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# taz.de -- Die Wahrheit: Granaten für den Brexit
> Irland und Schottland sollen nach dem EU-Austritt Großbritanniens näher
> aneinander rücken – mit einer Brücke, bezahlt von der EU.
Es ist vollbracht. Seit Samstag ist das Vereinigte Königreich von der
Schreckensherrschaft der Europäischen Union befreit. Das ganze Vereinigte
Königreich? Nein! Eine von zerstrittenen Stämmen bevölkerte Kolonie hinter
dem Meer im Nordwesten hört nicht auf, sich den Zollbestimmungen des
Feindes zu unterwerfen. Nicht ganz freiwillig.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat das ausgeheckt, weil er es
bisher nicht geschafft hat, das lästige Unterhaus, das den schönen Brexit
immer wieder torpediert hat, vom politischen Entscheidungsprozess zu
entfernen. Die Zollgrenze verläuft nun mitten in der Irischen See, damit
zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland keine harte Grenze notwendig
wird. Das passt den nordirischen Unionisten nicht, denn sie sind britischer
als die Briten und wollen nicht anders behandelt werden als ihre Landsleute
jenseits des Meeres.
Um sie zu beschwichtigen, hat Johnson eine „keltische Brücke“ zwischen dem
schottischen Cairnryan und dem nordirischen Larne vorgeschlagen – als 32
Kilometer langes Symbol für die innige Verbundenheit Großbritanniens mit
Nordirland. Dieses Symbol würde „nur 15 Milliarden Pfund“ kosten, behauptet
Johnson. Irlands künftiger Ex-Premierminister Leo Varadkar – die Iren
schicken ihn bei den Parlamentswahlen am kommenden Samstag hoffentlich in
die Wüste – war Feuer und Flamme, solange die britische Regierung die
Kosten übernehme. „Aber nein“, hofft Johnson, „die Europäische Union wi…
das bezahlen.“ Was er wohl nachts träumt?
Neben den Finanzen gibt es noch ein anderes kleines Problem: Im 300 Meter
tiefen Beaufort-Graben rund zehn Kilometer vor der schottischen Küste
lagern weit über eine Million Tonnen Waffen und Chemikalien aus dem Zweiten
Weltkrieg. Die britische Armee hatte das Zeug nach Kriegsende von ihrem
Marinehafen Cairnryan aus einfach ins Meer geschmissen, darunter 14.500
Tonnen Phosgengranaten. Ab und zu wird Kriegsgerät an die schottischen und
nordirischen Strände gespült. Wer die Brückenpfeiler in den Meeresboden
rammt, muss also vorsichtig sein.
Von Cairnryan könnte man theoretisch an den Caledonian Sleeper, die
nächtliche Schnellverbindung zwischen Schottland und London, angeschlossen
werden. Aber will man das? Die Beschwerden über den Zug sind im vorigen
Jahr um 221 Prozent gestiegen. Die Züge seien dreckig, hieß es,
Wasserleitungen in den Duschen seien geplatzt, und aufgrund von
Computerfehlern werden sämtliche Toiletten mitunter automatisch verriegelt.
Wie dem auch sei, Schotten und Nordiren sollten sich beeilen, um Boris
Johnson die Brücke aus den Rippen zu leiern, bevor es zu spät ist. Wenn
Schottland erst einmal für die Unabhängigkeit und Nordirland für die
Vereinigung mit der Republik Irland gestimmt haben, wäre es eine wahre
keltische Brücke, finanziert von den ehemaligen Kolonialherren.
3 Feb 2020
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Schwerpunkt Brexit
Brücke
Nordsee
Freimaurer
Irland
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Leo Varadkar
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