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# taz.de -- Sixdays im Radsport: Studis und Getränkeflat
> In Deutschland gibt es nur noch zwei Sixdays. In Bremen radelt man der
> Jugend nach – in Berlin zwingt die Halle zu seriösem Radsport.
Bild: Theo Reinhardt und Roger Kluge vor der Siegerehrung des Berliner Sechstag…
Die Arena ist voll am Donnerstagabend beim Auftakt zu den Sixdays in
Bremen. Anschießen werden das Rennen zwei Protagonisten aus dem
Showgewerbe: Morten Hansen, Kapitän zur See in der Doku-Serie „Verrückt
nach Meer“ und der Musiker Christopher von Deylen aka Schiller. Dann wird
geradelt. 166,6 Meter kurz ist die Bahn und mit einer Kurvenerhöhung von 58
Grad eine der steilsten weltweit. Das Spektakel läuft.
Während in Bremen, wo man traditionell auf die große Show setzt, der
Startschuss von zwei Männern aus dem Unterhaltungsbereich abgegeben wurde,
steht in Berlin der Sport schon vor dem ersten Rennen im Mittelpunkt. Im
Velodrom wird Ex-Radprofi Marcel Kittel am 23. Januar den Startschuss
abfeuern. „Entertainment wird bei uns klein geschrieben und dient im
Wesentlichen als Pausenfüller zwischen den Rennen“, sagt Valts Miltovics,
Chef des [1][Berliner Radsportevents], das von der gleichen Firma
veranstaltet wird wie die Rennen in London, Manchester uns Brisbane.
Dennoch steht der Renntag am Samstag unter dem Motto Hüttengaudi. Da soll
es „Alpenhits, Brezln und Bier“ im Velodrom geben. Anders als in Bremen
gibt es im Velodrom keine Nebenhallen. An der Weser nutzen die Veranstalter
von der Event und Sport Nord (ESN), auch die angrenzenden Messehallen. So
findet eine riesige Studentenparty am Eröffnungsabend direkt nebenan statt.
Die Studis haben ab 23 Uhr gratis Zugang zur Arena.
Lange war die Vergreisung des Publikums ein Problem der Sixdays. Auch
Miltovics ist es in Berlin gelungen, das Durchschnittsalter von 65 im Jahr
2018 auf heute 44 Jahre zu senken. Der traditionell schwache Sonntag gehört
nun den Familien.
## Der Tag der Billig-VIPs
Außerdem ist es der Tag der Billig-VIPs. In Bremen gibt es für knapp 40
Euro im VIP-Bereich einen Brunch. Und in Berlin öffnet der VIP-Gold-Bereich
am Sonntag für 150 Euro mit vergleichbarem Angebot.
Der Berliner Profi Theo Reinhardt, der die Berliner Sixdays im Vorjahr an
der Seite von Roger Kluge gewinnen konnte, hat damit kein Problem: „Party
gehört dazu. Sie führt die Besucher an den Sport heran.“
„Früher hörte man oft: ‚Das Einzige was stört, sind die Radfahrer‘“,…
der ESN-Geschäftsführer, Felix Wiegandt. Das ist heute jedenfalls anders.
Der finale Dienstag, der sich fast ohne den ganzen Klimbim ganz dem
Radsport widmet, verzeichnet inzwischen deutlich höhere Zuschauerzahlen als
früher.
Was es dazu bracht, ist ein starkes Fahrerfeld – und das ist in diesem Jahr
gar nicht so einfach angesichts der Ende Februar im Velodrom stattfindenden
Bahn-WM, für die die Profis trainieren. In Bremen ist der deutsche
Klassiker-Spezialist [2][Nils Politt] das Zugpferd. Vorjahressieger
Reinhardt ist in Berlin wieder am Start. Da ist zum ersten Mal der Sprint
der Frauen im Programm. Teamsprint-Olympiasiegerin Miriam Welte, die ihre
Karriere eigentlich schon beendet hat, zeigt sich neben den deutschen
Spitzenfahrerinnen das letzte Mal dem Berliner Publikum.
## Gold für 240 Euro
Ebenso wichtig wie die Fahrer sind die VIPs. Sie sind eine tragende Säule
zur Finanzierung der Events. Sie genießen ihre Exklusivität gerne ein wenig
abseits des Rummels. Im großen Foyer des Hallenkomplexes der Bremer Arena
wird auf den beiden oberen Ebenen exquisit gespeist. Das Radsportevent ist
zwar Anlass für den Besuch – aber es geht vorrangig um entspannte Kontakt-
und Geschäftspflege. Auch inmitten des steilen Holzovals ist mehr als die
halbe Fläche des Parketts den VIPs vorbehalten. Die gewöhnlichen Besucher
des Sportevents drängen sich auf der Restfläche im Oval rund um eine Bar.
In Berlin wird das VIP-Catering der Kategorie Gold-Paket direkt im
Innenraum serviert. Für 240 Euro gibt es eine Getränkeflat, Essen und
Tischservice. Gruppen von bis zu zehn Personen können das Rennen von
sogenannten Sky-Boxen aus verfolgen. Dafür legt man 300 Euro hin. Günstiger
ist es in der Madison-Lounge in der oberen Etage. Wer es billiger haben
will, der kann ja für 15 Euro zum Familientag gehen. Und wer ganz auf die
Show verzichten mag, der hat in diesem Jahr die Bahn-WM im Velodrom. Auch
dafür gibt es Tickets ab 15 Euro.
9 Jan 2020
## LINKS
[1] /Berliner-Sechstagerennen/!5372718
[2] /Neues-Radteam-aus-Israel/!5646147
## AUTOREN
Ralf Lieske
## TAGS
Sixdays
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Show
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Berlin
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