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# taz.de -- Extremsport im Homeoffice: Dreikampf auf der Stelle
> Triathlet Jan Frodeno hat über Ostern einen Ironman absolviert – in
> seinem Haus. Das war gut für die Form, das Image und seinen
> Corona-Spendenfonds.
Bild: Kraulen im 13 Grad kalten Wasser: Jan Frodeno in der Gegenstromanlage
Hinter dem Triathleten Jan Frodeno liegt das ungewöhnlichste, aber wohl
auch einprägsamste Osterfest seines bisherigen sportlichen Lebens. Genauso
geschafft war danach sein Manager Felix Rüdiger. Die beiden 38-Jährigen,
seit einer gemeinsamen Zeit am Olympiastützpunkt Saarbrücken
freundschaftlich wie geschäftlich eng miteinander verbandelt, kümmerten
sich am Tag danach um die Familien, um ein wenig zu entspannen. Denn auch
organisatorisch war die am Ostersamstag zelebrierte Premiere für einen
„Ironman daheim“ ein besonderer Kraftakt, galt es doch 3,8 Kilometer
Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen zu
absolvieren – in einem eigenen Pool, auf einem Rollentrainer und einem
Laufband in einem Anwesen am Rande der spanischen Stadt Girona, all das
live und virtuell erlebbar, um Hilfsgelder im Kampf gegen die Coronakrise
einzusammeln.
Für den [1][dreifachen Hawaii-Champion Jan Frodeno] hatte der
außergewöhnliche Tag um acht Uhr morgens mit dem Schwimmen in einem kleinen
Becken begonnen, in dem kurz vor den rigiden Ausgangsbeschränkungen noch
eine Gegenstromanlage installiert wurde. Dass Hund Duke das ins 13 Grad
kalte Wasser steigende Herrchen spektisch anbellte, nahm der
Ironman-Weltmeister ebenso erfreut auf wie die sich von Minute zu Minute
steigernde Spendensumme.
Mit der Zielankunft waren immerhin 200.500 Euro zusammengekommen. Der
Gesamtbetrag wird sich wohl noch deutlich erhöhen, ist die [2][Plattform],
auf der auch ein exklusiver Trainingstag mit Frodeno als Losgewinn lockt,
noch bis zum 30. Mai freigeschaltet. Der eine Teil des Geldes geht als
Soforthilfe für Helfer, Ärzte und betroffene Menschen des Coronavirus in
Frodenos Wahlheimat, wo es an Atemmasken oder Schutzkleidung fehlt. Der
andere Teil fließt in die Organisation „Laureus Sports for Good“, die
sozial-sportpädagogische Projekte nach der Krise anstoßen will.
„Keine Weltrekorde gebrochen, aber es gibt keine Worte dafür, was heute
passiert ist“, sagte Frodeno ergriffen, als er nach 8:33:40 Stunden die
Fäuste geballt hatte, obwohl die Zeit ja zweitrangig war. „Ich bin
überwältigt von der Unterstützung. Danke an alle, die online unterstützt,
zugeschaut, gespendet, geradelt oder gelaufen sind. Vielleicht sogar
geschwommen.“ Zwar hatte er nicht direkt dazu ermuntert, ihn nachzuahmen,
aber rund 1.000 Mitstreiter ließen es sich nicht nehmen, über das
Simulationsprogramm Zwift sich beim Radfahren und Laufen in den digitalen
Windschatten zu begeben.
## Plaudern mit Mario Götze und Boris Becker
Weltweit verfolgten Hunderttausende den über diverse Kanäle verbreiteten
Live-Stream, den Massenblätter wie Bild oder Marca geschaltet hatten.
Rüdiger hatte technisches Equipment aus Deutschland geliefert, um die
Aktion ins rechte Bild zu rücken. Der Manager koordinierte aus Saarbrücken
den Gesamtauftritt, die Bildmischung erfolgte über die Plattformbetreiber
aus London, die Fragen zum „Tri@home“ überbrachte der gleich in der Nähe
der Frodeno-Familie lebende Triathlon-Moderator Till Schenk, der auch die
zugeschaltete Sportprominenz begrüßte.
Die Fußballweltmeister Mario Götze und André Schürrle, Tennis-Ikone Boris
Becker und Kollegin Andrea Petkovic, Zeitfahrweltmeister Fabian Cancellara
oder Triathlonkonkurrent Sebastian Kienle plauderten mit dem schwitzenden
Hauptdarsteller, der seine Stimmbänder mindestens ebenso strapazierte wie
seine Muskeln. Ehefrau Emma brachte derweil Kaffee und selbst gebackenes
Bananenbrot, dessen Rezeptur in einem Einspielfilmchen verraten wurde: Zu
den Zutaten gehören nämlich auch zwei Esslöffel Bier. Not macht vielleicht
auch in kulinarischer Hinsicht erfinderisch. „Das ist der erste Ironman,
bei dem ich mehr Kalorien zu mir nehme, als ich verbrenne“, scherzte der
Triathlon-Olympiasieger von 2008 zwischendrin.
Mental sei es ansonsten eine große Herausforderung gewesen, „diese 226
Kilometer zu bewältigen, ohne mich mehr als fünf Meter von der Stelle zu
bewegen“. Deshalb habe er auch nicht vor, diese Grenzerfahrung in der
Isolation zu wiederholen. Vielleicht bleibt ihm aber bald gar nichts
anderes übrig.
Die gerade an amerikanische Besitzer verkaufte Triathlon-Dachmarke Ironman
mit ihren global mehr als 200 Veranstaltungen hält an mittlerweile
realitätsfremd anmutenden Plänen fest, dass sich die Triathleten noch in
diesem Jahr in weltumspannenden Rennen für den Höhepunkt am 10. Oktober auf
Hawaii qualifizieren. Kürzlich wurden die Kriterien insofern aufgeweicht,
als erstmals Startberechtigungen über ein sogenanntes Legacy-Programm
erteilt werden. Vielleicht sind schon bald Slots über einen wie auch immer
gearteten Heim-Ironman keine Utopie mehr. Jan Frodeno wäre der Konkurrenz
mit seinem Osterfest 2020 schon wieder voraus.
13 Apr 2020
## LINKS
[1] /Frodeno-gewinnt-beim-Ironman-Hawaii/!5237533&s=Frodeno/
[2] https://www.viprize.org/frodeno
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
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