# taz.de -- Rentenreform in Frankreich: Zahl Streikender sinkt, Wut bleibt | |
> In Frankreich streiken weniger Menschen gegen die Rentenreform. Doch | |
> einen Kompromiss mit der Regierung gibt es immer noch nicht. | |
Bild: Auch Frankreichs Feuerwehrmänner wehren sich gegen die Pläne | |
Paris taz | Zum mittlerweile achten Protest- und Aktionstag seit Beginn der | |
Streiks gegen die Rentenreform sind am Mittwoch in zahlreichen Städten | |
Frankreichs wieder Zehntausende auf die Straße gegangen. Bestimmte | |
Berufskategorien protestieren separat – wie die Docker mit ihren | |
Hafenblockaden, die Anwälte, die Prozesse platzen lassen oder die besonders | |
empörten LehrerInnen, welche die Organisation von Abschlussexamen | |
boykottieren. | |
Auch bei der Bahn und der Pariser Metro ist der Konflikt noch längst nicht | |
zu Ende, doch die Zahl der seit fast zwei Monaten aktiv Streikenden sinkt | |
nun von Tag zu Tag. Ihre Wut über die Kompromisslosigkeit der Staatsführung | |
aber ist umso größer. Die Streikenden, die auf bis zu zwei Monatslöhne | |
verzichten, um ihr Rentensystem zu verteidigen, wollen nicht, dass dieses | |
Opfer umsonst gewesen sei. | |
Bei genauerem Hinsehen könnten sie konstatieren, dass die Regierung eine | |
ganze Reihe von Zugeständnissen machen musste. Fast von Beginn weg hat | |
Premierminister Edouard Philippe das neue Punktesystem zur Berechnung der | |
Renten um zwölf Jahre verschoben: Betroffen sollen nicht wie ursprünglich | |
geplant die Jahrgänge nach 1963 sein, sondern die Generationen der ab 1975 | |
Geborenen, bei der Bahn und der Metro womöglich sogar später. | |
Einer ganzen Reihe von Berufskategorien hat die Regierung | |
Ausnahmeregelungen oder die Bewahrung bisheriger Sonderbestimmungen | |
garantiert. Andere, wie das Personal des Erziehungswesens, sollen sich mit | |
vagen Versprechen von Ministern begnügen, die ihnen etwa Gehaltserhöhungen | |
zum Ausgleich der kleineren Renten ankündigen. All diese Extrawürste stehen | |
letztlich in Widerspruch zur Absicht, die bisher 42 Rentenkassen zu | |
vereinheitlichen. | |
## Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen Vorschläge machen | |
[1][Die schrittweise Einführung eines erhöhten Rentenalters dagegen ist nur | |
„provisorisch“ ausgesetzt]. Offiziell will die Regierung den Sozialpartnern | |
noch eine Chance geben. Darum findet nun auf Vorschlag und Wunsch des sehr | |
moderaten CFDT-Gewerkschaftsvorsitzenden Laurent Berger eine bis Ende April | |
dauernde Konferenz zur Frage der langfristigen Finanzierung der Renten | |
statt. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen Lösungsvorschläge machen. | |
Premier Philippe hat versprochen, die Reform anzupassen, falls dabei eine | |
Alternative zur vorgesehenen Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters von | |
vorerst 62 auf 64 gefunden werde. Das letzte Wort aber behält die | |
Staatsführung. | |
Die kämpferischen Gewerkschaftsverbände CGT, FO, SUD-Solidaires wollen am | |
Dialog teilnehmen. Doch die Hoffnung, sich mit den Arbeitgebern in so | |
kurzer Frist in der komplexen Frage der Rentensicherung zu einigen, | |
erscheint ihnen gering. | |
Unerwartete Schützenhilfe bekamen die Gegner der Rentenreform vom obersten | |
Verwaltungsgericht: Der Conseil d’Etat hat die Regierungsvorlagen in einem | |
konsultativen Gutachten in selten strenger Weise bemängelt und als | |
lückenhaft kritisiert. Darauf gestützt wollen die Oppositionsparteien von | |
links und rechts nun mit Klagen die Reform bekämpfen, und zwar noch bevor | |
diese ab 24. Februar dem Parlament vorgelegt wird. | |
29 Jan 2020 | |
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[1] /Macron-macht-leichte-Zugestaendnisse/!5656153 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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