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# taz.de -- Versorgung von Geflüchteten: Obdachlos in Oberhavel
> Zwei geflüchtete Jugendliche in Oberhavel sind seit sechs Monaten ohne
> feste Bleibe. Der Landkreis weist die Verantwortung von sich.
Bild: „Engmaschige Betreuung“ durch das Jobcenter? Oder nur ergebnisloses W…
Im Landkreis Oberhavel sind zwei Jugendliche seit knapp einem halben Jahr
obdachlos, ohne dass sich eine Lösung abzeichnet. Beide waren als
minderjährige unbegleitete Flüchtlinge nach Brandenburg gekommen und hatten
zuvor in Jugendhilfeeinrichtungen in Hennigsdorf gelebt. Weil sie keinen
festen Wohnsitz haben, zahlt das Jobcenter die ihnen zustehenden Leistungen
in Tagessätzen aus.
„Ich fahre jeden Tag nach Oranienburg zum Jobcenter, nehme mir eine
Wartenummer, warte dort zwei bis drei Stunden und bekomme dann 14,13 Euro
ausgezahlt“, sagt der 19-jährige Saifullah Jabarkhail. Unter diesen
Umständen habe der Jugendliche seinen Sprachkurs nicht fortsetzen können,
außerdem gebe er täglich 5,40 Euro für das Fahrticket aus, zum Leben
blieben ihm nur 8,70 Euro.
„Sie haben gesagt, eine Monatskarte und monatliche Geldauszahlung können
sie erst dann machen, wenn ich eine Wohnung habe“, sagt er. Seine Tage
verbringt er meist bei Freunden, aber nachts könne er dort nicht bleiben.
„In der Gemeinschaftsunterkunft darf Besuch nur bis 22 Uhr bleiben, nachts
versuche ich, mich irgendwo reinzusetzen, wo es warm ist“, sagt Jabarkhail.
„Wir haben langsam den Eindruck, dass die Behörden die Jugendlichen durch
Hinhaltetaktik und den Entzug sozialer Versorgung aus Oberhavel vertreiben
wollen“, sagt Simone Tetzlaff von der Flüchtlingsberatung Evangelischer
Kirchenkreis Oberes Havelland. Auf seinen Antrag auf Wiederaufnahme der
Jugendhilfe habe Jabarkhail bis heute keine Antwort bekommen. Gemeinsam mit
der Organisation Jugendliche ohne Grenzen, dem Flüchtlingsrat Brandenburg
und dem Bundesfachverband minderjährige Flüchtlinge (BumF) fordert die
Flüchtlingsberatung das Jugendamt auf, den Jugendlichen unverzüglich eine
Wohnmöglichkeit anzubieten.
Das Jobcenter behauptet hingegen eine „engmaschige Betreuung“, sie bemühten
sich in intensiven Gesprächen, die Jugendlichen in Wohnung und Arbeit zu
vermitteln. Auch Kirstin Fussan, die in Oberhavel den Fachbereich Jugend
leitet, weist die Vorwürfe der Flüchtlingsinitiativen zurück. Nach dem
Antrag zur Wiederaufnahme der Jugendhilfe hätten sie sofort einen Termin
gemacht, der aber abgelehnt worden sei.
Die beiden Jugendlichen hätten sich in der Jugendhilfeeinrichtung „nach und
nach der Betreuung entzogen“. Sie seien nächtelang nicht in der Einrichtung
gewesen und hätten sich nicht an die Hausregeln gehalten. Auch die Aufnahme
in einer Obdachloseneinrichtung in Hennigsdorf hätten sie verweigert. Damit
hätten sie „ihr Recht auf eine Obdachlosenunterkunft verwirkt“.
## Menschenrecht auf Wohnen
Die Flüchtlingsinitiativen machen dagegen das Menschenrecht auf Wohnen
geltend. Jibran Khalil von Jugendliche ohne Grenzen spricht von
„unterlassener Hilfeleistung“, und Ulrike Schwarz vom BumF kritisiert, dass
Jugendhilfe verwehrt werde, obwohl eine Gefährdung der persönlichen
Entwicklung bestünde.
Simone Tetzlaff von der Flüchtlingsberatung hält es für fahrlässig, dass
das Jugendamt die beiden im Sommer aus der Jugendhilfe in die
Obdachlosigkeit entlassen hat. „Auch wenn es Konflikte in der Einrichtung
gab, sollten die Jugendhilfeträger damit professionell umgehen“, sagt sie
mit Bezug auf die Stellungnahme von Fussan. „Geflüchtete Jugendliche sind
oft schon sehr selbstständig und sollten in ihrer Selbstständigkeit
gefördert und unterstützt und nicht dafür bestraft werden.“
16 Dec 2019
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Jugendämter
Geflüchtete
Schwerpunkt Flucht
Polizei Berlin
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