# taz.de -- Kroatiens neuer Präsident: Milanović feiert sein Comeback | |
> Überraschend gewinnt der sozialdemokratische Zoran Milanović die | |
> Präsidentschaftswahlen in Kroatien. Jetzt will er das Land angeblich | |
> einen. | |
Bild: Zoran Milanovic siegessicher | |
Eigentlich schien seine Karriere als wichtiger Politiker in Kroatien nach | |
seiner [1][Wahlniederlage 2016] schon beendet zu sein. Damals verlor seine | |
links-liberale Parteienkoalition gegen die rechtskonservative Kroatische | |
Demokratische Gemeinschaft HDZ die Parlamentswahlen. Der zweifache Vater | |
wurde aus dem Amt gekippt, die Koalition zerbrach danach, vor allem die | |
Sozialdemokratische Partei suchte nach einer neuen Identität. Für Zoran | |
Milanović schien da kein Platz mehr zu sein. | |
Der in dem dalmatinischen Städtchen Sinj 1966 geborene und in Zagreb | |
aufgewachsene Jurist buk fortan kleine Brötchen und wurde politischer | |
Berater. Etwa für den [2][albanischen Präsidenten Edi Rama], den er vor | |
allem in Rechtsfragen beriet. Denn das entspricht seiner eigentlichen | |
Erfahrung und Ausbildung. | |
Anfang der 1990er Jahre studierte er Jura in Zagreb und wurde schon 1993, | |
während des Krieges, ins Außenministerium geholt. Es fehlte dem Land an | |
Diplomaten und Fachleuten, so wurde der junge Mann 1996 nach Brüssel zur | |
Nato und zur EU geschickt, studierte dort auch Europäisches Recht, kam 1999 | |
zurück und schloss sich der Sozialdemokratischen Partei an. | |
Der damalige Parteichef Ivica Račan hielt viel von Milanović und | |
verschaffte ihm 2000, nach dem Wahlsieg seiner SDP, eine Stelle als Berater | |
des damaligen Außenministers. Nach Račans Tod 2007 wurde Milanović | |
überraschend zum Parteichef der Sozialdemokraten gewählt. | |
## Ruf als Korruptionsbekämpfer | |
In seinem Kampf gegen die HDZ half Milanović, den damaligen Premierminister | |
Ivo Sanader zu stürzen. [3][Sanader musste wegen Korruption seinen Posten | |
räumen] und wurde schließlich sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. | |
Milanović hat damit seinen Ruf als Anti-Korruptions-Kämpfer gefestigt und | |
versuchte nach seinem Wahlsieg 2011 das Land zu reformieren und | |
gleichzeitig in die EU zu führen – [4][was 2013 dann ja auch gelang]. | |
Doch die Wirtschaft und die Finanzen des Staates waren zerrüttet, die | |
Reformen forderten Einschnitte auch für die eigene Klientel. Mit der | |
Flüchtlingskrise [5][verlor Milanović die Wahlen 2016] – vielleicht auch | |
deshalb, weil er die sozialdemokratische Seele nicht mehr erreichte, weil | |
er mehr Technokrat als Arbeiterkämpfer war. | |
Er versuchte sich nach der Wahlniederlage neu zu positionieren und forderte | |
schon damals, was er dann auch am letzten Sonntag kurz nach der Wahl | |
ausdrückte: Das Land solle die innenpolitischen Gräben überwinden – | |
„Ustascha und Partisanen sind Vergangenheit“ – die Gesellschaft sollte | |
gemeinsam den modernen Herausforderungen entgegentreten und innerhalb der | |
EU eine Zukunft aufbauen. | |
Seine Anbiederung an die rechtsradikalen Kroaten in Bosnien und Herzegowina | |
führten bei seinen Anhängern aber zu Irritationen. Während die | |
Sozialdemokraten Kroatiens sich in den letzten Jahrzehnten immer bemüht | |
hatten, die auch von radikalen Kroaten geschürten nationalistischen | |
Spannungen im Nachbarland abzumildern, stellte sich Milanović vor den | |
Präsidentschaftswahlen bedenklich auf die Seite der Amtsvorgängerin. Erich | |
Rathfelder | |
6 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.electograph.com/2016/04/croatia-april-2016-ipsos-poll.html | |
[2] /OSZE-Vorsitz/!5650068/ | |
[3] /!5160500/ | |
[4] /Kommentar-EU-Beitritt-Kroatien/!5064285/ | |
[5] /Konservative-vor-Sozialdemokraten/!5191024/ | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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