitigen Streitschrift kündigte Bahner an, die
Corona-Verordnungen rechtlich prüfen zu lassen. Sie habe „das große
Vertrauen, dass spätestens die Gerichte diesen fundamentalen Angriff auf
die Grundrechte“ abwehren.
Bahners Vorstoß kam wie aus dem Nichts. Sie hatte 25 Jahre als
Rechtsanwältin gearbeitet, war aber immer Spezialistin. Sie darf sich
„Fachanwältin für Medizinrecht“ nennen, ihre Spezialgebiete sind das
„Werberecht für Ärzte“, „Korruption im Gesundheitswesen“ und „Recht…
Bereitschaftsdienst“. Expertin für Infektionsschutzrecht ist sie nicht.
Nach eigener Angabe musste sie ihr Manifest ohne Fachliteratur verfassen,
weil die Bibliotheken geschlossen seien.
## Eilantrag in Karlsruhe
Ihr medizinischer Ausgangspunkt ist einfach: Das Coronavirus habe nur
„grippeähnliche Auswirkungen“, es sei nur „angeblich“ ein Killervirus.…
die massiven Freiheitsbeschränkungen „nicht notwendig“ seien, diese Ansicht
vertrete die „überwiegende Mehrheit der Epidemiologen“. Letzteres behauptet
sie ohne Beleg, es ist auch ziemlich offensichtlich falsch.
Juristisch wirft Bahner den Landesregierungen vor, ihre Corona-Verordnungen
seien nicht vom Infektionsschutzgesetz gedeckt. Maßnahmen der
Gesundheitsbehörden wie Quarantäne-Anordnungen und Tätigkeitsverbote
dürften sich nur gegen Kranke und Krankheitsverdächtige richten, nicht
gegen Gesunde. Bahner räumt zwar ein, dass das Gesetz auch erlaubt,
Veranstaltungen und Ansammlungen zu verbieten sowie Bäder, Kindergärten und
Schulen zu schließen. Doch das gelte nur „im Einzelfall“, so Bahner, also
nicht landesweit.
Am vorigen Mittwoch (8. April) erhob die Anwältin einen
Normenkontrollantrag gegen die baden-württembergische Corona-Verordnung
beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim. Am gleichen Tag beantragte
Bahner beim Bundesverfassungsgericht einstweilige Anordnungen gegen die
Corona-Verordnungen „aller 16 Bundesländer“.
In diesen Schriftsätzen wird die Anwältin immer wieder polemisch und
spricht etwa vom „Angriffskrieg auf unsere Grundrechte“. Die angebliche
„Panikmache“ von Regierungen und Medien bezeichnet Bahner als „Propaganda,
wie Deutschland sie zuletzt im Dritten Reich erlebt hat“. Besuchsverbote
für Heimbewohner vergleicht sie mit der „Verfolgung und Ermordung der
Juden“.
Nur zwei Tage später wies das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag
Bahners ab. Sie habe nicht dargelegt, wie sie von den Verordnungen in allen
16 Bundesländern betroffen sein könne. Außerdem habe sie in
Baden-Württemberg nicht den Ausgang des Verfahrens am VGH Mannheim
abgewartet. Bisher hat der VGH wohl noch nicht entschieden.
Große Hoffnungen braucht Bahner sich aber auch nicht zu machen. Das
Infektionsschutzgesetz (IfSG) ermächtigt die Behörden zu den „notwendigen
Schutzmaßnahmen“. Nach Ansicht der großen Mehrheit der Virologen und
Epidemiologen sind Maßnahmen erforderlich, die die Kontakte der ganzen
Bevölkerung reduzieren. So soll verhindert werden, dass Menschen, die gar
nicht wissen, dass sie infiziert sind, andere anstecken. Sonst könnten
alsbald die Intensivstationen der Krankenhäuser überfordert sein.
## Nur Maßnahmen gegen Kranke?
Ende März hat der Bundestag im IfSG zudem klargestellt, dass auch
allgemeine [3][Ausgangsbeschränkungen] angeordnet werden können. Und der
VGH Mannheim hat vorige Woche in einem anderen Eilfall (es ging um ein
Fitnessstudio) entschieden, dass auch Einrichtungen geschlossen werden
können, wenn dort noch niemand erkrankt ist. Das Hauptargument Bahners, das
Gesetz erlaube im Kern nur Maßnahmen gegen Kranke, steht also auf sehr
wackligen Füßen.
Inzwischen hat Bahner allerdings ganz anderen Ärger. Die Staatsanwaltschaft
Heidelberg und die dortige Kriminalpolizei ermitteln gegen sie wegen
„öffentlicher Aufforderung zu rechtswidrigen Taten“. In ihrer Streitschrift
vom 7. April hatte sie zu bundesweiten [4][Demonstrationen] am 11. April
aufgerufen. Motto der Kundgebungen „Coronoia 2020 – Nie wieder mit uns. Wir
stehen heute auf!“ Die Ermittler halten den Aufruf für strafbar, weil die
Corona-Verordnungen auch politische Kundgebungen fast überall verbieten. Am
kommenden Mittwoch soll Bahner um 13 Uhr bei der Kripo Heidelberg Stellung
zu den eher kleinlichen Vorwürfen beziehen.
Zudem ersuchte die Heidelberger Polizei am Donnerstag (9. April) den
Internetprovider 1&1, die Webseite von Bahner vorübergehend vom Netz zu
nehmen. So sollte die „fortgesetzte Begehung von Straftaten“ verhindert
werden. Auch hier ging es um den Demo-Aufruf. Die Maßnahme wurde auf das
baden-württembergische Polizeigesetz gestützt. 1&1 kam zunächst der Bitte
nach, doch schon am Freitag war Bahners Webseite wieder online. Die Polizei
konnte nicht sagen, warum.
## Immer merkwürdigere Postings
Unterdessen wurden die Posts auf Bahners Webseite immer eigentümlicher. Am
Freitag (10. April) schrieb die Anwältin einen offenen Brief an die
Schriftstellerin Juli Zeh: „Bitte unterstützen Sie mich dringend und
übernehmen Sie.“ Sie könne nicht allein die Welt retten und müsse sich
jetzt endlich wieder um ihren kleinen Hund kümmern.
Noch am selben Tag, nach der Ablehnung ihres Eilantrags beim
Bundesverfassungsgericht, erklärte Bahner spontan, sie gebe jetzt ihre
Anwaltszulassung zurück. „In dieser Diktatur kann auch ich leider nichts
mehr für Sie tun“, schrieb sie ihren Unterstützern.
Am Samstag (11. April) veröffentlichte Bahner dann – passend zu Ostern –
eine „Corona-Auferstehungs-Verordnung“, in der alle geschlossenen
Einrichtungen wieder geöffnet wurden. Am Ende des Paragrafenwerks heißt es:
„Beschlossen und verkündet durch Beate Bahner.“ Zudem kündigte sie an, da…
sie ihre Anwaltszulassung doch behalten will. Die Polizei prüft noch, ob
die Fake-Verordnung gegen Gesetze verstößt.
Am Sonntag (12. April) erschien nun das bisher letzte Schreiben Bahners, in
dem sie ihren eigenen „Shutdown“ ankündigt. Sie müsse sich „ein paar Wo…
erholen“ und ihr „Leben neu sortieren“. Frühestens im Mai sei sie wieder
ansprechbar. Auf Twitter wurde spekuliert, ob Beate Bahner ein Kunstprojekt
sei oder ob sie psychische Probleme habe. Auf Anfragen reagierte die
Anwältin nicht.
13 Apr 2020
## LINKS
[1] /Lungenarzt-zu-Corona/!5669085
[2] http://beatebahner.de/lib.medien/Erklaerung%20Beate%20Bahner%207.4.2020.pdf
[3] /Massnahmen-gegen-die-Corona-Ausbreitung/!5673168
[4] /Jura-Professor-ueber-Demo-Verbote/!5677512
## AUTOREN
Christian Rath
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