| # taz.de -- Fatale Trainingsbedingungen: „Das wären keine fairen Spiele“ | |
| > Der US-Schwimmtrainer David Marsh erklärt, weshalb die Olympischen Spiele | |
| > unbedingt nächstes Jahr stattfinden sollten. | |
| Bild: Knappe Trainingsmöglichkeiten: Schwimmbäder sind auch für Profisportle… | |
| taz: Herr Marsh, gerade hat IOC-Mitglied Dick Pound bekannt gegeben, dass | |
| die Olympischen Spiele mit großer Wahrscheinlichkeit verschoben werden. Was | |
| halten Sie von dieser Entscheidung? | |
| David Marsh: Es ist die absolut richtige Entscheidung. So lange die Spiele | |
| nicht abgesagt werden, versuchen die Athleten mit allen Mitteln, ihr Niveau | |
| zu halten, und gehen damit große Risiken für ihre Gesundheit ein. Wir | |
| schwimmen in öffentlichen Bädern, wir machen in Fitnessstudios | |
| Krafttraining, wir müssen zu den Trainingsstätten fahren. Ich bin deshalb | |
| froh, dass die Entscheidung jetzt hoffentlich schnell kommt, [1][nachdem | |
| Kanada] und Australien die Initiative ergriffen haben. Vorgestern hieß es | |
| noch, das IOC braucht vier Wochen, um sich zu entscheiden. Das wäre | |
| verrückt gewesen. | |
| Wie sind Ihre Athleten in den vergangenen Wochen mit der Unsicherheit | |
| umgegangen? | |
| Die Situation hat sich für uns jeden Tag geändert. Zunächst einmal haben | |
| wir Tag für Tag dazulernen müssen, wie ernst die Lage ist. Dann sind unsere | |
| Trainingsbedingungen jeden Tag schlechter geworden. Zuerst hatten wir zwei | |
| wundervolle Bäder, in denen wir trainieren konnten. Dann war es nur noch | |
| eines. In den letzten Tagen haben wir in einem 12 Meter langen Pool in | |
| einem Apartmentgebäude trainiert und haben per Videokonferenz | |
| Fitnesstraining gemacht. Viele meiner Schwimmer haben sich auch | |
| Neoprenanzüge gekauft und schwimmen im Pazifik, obwohl der im Moment gerade | |
| einmal 12 Grad hat. | |
| Konnten sich die Sportler unter diesen Umständen noch motivieren? | |
| Es gab einige, die haben Schwierigkeiten mit der Motivation und der | |
| Konzentration gehabt. Die Deutschen Marius Kusch und Jacob Heidtmann hatten | |
| diese Probleme nicht. Das sind zwei der motiviertesten Schwimmer, mit denen | |
| ich je gearbeitet habe. Ich musste sie eher noch bremsen. | |
| Wie geht es jetzt weiter? | |
| Das weiß im Moment niemand so genau. Wir müssen jetzt erst einmal | |
| durchatmen. Für die beiden deutschen Schwimmer ist die große Frage, ob sie | |
| von ihrem Verband weiter gefördert werden, wenn die Spiele verschoben | |
| werden. Wenn nicht, können sie beide nicht hier bleiben und bei uns | |
| weitertrainieren. | |
| Wie haben die Sportler auf die Ankündigung reagiert, dass die Spiele | |
| vermutlich verschoben werden? | |
| Sogar meine älteren Schwimmer, denen die Zeit wegläuft, haben gesagt, dass | |
| es keine gute Idee gewesen wäre, die Spiele in diesem Jahr abzuhalten. | |
| Allein schon aus dem Grund, dass nicht mehr überall [2][Dopingtests] | |
| durchgeführt werden können. Das wären keine fairen Spiele gewesen. | |
| Was wäre für Sie der beste Zeitpunkt für die Spiele? | |
| 2021 wäre der perfekte Zeitrahmen. Das würde den Sportlern erlauben, jetzt | |
| Pause zu machen, sich auf ihre Gesundheit zu konzentrieren und dann wieder | |
| voll in das Training einzusteigen, sobald sich die Dinge beruhigt haben. | |
| Ein Jahr lang kann man das Niveau halten, das man sich aufgebaut hat. Zwei | |
| Jahre wäre schwieriger, dann würden viele Sportler aufhören. Viele könnten | |
| es auch nicht mehr finanzieren, ihre Lebensumstände nicht mehr | |
| aufrechterhalten. Außerdem wird ja die Konkurrenz durch jüngere Sportler | |
| immer größer. | |
| Was machen Ihre Sportler jetzt, wenn die Spiele verschoben werden und sie | |
| nicht trainieren können? | |
| Sie sollen sich erst einmal erholen und Verletzungen auskurieren. Natürlich | |
| müssen Sie sich auch fithalten. Ich habe ihnen aber auch gesagt, dass sie | |
| die Zeit dazu nutzen sollen, etwas für ihre Zukunft zu tun und sich damit | |
| auseinanderzusetzen, was sie nach Olympia mit ihrem Leben machen wollen. | |
| 25 Mar 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sebastian Moll | |
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