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# taz.de -- Einrichtung bei SM-Menschen: Kein Satin, kein Samt
> Wollten Sie schon immer mal wissen, wie es bei BDSM-Liebenden zu Hause
> aussieht? Hier erfahren Sie es ganz exklusiv.
Bild: So stellen sich die Anhänger*innen von Blümchensex die Wohnung von BDSM…
Die Beleuchtung ist schummrig und aus irgendeinem Grund erdbeerrot.
Wahrscheinlich indirektes Neonlicht. Überhaupt muss da unbedingt eine
Neonlichtquelle sein oder dicke Kerzen. Oder beides. An der Wand,
aufgereiht an einem dunkel gebeizten Holzbalken: Peitschen, Gerten und
Spreizstangen, sortiert nach Größe. Das Fußende des opulenten Betts ist
gleichzeitig ein Pranger, Augenbinde und ein paar Handschellen liegen
bereit.
Ich muss Ihnen etwas sagen: Das Fernsehen und die halb schmutzigen
Taschenbücher, die in der Bahnhofsbücherei liegen, haben Sie angelogen.
In der Popkultur sind BDSM-Liebende meistens ihrem Hobby so sehr verfallen,
dass sie das ganze Schlafzimmer oder gleich die ganze Wohnung thematisch
umdekorieren. Sofern sie nicht gleich einen eigenen Playroom haben: ein
fensterloses Verlies mit ledergepolsterter Tür und Andreaskreuz an der
Wand. Selbst progressive Bücher, Filme und Fernsehformate, die diverse
Neigungen eigentlich normalisieren wollen, bedienen sich immer wieder
dieser leicht trashigen, schummrigen Bildwelt, in der SM-Spiel mit Gefahr
und mit leicht abwaschbaren Oberflächen assoziiert wird.
Es gibt diese Wohnungen natürlich. Aber mit der durchschnittlichen
Einrichtung von Kinkstern hat das nichts zu tun – noch nicht mal in Berlin.
Noch nie, wirklich nie war ich bei jemandem eingeladen, der seine Knebel
und Gummimasken der Größe nach sortiert an der Wand aufgehängt hatte. Die
Vorstellung, dass es sich jemand bei der gegenwärtigen Wohnraumsituation
leisten kann, einen Hobbyraum einzurichten, geschweige denn einen Playroom,
ist ulkig. Und Kerzen wurden auch nirgendwo angezündet, zum Glück, denn
Menschen, die zum Sex Kerzen anzünden, liebes Fernsehen, sind entweder
unter 16 oder haben Angst vor Spaß.
## Sexspielzeug aus Bettkästen
Ich musste auch noch nie an einer Wand aus gerahmten artsy
Fetischfotografien vorbeilaufen, um mich dann auf glitschiger schwarzer
Satinbettwäsche niederzulassen, womöglich noch unter einem Himmel aus lila
Samt. Nicht dass mich so eine Inneneinrichtung per se abschrecken würde.
Ich würde sie wahrscheinlich einfach mit ähnlichem Befremden zur Kenntnis
nehmen wie auch jedes andere allzu monothematische Wohndesign – sagen wir
„Star Wars“ oder „My Little Pony“.
Nein, die Wohnungen der harten Doms, der devoten Köter, der
Fesselschwestern und Sockenfetischisten haben anthrazitgraue
Sofalandschaften und passende Vorhänge, haben Flokatiteppiche, Buddhakitsch
und Batiktücher. Sie haben gerahmte New-York-Skylines an der Wand,
Plasmafernseher und Playstations, Biberbettwäsche und Schaffelle. Die
Sexspielzeuge werden aus Bettkästen hervorgezaubert, sind in
Kleiderschrankschubladen versteckt oder befinden sich in Bastkörben im
weißen Kallax-Raumteiler.
Die Wohnungen von SM-Fans sind, das ist meine persönliche Empirie, absolut
mondän und schreiend gewöhnlich. Und das – ist auch gut so.
10 Jan 2020
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Kolumne Kuscheln in Ketten
BDSM
Sexualität
Fetisch
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