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# taz.de -- Coronavirus ante portas: Notfall geht langsam viral
> [Update 26.02.] Covid-19 könnte schnell in Berlin sein. Bei den
> medizinischen Einrichtungen schwankt das Bild zwischen Vorbereitung und
> Überforderung.
Bild: Sieht man noch extrem selten in Berlin: „Mund-Nasen-Schutz“ in Aktion
[Update 26.02.] Die Senatsgesundheitsverwaltung hat am Mittwoch [1][neue
Empfehlungen] für die so genannten vulnerablen Gruppen – wie Menschen über
60 und chronisch Kranke – herausgegeben: Weil das Gesundheitsrisiko
besonders hoch sei, wenn eine Coronavirus-Infektion eine bereits vorhandene
Lungenerkrankung überlagere, sollten sich Menschen aus diesen Gruppe jetzt
gegen Pneumokokken und Keuchhusten impfen lassen.
Die Gesundheitsverwaltung begrüßte die vom Robert-Koch-Institut ausgegebene
[2][Ausweitung des „Risikogebiets“]. Wer sich dort in den vergangenen 14
Tagen aufgehalten hat oder Kontakt zu Personen aus diesem Gebiet hatte,
soll bei Symptomen das Gesundheitsamt anrufen. Dasselbe gilt für alle, die
in den vergangenen 14 Tagen Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten. Wer
im Risikogebiet war oder mit Menschen von dort Kontakt hatte, aber
symptomfrei ist, „kann ebenfalls eine Abklärung vornehmen lassen“, etwa
beim Hausarzt.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) teilte mit: „Die Situation ist
hochdynamisch. Wir entwickeln unsere Maßnahmen und Empfehlungen stetig
weiter und passen sie aktuellen Entwicklungen an.“ Da die Pandemie seit dem
Ausbruch in Italien auch in Deutschland wahrscheinlicher geworden sei,
„müssen wir neue Maßnahmen ergreifen, um besonders gefährdete Teile der
Bevölkerung zu schützen“, so die Senatorin.
Während das Coronavirus Covid-19 nach dem Ausbruch in Norditalien quasi vor
der Tür steht, kämpfte man Berlin am Dienstag mit Fragen der Abstimmung und
der Kommunikation. Bei den Recherchen der taz entstand der Eindruck, dass
nicht alle Einrichtungen im medizinischen Bereich ausreichend für eine
mögliche Epidemie gewappnet sind.
Die gute Nachricht vorweg: Die Senatsverwaltung für Gesundheit, bei der
alle Informationen über Verdachtsfälle und Testergebnisse eingehen, konnte
bis Dienstagnachmittag ausschließen, dass es in der Stadt bestätigte Fälle
einer Covid-19-Infektion gebe. Käme es dazu, habe man eine Meldepflicht
gegenüber dem Robert-Koch-Institut. Senatorin Dilek Kalaycı (SPD) sei aber
auch „sehr bemüht, Transparenz herzustellen“, so eine Sprecherin. „Wenn …
Fall auftritt, werden wir das der Öffentlichkeit umgehend mitteilen.“
Darüber hinaus war die Verwaltung nicht in der Lage, bis zum Dienstagabend
Fragen der taz und anderer Medien zu beantworten – etwa danach, ob es einen
spezifischen Notfallplan für den Fall stark ansteigender
Corona-Erkrankungen in Berlin gebe oder ob ausreichende Reserven an
medizinischem Material wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel, aber
auch Medikamenten zur Verfügung stünden. „Wir bekommen zurzeit sehr viele
Anfragen“, so eine Sprecherin entschuldigend.
Auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin, der
Interessenvertretung der niedergelassenen ÄrztInnen, hieß es am Nachmittag,
man befinde sich noch in Abstimmung mit der Senatsverwaltung. Solange könne
man keine Auskunft über mögliche Empfehlungen an die Mitglieder zum Umgang
mit Covid-19 geben.
## Bei der Hotline nimmt keiner ab
Allerdings veröffentlichte die KV einen Aufruf auf ihrer Webseite: Zur
Unterstützung der telefonischen Hotline 030 – 90 28 28 28, die die
Senatsverwaltung für Gesundheit eingerichtet hat, um dem „hohen
Informationsbedarf“ von BürgerInnen und medizinischen Einrichtungen gerecht
zu werden, suche man bis Ende Februar „dringend“ freiwillige Ärztinnen und
Ärzte, „auch am Wochenende“.
Verstärkung scheint auch dringend nötig zu sein: Eine Journalistin der
Berliner Zeitung, die kürzlich in Italien war, wählte nach eigenen Angaben
stundenlang die Nummer der Hotline, ohne durchzukommen. Eigentlich soll
täglich von 8 bis 20 Uhr jemand ans Telefon gehen.
Bis Dienstagnachmittag hieß es auf der Webseite der Senatsverwaltung: „Die
Senatsgesundheitsverwaltung empfiehlt, dass Sie eine Abklärung vornehmen
lassen sollten, wenn Sie innerhalb der letzten 14 Tage im Risikogebiet
gewesen sind / Sie Kontakt zu einer Person im Risikogebiet hatten / Sie
Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten.“ Da die Übertragungswege
mittlerweile nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen sind, könnte diese
Richtlinie bald obsolet sein.
Ein Arzt des Zentrums für Infektiologie Berlin Prenzlauer Berg (ZIBP),
einer spezialisierten Gemeinschaftspraxis, erklärte der taz, wie man das
Corona-Risiko handhabe: Riefen PatientInnen mit entsprechenden Symptomen
an, rate man ihnen, unbedingt zuhause zu bleiben, und alarmiere das
bezirkliche Gesundheitsamt. Dieses besuche die PatientInnen und nehme bei
ihnen einen Abstrich, der in der Charité getestet werde. Die Charité bietet
die Untersuchung als „Konsiliarlabor“ des Robert-Koch-Instituts (RKI) für
Coronaviren auch bundesweit an.
Kämen Personen mit Symptomen doch in die Praxis, würden sie von den anderen
PatientInnen isoliert. Auch in diesem Fall werde das Gesundheitsamt
hinzugeholt. Bei der Untersuchung trage das Praxispersonal einen
virensicheren Mund-Nasen-Schutz, Handschuhe und eine Schutzbrille, die
PatientInnen würden anschließend über die Hintertür entlassen, um Kontakt
mit Wartenden auszuschließen.
Der landeseigene Krankenhauskonzern Vivantes teilte mit, man habe schon vor
Wochen eine „Task-Force“ eingerichtet, darin vertreten seien unter anderem
die Bereiche Hygiene, Infektiologie, Klinikmanagement und
Katastrophenschutz. Dieses Gremium lege Regeln fest, wie mit
Verdachtsfällen oder bestätigten Infektionen umzugehen ist, etwa was bei
der Nutzung von Schutzkleidung und der räumlichen Unterbringung betrifft,
so Sprecherin Mischa Moriceau. Es gehe dabei „auch um Fragen der
Materialbevorratung sowie Schulungen und den Einsatz der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter“.
## Auf Pandemie nur bedingt vorbereitet
Das St.-Joseph-Krankenhaus in Tempelhof teilte der taz mit, die
Verantwortlichen der Notaufnahme und der Krankenhaushygiene hätten
gemeinsam eine Verfahrensanweisung erarbeitet, die den Empfehlungen des RKI
entspreche. „Diese wurde allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt,
insbesondere die Mitarbeitenden der Zentralen Notaufnahme wurden gemäß der
Verfahrensanweisung geschult“, so Sprecherin Corinna Riemer. Es sei auch
eine Beschilderungslösung entwickelt worden, um eventuell Infizierte
„möglichst kontaktfrei“ in die Isolationsbereiche der Notaufnahme zu
lenken.
Auf eine Pandemie mit sehr hohem Patientenaufkommen könne sich ein
Krankenhaus nur bedingt vorbereiten, so Riemer: „Es handelt sich um eine
Ausnahmesituation, deren Entwicklung nur schwer vorhersehbar ist.“ Man habe
für diesen Fall aber Planungen „für die Umstellung von Individual- auf
Massenversorgung“. Dann könnten auch Bereiche des Hauses, in denen weniger
akute Erkrankungen behandelt werden, „in die Diagnose und Therapie
lebensbedrohlicher Erkrankungen eingebunden werden“.
Derweil machte sich Innensenator Andreas Geisel (SPD) Gedanken über
mögliche Sicherheitsmaßnahmen: Ob er erwäge, die Stadt oder Teile davon
abzuriegeln, so wie das die Behörden in Norditalien getan haben, wurde
Geisel auf der Pressekonferenz nach der Senatssitzung gefragt. „Ja, wir
machen uns Gedanken über ein solches Szenario“, so seine Antwort. Die Frage
sei aber, „wie sinnvoll es ist, das von Italien auf eine 3,7 Millionen
Stadt zu übertragen“. Der Berliner Katastrophenschutz sei „vorbereitet für
den Fall, dass eine Gefahrensituation entsteht“, versicherte Geisel. Eines
könne er jetzt schon sagen: „Das wird nicht einfach.“
Aus der Senatsbildungsverwaltung hieß es, es habe bislang keine Schulungen
des pädagogischen Personals oder Informationen über Notfallpläne gegeben.
Die Schulleitungen verwiesen ihre Kollegien auf die Hotline, so Sprecher
Martin Klesmann. Im Übrigen lernten die SchülerInnen im Rahmen der
Gesundheitserziehung, in die Armbeuge zu husten oder sich oft die Hände zu
waschen.
25 Feb 2020
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/sen/gpg/service/presse/2020/pressemitteilung.900142.p…
[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.…
## AUTOREN
Claudius Prößer
Alissa Geffert
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