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# taz.de -- Magazin-Gründerin über Finanzen: „Mitglieder müssen zahlen“
> Das Onlinemagazin „Republik“ will unabhängigen Journalismus, doch das
> Geld wird knapp. Vorständin Clara Vuillemin erklärt, warum sie keinen
> Sparkurs will.
Bild: Mitglieder des digitalen Magzins „Republik“ im Hotel Rothaus in Züri…
taz: Frau Vuillemin, [1][Republik hat bei der Gründung vor zwei Jahren
große Aufmerksamkeit bekommen]. In der Zwischenzeit hatten Sie aber, wie
Sie neulich bekannt gegeben haben, nicht genug Zulauf. [2][Mit einem
Hilferuf haben Sie im Dezember] um neue Abonnements geworben. Warum haben
Sie sich bei der Wachstumsprognose verschätzt?
Clara Vuillemin: Ich bin nicht sicher, ob wir uns verschätzt haben. Beim
Crowdfunding zu Beginn hatten wir viel größeren Erfolg als erwartet. Da
haben wir uns nach unten verschätzt. Dieser Erfolg war eine große
Verantwortung, verbunden mit großen Hoffnungen – also haben wir versucht,
ein möglichst gutes Produkt zu machen. Wir wollten dabei einen Fehler
vermeiden, den andere gemacht haben: zu klein anzufangen. Wir wollten alles
geben, um etwas richtig Gutes zu machen. Und das hat auch funktioniert. Wir
sind beim Wachstum vielleicht gerade nicht da, wo wir sein sollten – aber
auch nicht so weit daneben.
Dennoch sind Sie großen Schwankungen ausgesetzt, je nachdem wie stark Sie
gerade Aufmerksamkeit erlangen, etwa durch das Crowdfunding oder den Aufruf
neulich. Wie wollen Sie diese Schwankungen künftig abfangen?
Unsere Herausforderung ist die Erneuerung der Mitgliedschaften. Wir haben
das Problem, dass viele Jahresmitgliedschaften im Januar auslaufen, weil
wir einst im Januar gestartet sind. Das heißt: zwar liegen wir gerade
wieder über der Zahl der 19.000 Mitglieder, die wir anvisiert haben. Aber
erfahrungsgemäß werden wir das nicht über den Januar halten, weil ein Teil
seine Mitgliedschaft nicht weiterführen wird. Im Moment ist unsere
Strategie ganz einfach, klar zu kommunizieren, was wir tun. Den Mitgliedern
zu erklären: Wenn man so eine Republik will, die nicht werbefinanziert ist
und nicht von Mäzenen, dann müssen Mitglieder dafür zahlen. Wir sind auf
eine gewisse Treue angewiesen. Die erreicht man durch Kommunikation.
Bei journalistischen Projekten mit Bezahlschranke hört man als
Außenstehender immer viel Eigenkommunikation, aber bekommt wenig von den
Inhalten mit. Müssten Sie nicht hin und wieder mal einen Artikel öffnen?
Unsere Inhalte sind alle offen, in dem Sinne, dass sie von Mitgliedern
geteilt werden können. Die Bezahlschranke betrifft die Startseite und die
Kommentarfunktion. Unsere Texte werden auch generell gut von
Nichtmitgliedern gelesen. Das dient uns natürlich erst mal als
Kommunikationsmittel, so können Leute uns kennenlernen. Aber wir tun es
natürlich auch, um unseren Journalismus mehr Menschen zugänglich zu machen.
Wir wollen nicht nur für einen exklusiven, abgeschotteten Kreis arbeiten.
Die Bezahlschranke brauchen wir aber, um uns zu finanzieren. Denn wir
glauben nicht, dass wir genug rein ideell motivierte Mitgliedschaften
verkaufen könnten, wenn wir sie nicht hätten.
Für Republik bezahlt man im Jahresabo 240 Franken, etwa 220 Euro.
[3][Vergleichbare Magazine wie Krautreporter] in Deutschland und De
Correspondent in den Niederlanden kosten 70 Euro im Jahr. Zwar ist die
Kaufkraft in der Schweiz größer, aber nicht um so viel. Warum haben Sie
sich als Luxusprodukt positioniert?
Wir verstehen uns nicht als Luxusprodukt. Wir sind mit dem Preis sehr
zufrieden – sicher weiß man nie, was wäre, wenn. Wir bekommen aber eher das
Feedback, dass Leute mehr zahlen möchten. Was sie natürlich dürfen. Von den
gut 4.000, die nach unserem Aufruf ihre Mitgliedschaft bereits verlängert
haben, haben 1.500 freiwillig mehr gezahlt als die 240 Franken. Zusätzlich
haben wir noch die „Ich kann mir das nicht leisten“-Funktion. Das heißt,
dass Leute zahlen können, was sie wollen. Etwa 5 bis 10 Prozent der
Mitglieder nehmen das in Anspruch.
In Ihrem Aufruf vom Dezember heißt es, wenn Republik bis März 2020 nicht
die 19.000 zahlenden Mitglieder halten kann, dann erklären Sie [4][das
Experiment] für beendet. Warum gleich dichtmachen? Geht’s nicht auch
kleiner?
Es geht kleiner, aber es geht einfach nicht schnell kleiner und vor allem
nicht gleich gut, denn was für uns nicht verhandelbar ist, ist die
Qualität. Natürlich haben wir uns verschiedene Szenarien überlegt, als
absehbar wurde, dass es mit dem Geld langsam schwierig wird. Aber wir haben
jetzt gerade endlich eine einigermaßen konsolidierte Redaktion, haben ein
Produkt, das für viele unserer Leser*innen zum ersten Mal greifbar wird. Da
steckt extrem viel Aufbauarbeit drin. Natürlich geht es kleiner, aber nicht
auf die Schnelle. Und wir finden, dass das Produkt gerade stimmt. Und
glauben, dass wir jetzt noch mal finanziell einen Schub brauchen, mit dem
wir uns weiterentwickeln können. Damit wir so einen Aufruf nicht in einem
oder in zwei Jahren wieder machen müssen.
16 Jan 2020
## LINKS
[1] /Schweizer-Journalismusexperiment/!5406194
[2] https://www.republik.ch/
[3] /Ein-Jahr-Krautreporter/!5203580
[4] /Start-Ups-in-der-Medienbranche/!5366172
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Digitale Medien
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Journalismus
Crowdfunding
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Schwerpunkt Zeitungskrise
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