| # taz.de -- In Berlin haben auch die Baumärkte auf: Ein Stück Normalität | |
| > Viele Berliner scheinen derzeit zu renovieren. Doch im Gegensatz zu den | |
| > Supermärkten geht es in den Baumärkten gelassener zu. Eine | |
| > Momentaufnahme. | |
| Bild: Wartegemeinschaft vor Baumarkt in Schöneberg | |
| Berlin taz | Nach dem Klopapierrausch ist vor dem Heimwerkerrausch. Wenn | |
| sogar Aldi kurzzeitig sein Sortiment umbaut und plötzlich Farbe und | |
| Renovierungsbedarf verkauft, muss was zu holen sein: Nach Nudeln, Klopapier | |
| und Seife hamstern Berliner:innen nun Heimwerkerbedarf. | |
| Wenn Sie in der vergangenen Woche nach Schleifkork und Lackpinseln gesucht | |
| haben, wissen Sie, wovon die Rede ist: Viele nutzen die Pandemie offenbar, | |
| um zu renovieren und ordentlich auszumisten. Dafür sprechen sowohl | |
| Schlangen vor den Baumärkten als auch sich vor BSR-Recyclinghöfen stauende | |
| Autokorsos, die ihrem Keller-Inhalt endlich loswerden wollen. | |
| Um die Massen in Zaum zu halten, stehen vor einem Baumarkt in Köpenick zwei | |
| Studierende. Die wiederum nutzen ihre verlängerten Semesterferien dafür, um | |
| sich nicht an den Infektionsschutz haltende Kund:innen zurecht zu weisen. | |
| Ihre Unterhaltung über die verlängerten Semesterferien unterbrechen sie | |
| nur, wenn sich jemand vordrängeln will. | |
| Dann spulen sie wohltuend seelenruhig ihr ewiges Mantra ab: „Sie dürfen nur | |
| mit Einkaufswagen in den Markt, da hinten ist das Ende der Schlange, Sie | |
| müssen warten, bis ein Kunde mit Wagen wieder herauskommt, bevor sie rein | |
| dürfen, bitte beachten Sie den Sicherheitsabstand von 1,50 Meter.“ | |
| ## Schmallippig wie eh und je | |
| Auch sonst ist der Service erstklassig. Jedes mal, wenn ein Kunde aus dem | |
| Baumarkt kommt, desinfiziert ein Student mit einer Sprühflasche die | |
| Grifffläche des Einkaufswagens, bevor er diesen weiterreicht. Auch | |
| Handschuhe dürfen Kund:innen sich nehmen. Desinfektionsmittel steht am | |
| Eingang ebenfalls bereit. | |
| Entgegen der Erwartung ist das Baumarktinnere nicht so eine Kampfzone wie | |
| der Supermarkt: Irgendwie scheint sich die Welt hier etwas langsamer zu | |
| drehen. Aufgrund der harten Türpolitik sind weniger Kunden als sonst hier. | |
| Die Fahrstuhlmusik ist gefühlt etwas leiser – lediglich die in | |
| Dauerschleife abgespielten Werbespots auf Mini-Bildschirmen nerven wie | |
| sonst auch. Und auch die Baumarkt-Mitarbeiter sind herablassend und | |
| schmallippig wie eh und je. Ein Stück Normalität in der Krise. | |
| Etwas zurückgelehnt ist der Besuch im Baumarkt dann doch sogar eine | |
| erholsame Abwechslung. Viele Regale scheinen zwar leerer zu sein, aber das | |
| meiste ist doch noch erhältlich. Vergriffen sind allerdings das Malerkrepp | |
| und die günstige Farbe für Innenräume. | |
| Umso schöner, dass man die Malerarbeiten noch etwas aufschieben kann und | |
| sich dieses Schauspiel im nächsten Baumarkt gleich noch einmal anschauen | |
| darf. | |
| 10 Apr 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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