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# taz.de -- Turnlegende Jelena Produnowa: Legendäre Todesspringerin
> Die Turnerin Jelena Produnowa wagte etwas, was sich bis dato nur Männer
> getraut hatten: einen Handstandüberschlag mit Doppelsalto vorwärts.
Bild: Moment der Muße: Jelena Produnowa im Jahr 2000
Die Frau, die als Erste den Todessprung stand, hatte dabei die üblichen
Überlegungen, wohl solche, dass durch Spektakel das Rampenlicht etwas
heller auf sie scheinen möge. „Ich will die Grenzen verschieben“, sagte die
Turnerin Jelena Produnowa in einem Interview 1999. Sie wolle „etwas Neues,
etwas Ungewöhnliches“ zeigen. Ein Handstandüberschlag mit [1][Doppelsalto
vorwärts].
Für das Element braucht es extreme Muskelkraft, nebenbei ist das Pferd bei
den Frauen zehn Zentimeter niedriger als bei den Männern, die Bewegungen
müssen also noch schneller sein. Elegant sah dieser Sprung, bei dem man
breitbeinig in der Hocke landet, auch bei Jelena Produnowa nie aus. Böse
Zungen spotteten, sie lebe nur von ihrer Kraft, nicht von Technik. Aber sie
blieb die einzige Frau, die den Sprung derart hinbekam.
Dass die Russin aus Rostow als Fünfjährige in der rhythmischen
Sportgymnastik landete, lag offenbar daran, dass sie schon als Kind nicht
still sitzen konnte. In einem Interview mit dem Kaukasus-Portal Kavpolit
erzählt Produnowa, sie habe diese Sportart gehasst. Dehnübungen, bis die
Tränen kamen, Härte und Langeweile. Die Geräte beim Kunstturnen
faszinierten sie mehr.
Sie wechselte, doch die Leistungssportkarriere währte kurz: Mit 20 Jahren,
ein Jahr nach dem berühmten Sprung, beendete sie ihre Laufbahn. Olympisches
Gold blieb ihr verwehrt, sie war viel verletzt. Trotzdem erreichte sie in
der knappen Zeit noch eine weitere Marke: [2][Produnowa] war eine der
ersten Frauen oder gar die erste (das Internet bleibt vage), nach der an
allen vier Geräten ein Turnelement benannt wurde.
## Konservatives Provinzmädchen
Hinterlassen hat sie dem Turnen eine Diskussion über einen Sprung, den
einige gern verbieten würden. „Ich bin nicht lebensmüde“, antwortete Simo…
Biles auf die Frage, warum sie den Produnowa nicht versuche. „Ich will,
dass die Leute mich direkt erkennen und mich nicht mit irgendjemand anderem
verwechseln“, erklärte wiederum Jelena Produnowa über ihr Turnelement. Sie
wolle auf eine Weise turnen, die ihren fröhlichen Charakter ausdrücke.
„Ich werde oft gefragt: Warum lächelst du die ganze Zeit?“ Das Lächeln
blieb ihr; Sinn und Unsinn des Sprungs für Frauen bleiben umstritten. Der
Todessprung wurde vor allem zum Mittel für weniger gut ausgebildete
Athletinnen, um sich wegen seiner hohen Wertung für Finals zu
qualifizieren; eine Handvoll Turnerinnen stand ihn. Der Weltverband
reagierte schließlich auf die Kritik und stufte die Wertung auf 6,4 herab.
Feministin ist sie nicht, eher ein konservatives Provinzmädchen. Sie gehe
viel in die Kirche, erzählte sie, lese jeden Tag ihr Horoskop und träume
von der großen Liebe: „Ich will, dass eines Tages mein Prinz auf einem
weißen Pferd kommt.“ Nach ihrem Karriereende war Produnowa als Funktionärin
im russischen Turnverband tätig. Derzeit trainiert sie Kinder in
Kabardino-Balkarien.
In dieser Funktion äußerte sie sich auch zu den russischen Dopingskandalen.
Da habe jemand Interesse daran, den Russen was unterzuschieben, befand sie.
Und Doping bringe im Turnen wenig. Damals, bei ihrem Sprung, habe das ja
auch jeder geglaubt: „Sie haben mir Tag und Nacht Dopingproben genommen.
Keiner konnte verstehen, wie ich so springen konnte.“
27 Feb 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=TNL5yebH4qo
[2] https://www.bustle.com/articles/178417-what-is-the-produnova-vault-the-rio-…
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
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