# taz.de -- Kaderkarussell in der Ukraine: Der Generalstaatsanwalt ist weg | |
> Das Parlament spricht Ruslan Rjaboschapka das Misstrauen aus: Zu wenig | |
> Ergebnisse, heißt es offiziell. Doch es geht wohl um mangelnde Loyalität. | |
Bild: Muss abtreten: der ukrainische Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka | |
Kiew taz | Nach der [1][Regierungsumbildung] in dieser Woche hat am | |
Donnerstag eine Mehrheit von 263 Abgeordneten des ukrainischen Parlaments | |
dem als prowestlich geltenden Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka das | |
Mißtrauen ausgesprochen. Da 44 Abgeordnete der Regierungspartei „Diener des | |
Volkes“ nicht an der Abstimmung teilgenommen hatten oder gegen den Antrag | |
stimmten, war man bei der Entlassung des Generalstaatsanwaltes auch auf die | |
Stimmen der prorussischen „Oppositionsplattform für das Leben“ und anderer | |
Abgeordnetengruppen angewiesen. | |
Rjaboschapka, so [2][Präsident Wolodimir Selenski], sei zwar ein guter | |
Fachmann, doch er „bringt keine Ergebnisse“. Personen, die keine Ergebnisse | |
brächten, zitiert das Internet-Portal inforesist.org den Präsidenten, müsse | |
man eben auswechseln. | |
Das Internetprotal „Ukrainska Prawda“ und David Arachamia, Fraktionschef | |
der „Diener des Volkes“, vermuten, dass ein Grund der Entlassung von | |
Rjaboschapka dessen Weigerung sein könnte, Ermittlungen gegen den früheren | |
Präsidenten Petro Poroschenko einzuleiten. | |
Rjaboschapka selbst bestritt in einem Redebeitrag auf der | |
Parlamentssitzung, dass man ihn zu Ermittlungen gegen Poroschenko habe | |
zwingen wollen. Kurz vor der Abstimmung stellte sich der Vater der 2018 | |
ermordeten Jungpolitikerin Katja Handsjuk hinter Rjaboschapka. Dessen | |
Ermittlungen hätten ihm Hoffnung gemacht, dass die Mörder seiner Tochter | |
zur Verantwortung gezogen würden. | |
## Mangelnde Loyalität | |
Nach der Rede von Rjaboschapka am Donnerstag in der Rada drängt sich der | |
Verdacht auf, dass der Mann, den Wolodimir Selenski noch in seinem | |
Telefonat im Sommer 2019 mit Donald Trump als „zu 100 Prozent mein Mann“ | |
bezeichnet hatte, weniger wegen fehlender Ergebnisse als vielmehr | |
mangelnder Loyalität entlassen wurde. | |
In seiner Amtszeit, so Rjaboschapka, seien 729 Staatsanwälte entlassen, | |
sieben Polizeibeamte wegen Folter verurteilt, über 3000 Ermittlungen wegen | |
illegalen Holzfällens eingeleitet worden sowie 60 Personen deswegen zur | |
Verantwortung gezogen worden. 1200 Verfahren wegen Korruption seien | |
eingeleitet worden, 900 Personen warteten deswegen auf eine | |
Gerichtsverhandlung. | |
„Einen unabhängigen Staatsanwalt“ so Rjaboschapka am Ende seiner Rede, | |
„kann man zu nichts zwingen. Man kann ihn nur entlassen.“ Offensichtlich | |
haben die „Diener des Volkes“ schon einen Nachfolger auserkoren. Seine | |
Fraktion werde für Serhij Ionuschas stimmen, kündigte der Fraktionschef der | |
„Diener des Volkes“ Arachamia gegenüber Interfax an. | |
Mit Ionuschas, ehemaliger Rechtsanwalt von Wolodimir Selenskis | |
Kabarettgruppe „Quartal 95“ und derzeit Abgeordneter der „Diener des | |
Volkes“, dürfte es weniger Loyalitätskonflikte geben. | |
6 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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Alexej Gontscharuk | |
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