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# taz.de -- Feuerwerk-Legalisierung stagniert: Das Pyro-Problem
> Die Strafen für das Abbrennen von Pyrotechnik treffen den HSV
> empfindlich. Sein Ansatz, das Feuerwerk zu legalisieren, stößt auf wenig
> Gegenliebe.
Bild: Fankultur oder Randale? HSV-Fan beim Spiel gegen Union Berlin Ende April
Hamburg taz | Der Hamburger SV hat in den vergangenen zwei Saisons in Folge
einen inoffiziellen Titel gewonnen, auf den er nicht besonders stolz ist.
Er heißt „Randalemeister“ und bezeichnet jenen Klub, der innerhalb einer
Spielzeit aufgrund geahndeter Vorfälle in den Stadien durch den Deutschen
Fußball-Bund (DFB) die meisten Strafen zahlen muss.
Wegen des Fehlverhaltens seiner Fans musste der HSV in der vergangenen
Saison neun, in der davor drei Strafen zahlen. Die Gesamtkosten: über eine
halbe Million Euro. Geht ja noch, werden diejenigen sagen, die den HSV
wegen seiner jährlichen Trainer- oder Sportchefentlassungen mitsamt
Millionen-Abfindungen verspotten. Im Vergleich dazu ist eine halbe Million
nicht viel Geld.
Allerdings sind die fetten Jahre, als Investor Klaus-Michael Kühne zig
Millionen für durchschnittliche Transfers in den Verein pumpte, vorbei.
Auch die Fernseh- und Werbeeinnahmen sind wegen des Abstieges in die Zweite
Liga gesunken. Ein paar hunderttausend Euro treffen den Klub inzwischen
deutlich härter als noch vor Jahren. Die letzte Strafe tut es ganz
besonders: 250.000 Euro steht auf einer Rechnung, die der DFB dem HSV wegen
der Vorfälle beim letzten Stadtderby gegen den FC St. Pauli übermittelte.
Dabei geht es dem Verband längst nicht mehr nur um die Intensität oder die
Beeinträchtigung des Spiels durch das Feuerwerk, sondern auch um die
Regelmäßigkeit: Da die HSV-Fans Wiederholungstäter sind, wird die Strafe
von Mal zu Mal höher. Die Verantwortlichen haben Einspruch eingelegt und
hoffen, dass die Sportrichter ein milderes Urteil sprechen. Aber wie soll
das Problem in Zukunft gelöst werden?
Der Vorstandsvorsitzende des Hamburger SV, Bernd Hoffmann, will es mit
Diplomatie versuchen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Heribert Bruchhagen
geht er auf die Krawallmacher zu, anstatt ihnen mit Ausgrenzung und
Stadionverboten zu drohen.
## Die Idee vom kontrollierten Abbrennen
Hoffmann hat recht, wenn er sagt, dass Sanktionen allein keine Lösung des
Problems sind. Selbst mit verschärften Personenkontrollen beim Einlass ins
Stadion lässt sich das Schmuggeln der gefährlichen Pyro-Technik nicht
gänzlich verhindern. Und auch die Video-Aufzeichnungen während eines Spiels
können nur in seltenen Fällen zweifelsfrei belegen, wer die Pyros im Block
tatsächlich gezündet hat. Unter den Ultras gilt ohnehin das ungeschriebene
Gesetz, dass niemand bei der Polizei oder beim Verein verpfiffen wird.
Deshalb verfolgt Hoffmann einen anderen Ansatz: Er will in Zusammenarbeit
mit den Fan-Gruppen, dem DFB und dem Ligaverband DFL ein Konzept auf die
Beine stellen, um das kontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik möglich zu
machen. Bevorzugt sogenannte „kalte Pyro“, die nur etwa 200 statt 2000 Grad
Celsius heiß wird und in Dänemark bereits zur Anwendung kommt.
Einen ersten Versuch beim HSV gab es bereits Anfang des Jahres. Mit
Zustimmung der Feuerwehr und der Hamburger Innenbehörde hat der Club den
Einsatz von Pyro unter kontrollierten Bedingungen und unter Ausschluss der
Öffentlichkeit getestet. Die Verantwortlichen hatten sich auch schon vom
DFB und der DFL die notwendigen Genehmigungen geholt, um Pyro während eines
Spieltages einzusetzen, wegen der sportlichen Entwicklung allerdings davon
abgesehen. Ende Februar 2020 wollte der HSV einen zweiten Anlauf starten,
stößt damit aber nun auf Granit beim Verband.
Der hat gerade andere Sorgen: Kürzlich stimmten 32 von 34 Klubs bei der
DFL-Vollversammlung gegen die solidarische Aufteilung von zusätzlichen
Polizeikosten bei Hochrisikospielen, die das Bundesland Bremen der DFL in
Rechnung stellt. Die Gemeinschaft der Profiklubs will sich daran aber nicht
beteiligen. Werder Bremen soll die Kosten alleine tragen, hat aber schon
angekündigt, das nicht zu tun. Eine zusätzliche öffentliche Debatte zum
Thema Pyrotechnik käme im Moment ungelegen.
Aber nicht nur bei der DFL und beim DFB stehen Hoffmann und dem HSV zähe
Gespräche bevor. In den eigenen Reihen stößt die Idee ebenfalls nicht
überall auf Zustimmung. Auf der Jahreshauptversammlung im Januar wollen
einige Mitglieder Hoffmanns Vorhaben zur Diskussion stellen.
16 Dec 2019
## AUTOREN
Daniel Jovanov
## TAGS
Pyrotechnik
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HSV
Deutscher Fußballbund (DFB)
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