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# taz.de -- Das Jahr 2020 kommt: Good News!
> Warum eigentlich konzentrieren JournalistInnen sich so selten auf die
> guten Nachrichten? Zeit für einen guten Vorsatz zum neuen Jahr!
Bild: Auf das 2020 ein besseres Nachrichtenjahr werde
„Hast du auch das Gefühl, dass während der Feiertage immer besonders viel
Schlechtes auf der Welt passiert?“, fragte mich meine Mutter vor ein paar
Tagen. Gerade hatte die Sprecherin im Radio die Morgennachrichten verlesen.
Sie handelten von Zehntausenden Flüchtlingen, die vor [1][Luftangriffen
syrischer Regierungstruppen in Idlib] flohen, von überfüllten
Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln, von US-Sanktionen gegen die
Ostseepipeline Nord Stream 2.
„Ich glaube nicht“, antwortete ich, denn Terror, Flüchtlinge und Trump
waren eigentlich immer da.
Wahrscheinlich entfaltet die hohe Taktzahl des Weltgeschehens zum
Jahresende nur eine besonders intensive Wirkung, da sich die kürzesten der
365 Tage zwischen grau und schwarz dahinschieben und die Sinne – bis auf
den Geschmackssinn – kaum stimuliert werden. Jetzt, da sich das Jahr mit
seinen vielen Erwartungen, Plänen und Projekten auf der Zielgeraden
befindet und die halbe Republik im Autoresponder-Modus faul auf dem Sofa
liegt, um Entenkeule und Rotkohl zu verdauen. Die große Besinnlichkeit,
[2][der Rückzug ins Innere] – er hinterlässt Fragen wie: Warum endet das
Jahr mit so vielen schlechten Nachrichten? Oder auch: Warum dominieren
schlechte Nachrichten die Medien?
Die Antwort könnte lauten: Weil JournalistInnen „schreiben, was ist“. Weil
wir den Finger in die Wunde legen, um über Konflikte, Kriminalität,
Skandale aufzuklären, sodass sich unsere LeserInnen aus der Vielzahl von
Zeitungsartikeln, Nachrichtensendungen und Hintergrundberichten ihre
Meinung bilden können. Weil wir unsere Themen nach meist negativen
Nachrichtenfaktoren aus einer Flut von Agenturmeldungen, politischen
Tagesordnungspunkten, Pressemitteilungen, Tweets und Push-Nachrichten
auswählen, ordnen, gewichten und zusammenfassen. Und weil wir dabei auch
den Erwartungen vieler LeserInnen an die schnelle, überdrehte und
affektgesteuerte Breaking-News-Informationskultur entsprechen wollen.
Dass wir dabei nur einen Ausschnitt der Welt zeigen und Mut machende
Meldungen eher vernachlässigen, nehmen die meisten von uns gemeinhin in
Kauf. Mehr noch denken viele JournalistInnen, dass schlechte Nachrichten,
gute Nachrichten sind.
## Die Welt erscheint düsterer als sie ist
Das ist bedauerlich, denn längst haben NeurowissenschaftlerInnen
herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Negativschlagzeilen
konsumieren, die Welt viel düsterer wahrnehmen, als sie tatsächlich ist,
weshalb sich einige von ihnen von den Medien abwenden.
Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, hat sich in Dänemark, dem
Land, in dem laut UN-Glücksreport die weltweit zufriedensten Menschen
leben, vor ein paar Jahren eine Gruppe JournalistInnen zusammengetan, die
nicht nur „schreibt, was ist“, sondern auch versucht, Perspektiven,
Lösungen und Handlungsansätze für die beschriebenen Probleme mitzuliefern.
Auch hierzulande setzen RedakteurInnen vereinzelt auf konstruktive
Berichterstattung.
Was läge also näher, als diese Kolumne mit etwas Gutem zu beenden und noch
mal an die Einführung des Frauentags in Berlin oder an den [3][Beschluss
zum Mietendeckel] zu erinnern. Gerade habe ich gelesen, dass mehr und mehr
EU-BürgerInnen über die Politik in ihrem Land mitreden und mitbestimmen
wollen.
Laut einer Studie werden politische Veränderungen immer häufiger auf der
Straße, in der Zivilgesellschaft oder im Internet angestoßen. Die Welt
steckt voller guter Nachrichten. Sie müssen nur erzählt werden. In diesem
Sinne wünsche ich Ihnen, liebe LeserInnen, ein glückliches neues Jahr 2020!
29 Dec 2019
## LINKS
[1] /Machtkampf-im-Nahen-Osten/!5648495&s=idlib/
[2] /Die-neue-Lust-am-Wandern/!5503469&s=r%C3%BCckzug+ins+innere/
[3] /Anhoerung-zum-Mietendeckel/!5645827&s=mietendeckel/
## AUTOREN
Julia Boek
## TAGS
Teilnehmende Beobachtung
Mietendeckel
Donald Trump
Wohlstand
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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