# taz.de -- Jugendschutz und Schmuddelkram: BDSM-Pornos sind sicher | |
> Jugendliche, die im Internet nach Fetisch-Bildern suchen, stoßen schnell | |
> an Jugendschutzbestimmungen. Das ist nicht immer sinnvoll. | |
Bild: Besser im Internet als anderswo nach Fetischpornografie suchen | |
Wenn Jugendliche bei sich ein sexuelles Begehren feststellen, das von der | |
Norm abweicht, dann haben sie drei Möglichkeiten, dieses zu erkunden. | |
Option eins: Sie reden mit Familie oder Freund*innen darüber – und | |
riskieren, stigmatisiert oder missverstanden zu werden. Denn selbst die | |
liberalsten Eltern reagieren selten richtig, wenn ihr Nachwuchs sich für | |
kinky Spiele interessiert. | |
Option zwei: Sich einen gefälschten Ausweis besorgen und in die nächste | |
SM-Bar trampen – was überfordernd und gefährlich ist. Oder Nummer drei: Ins | |
Internet gehen und sich langsam herantasten an die eigenen Vorlieben. Mit | |
anderen User*innen Fantasien und vielleicht auch Bilder tauschen (Tipp: | |
immer kopflos), geschützt durch die Anonymität und die Möglichkeit, sich | |
jederzeit auszuloggen. | |
Solange wir in einer Welt leben, die zwischen normalem und anderem Begehren | |
unterscheidet, ist das Netz – konkreter: sind soziale Netzwerke und | |
Plattformen – der sicherste Raum für Heranwachsende, sich an die eigene | |
Lust heranzutasten. | |
Nun ist aber das Netz was Sexualität angeht nicht nur frei und | |
fortschrittlich, sondern birgt auch die Gefahr von Belästigung oder Gewalt, | |
von potenziellen Tätern, die die Schwäche der sexuell Heranwachsenden | |
ausnutzen könnten. Wie aber trennt man das harmlose Ausleben von Begehren | |
vom missbräuchlichem Verhalten? | |
## Jugendschutz ist nicht das Gegenteil von Pornos | |
Bisher regiert in sozialen Netzwerken ein Mix aus Jugendschutzgesetzen und | |
[1][US-amerikanisch geprägter Sexualmoral]. Beide Systeme unterscheiden | |
allein zwischen An- und Abwesenheit von sexuellen Handlungen. | |
Soziale Netzwerke betreiben Jugendschutz, indem sie von der Bilderkennung | |
prüfen lassen, ob Sex oder Genitalien zu sehen sind. Die sind teils so | |
empfindlich programmiert, dass auch mal [2][Bilder von Alltagsgegenständen] | |
dabei unter die Räder kommen. | |
Auf Instagram wird, wer sich in engen Fetisch-Klamotten fotografiert, | |
schnell geblockt, wenn da schon mal der Umriss eines Penis oder von | |
Brustwarzen zu erahnen ist. Auch Tumblr, bis vor einem Jahr noch | |
Tummelplatz von Kink-Communities, hat die automatische Toleranzgrenze | |
massiv runtergedreht. Gegen Twitter, wo sexy Pics bisher noch gepostet | |
werden können, geht gerade eine deutsche Medienanstalt strafrechtlich vor – | |
[3][wegen Verbreitung jugendgefährdender Inhalte]. Klar, rechtlich gesehen | |
muss das. | |
Aber praktisch wird so auch der Raum für sensiblen, wertschätzenden Umgang | |
mit sexuellen Spielarten immer kleiner. Natürlich ist es essenziell, dass | |
sexuelle Gewalt und Belästigung im Netz Konsequenzen hat, oder besser noch: | |
weitgehend verhindert wird. Aber es muss dafür doch eine bessere | |
Möglichkeit geben als die Tilgung alles Sexuellen. Wenn wir Pornografie und | |
Jugendschutz als Gegenteile begreifen, die einander ausschließen, verlieren | |
nämlich alle. Auch die Kids. | |
27 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /WeTheNipple-gegen-Zensur-im-Netz/!5600868 | |
[2] https://www.businessinsider.de/international/tumblr-porn-ban-nsfw-flagged-r… | |
[3] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Medienanstalt-leitet-Verfahren-gege… | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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