# taz.de -- EU-Richtlinie zum Urheberrecht: Ein Zombie kehrt zurück | |
> Die Regierung will das gescheiterte Leistungsschutzrecht für | |
> Zeitungsverleger neu einführen. Das Justizministerium hat einen Entwurf | |
> vorgelegt. | |
Bild: Im März 2019 protestierten Tausende in Berlin gegen die geplante EU-Urhe… | |
Die Bundesregierung will das Leistungsschutzrecht für Presseverleger | |
schnellstmöglich neu einführen und damit die novellierte EU-Richtlinie zum | |
Urheberrecht umsetzen. Die Justizministern Christine Lambrecht (SPD) hat | |
vergangene Woche einen entsprechenden Diskussionsentwurf vorgelegt. | |
Auch das neue Leistungsschutzrecht wird den Verlegern wohl nur minimale | |
Einnahmen bringen. Presseverleger beschweren sich schon lange, dass Google | |
die Onlinemedien ausbeutet, ohne dafür zu bezahlen. So werde in | |
Trefferlisten schon wichtige Teile des Inhalts als Snippet, also Schnipsel | |
angezeigt. Die Verleger wollen, dass Google hierfür Lizenzgebühren bezahlt. | |
Auf Wunsch der Verleger führte Deutschland 2013 ein gesetzliches | |
Leistungsschutzrecht ein, das aber völlig verpuffte. [1][Google weigerte | |
sich einfach], für Lizenzen zu bezahlen. Die Verleger gestatteten Google | |
daher die Nutzung der Snippets ohne Gegenleistung, damit die Suchmaschine | |
ihre Inhalte weiter in Trefferlisten aufnimmt und Verkehr auf ihre Seiten | |
lenkt. 2019 kippte zudem der Europäische Gerichtshof (EuGH) das deutsche | |
Gesetz, weil es bei der EU-Kommission nicht angemeldet worden war. | |
Lambrechts neuer Entwurf geht auf die 2019 novellierte EU-Richtlinie zum | |
Urheberrecht zurück. Auf deutsche Initiative ist dort jetzt ein EU-weites | |
Leistungsschutzrecht für Verleger vorgesehen. Diese glauben, dass sie sich | |
besser gegen Google durchsetzen können, wenn sie EU-weit gemeinsam | |
verhandeln. Da Medien-Märkte aber national organisiert sind, wird Google | |
vermutlich weiter am längeren Hebel sitzen und keine Lizenzgebühren zahlen. | |
Auf ein entsprechendes französisches Gesetz hat der Konzern jüngst nur | |
damit reagiert, dass er die Snippets so verkürzte, dass sie lizenzfrei | |
wurden. | |
## Der aktuelle Entwurf bleibt vage | |
Deutschland muss nun aber die EU-Richtlinie umsetzen, inklusive | |
Leistungsschutzrecht. Betroffen sind davon auch kleinere | |
Suchmaschinenbetreiber und andere „Dienste der Informationsgesellschaft“. | |
Die Bundesregierung findet das Leistungsschutzrecht sogar so wichtig, dass | |
sie es vorab einführen will. Andere Teile der Richtlinie, insbesondere | |
[2][die umstrittenen Upload-Filter für YouTube], sollen erst in einem | |
späteren Gesetzentwurf geregelt werden. In Lambrechts Diskussionsentwurf | |
ist das Leistungsschutzrecht auf zwei Jahre beschränkt. Die Verleger können | |
es auch auf eine Verwertungsgesellschaft wie die VG Media übertragen. | |
Journalisten und Fotografen sollen einen „angemessenen“ Anteil der | |
Einnahmen erhalten. Was angemessen ist, lässt die Justizministerin offen. | |
Lizenzfrei nutzbar sind weiterhin „einzelne Worte oder sehr kurze Auszüge“ | |
eines Beitrags. Wie viele Worte kostenfrei genutzt werden können, lässt der | |
Entwurf aber ebenso offen. Er stellt jedoch klar, dass die Überschrift | |
lizenzfrei bleibt, ebenso Bild- und Tonsequenzen bis zu drei Sekunden sowie | |
schlecht aufgelöste, kleine Vorschaubilder mit maximal 128 x 128 Pixel. | |
Längere Zitate bleiben in Ausnahmen möglich. Journalisten können zudem | |
eigene Beiträge auf ihren Websites mit längeren Snippets kostenlos | |
bewerben. Der Diskussionsentwurf bezieht sich außerdem auf die | |
Verlegerbeteiligung an den VG-Wort-Einnahmen. Diese soll wieder | |
eingeführt werden, nachdem der EuGH sie 2015 beanstandet hatte. | |
Der Entwurf aus dem Justizministerium ist noch nicht mit den anderen | |
Ressorts abgestimmt. Bis zum 31. Januar können Interessenten Stellung | |
nehmen. Anschließend will sich die Bundesregierung auf einen Gesetzentwurf | |
einigen, wobei das Leistungsschutzrecht und die Verlegerbeteiligung | |
zwischen CDU/CSU und SPD bisher nicht umstritten sind. Anschließend beginnt | |
das normale Gesetzgebungsverfahren mit Beteiligung des Bundesrats, der aber | |
kein Vetorecht hat. | |
Die Bundesregierung möchte das Leistungsschutzrecht deutlich vor der Frist | |
zur Richtlinien-Umsetzung im Juni 2021 einführen. | |
23 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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