| # taz.de -- Britische Pophoffnung Georgia: Klang der Familie | |
| > Um Georgia Barnes ist in Großbritannien ein Hype entstanden. Auf ihrem | |
| > Album „Seeking Thrills“ versucht die 27-jährige, dem Druck zu begegnen. | |
| Bild: Too much pressure: Georgia Barnes | |
| „Summer of Love“ – viele werden beim Sommer der Liebe zuerst an San | |
| Francisco denken, die Hippies und ihre Flower-Power, im Nordkalifornien des | |
| Sommers 1967, als junge Leute in den USA gegen den Vietnamkrieg | |
| aufbegehrten, für Frieden demonstrierten und der Liebe gefrönt haben. | |
| Im Vereinigten Königreich (und in der Dancefloor-Community) wird mit | |
| [1][„Summer of Love“] hingegen der Sommer 1988 bezeichnet, als sich | |
| Abertausende jedes Wochenende zu Raves in Lagerhallen und auf Äckern in | |
| Großbritannien zusammenfanden, um Acidhouse und Ecstasy zu feiern. Dieser | |
| zweite [2][„Summer of Love“] liegt uns nicht nur zeitlich ungleich näher. | |
| Dancefloor-Genres wie [3][House] und Techno sind nach wie vor | |
| allgegenwärtig. | |
| Die Britin Georgia Barnes wurde 1993 geboren. Sie kennt diesen Summer of | |
| Love nur vom Hörensagen. Als Tochter von Neil Barnes, der mit seinem | |
| Projekt Leftfield selbst Protagonist der britischen Acid-House-Szene war, | |
| hat sie aber einen familiären Zugang zum Thema. Auf ihrem 2015 | |
| veröffentlichten Debütalbum „Georgia“ waren noch kaum Einflüsse der | |
| elektronischen Tanzmusik in ihren Songs zu entdecken – nichtsdestotrotz | |
| startete sie durch, wurde in ihrer englischen Heimat als kommender | |
| Dancefloor-Superstar gefeiert. | |
| Der Hype stürzte Barnes allerdings zunächst in eine Schaffenskrise, | |
| inklusive Alkohol- und Drogenabstürzen. Da rauszukommen kostete Georgia | |
| viel Kraft, und es war über Monate nicht klar, ob sie es schaffen würde. | |
| Nun wird klar, sie hat es geschafft: Auf der Suche nach dem nächsten Kick | |
| heißt der Titel ihres neuen Werks, „Seeking Thrills“. | |
| ## Inzwischen rauchfrei, drogenfrei und vegan | |
| Jener Nervenkitzel lässt sich auch anders evozieren: Georgia lebt | |
| mittlerweile frei von Substanzen, gab das Rauchen auf, ernährt sich vegan. | |
| Inzwischen sucht sie Endorphinausschüttung in der (Tanz-)Musik selbst. Das | |
| verbindet sie mit den ekstatischen Kindern auf dem Cover. | |
| Es ist die Fotografie einer Schuldisco, die nicht anders aussieht als | |
| Partyfotos von [4][Raves]. Geschickt wird hier vermittelt: Nehmt ruhig | |
| eure Drogen, aber vergesst nie die Musik, No Music, No Party! „Started | |
| Out“, Auftakt des neuen Albums, ist eine Verbeugung vor den Pionieren, | |
| wartet mit einer feisten Mr.-Fingers-Referenz auf. Dessen „Mystery of Love“ | |
| stand unverkennbar Pate für den Basslauf, Georgia rückt die House-Classics | |
| aber in ein neues Scheinwerferlicht. Ihr Sound ist selbstverständlich | |
| angefettet und klingt nach amtlichen Pop-Produktionsmitteln. | |
| Offensichtlich wird das etwa bei „About Work the Dancefloor“ und „Never L… | |
| You Go“, die zweifellos auch als Powerpop-House der schwedischen Sängerin | |
| Robyn durchgehen würden. Mit jedem weiteren Track baut „Seeking Thrills“ | |
| einen größeren Sog auf, man wird immer weiter in den Sound reingezogen; er | |
| erzählt die Geschichte einer Nacht, zwischen Party, Heartbreaks, Euphorie | |
| und Runterkommen. | |
| Wer dabei an Chemical Brothers’ legendäre Rave-Geschichte „Dig Your Own | |
| Hole“ denkt, liegt sicher richtig. Vieles erinnert an das | |
| Big-Beat-Meisterwerk von 1997. | |
| Auch Georgia versucht hier zu zeigen, was eine Partynacht so besonders | |
| macht; und warum Wochenende für Wochenende Millionen Menschen ausgehen, um | |
| das gewisse Etwas zu finden. | |
| 13 Jan 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=N0xtv-bWYbQ | |
| [2] /Kuenstler-Jeremy-Deller/!5037858 | |
| [3] /US-Produzent-Galcher-Lustwerk/!5643239 | |
| [4] /Ntz-ntz-ntz/!5327203 | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Fleischmann | |
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