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# taz.de -- Fan-Zerwürfnis beim FC St. Pauli: Der Stachel sitzt tief
> Nach dem Gebaren mancher Fans beim Derby gegen den Hamburger SV offenbart
> sich ein Konflikt innerhalb der Fanszene des FC St. Pauli.
Bild: Pyro-Qualm im Millerntor-Stadion: Das Derby musste deshalb mehrfach unter…
Hamburg taz | Richtig schlecht wurde die Laune in der Südkurve des
Millerntors am 10. März eigentlich erst in der Halbzeitpause – obwohl der
FC St. Pauli da schon 0:1 gegen den HSV zurücklag. Ganz hinten an der Wand
des Stehplatzbereichs brach ein Feuer aus. Die Flamme war etwa einen Meter
hoch, verbrannte und verrußte die braune und weiße Farbe an der Wand.
Als sie kleiner wurde, war zu sehen: Da brannte ein St.-Pauli-Pullover, in
den mehrere pyrotechnische Artikel gewickelt waren. Auf dem Boden war blaue
Farbe. Offenbar war das eine subversive Aktion einer HSV-Anhängerin.
Zeug*innen hatten gesehen, wie eine Frau die Klamotten auf den Fußboden
legte. Sie hatten sich noch gewundert, dass sie diese einfach liegen ließ.
Nur mit Glück wurde offenbar niemand verletzt.
Trotzdem dürfte nicht diese Aktion ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass
nicht nur Südkurven-Zuschauer*innen das Stadion noch vor Abpfiff verließen.
Es waren vielmehr die eigenen „Fans“, die unter den
St.-Pauli-Anhänger*innen für Unmut sorgten. Beim Derby trat ein Konflikt in
den eigenen Reihen ans Licht, der offenbar schon länger schwelt.
Insgesamt vier Mal wurde das Derby zwischen dem FC St. Pauli und dem
Hamburger Sportverein unterbrochen, weil Pyrotechnik gezündet wurde – in
beiden Fanlagern. Der FC St. Pauli vertritt eine entspannte Einstellung zu
Pyrotechnik. Doch was da am Derby-Sonntag auf der Süßtribüne passierte, war
zu viel. Da wurde in einer Drangphase St. Paulis Pyro gezündet. Nach der
entsprechenden Unterbrechung war von St. Paulis Stärke nichts mehr zu
sehen.
Später präsentierten „Fans“ mit Sturmhauben und roten Halstüchern auf dem
Zaun der Südkurve ein HSV-Fans entwendetes Banner, zerrissen und verbanntes
es. Das war der Moment, an dem im Stadion „Ihr seid scheiße wie der HSV“
und „Haut ab“-Rufe ausbrachen.
„Die Vorfälle stellen eine Zäsur beim FC St. Pauli dar“, schrieben
Präsidium, Aufsichtsrat und Geschäftsführung des Vereins vergangenen Montag
in einer Stellungnahme. Die „nun betroffenen Teile der Fanszene“ hätten
einen großen Vertrauensvorschuss erhalten, doch mit den Vorfällen in der
Südkurve seien Grenzen überschritten worden. Konsequenzen würden nun
„kritisch diskutiert“, so die Vereins-Chefs.
Wie tief der Stachel sitzt, wird auch daran deutlich, dass der Verein
Anfragen zu den Derby-Vorfällen nicht beantwortet. Man wolle sich erst nach
Abschluss der internen Aufarbeitung wieder äußern, hieß es auf Anfrage der
taz. Sogar einfache Fragen, etwa ob der Verein um den eingangs
geschilderten Vorfall wisse, blieben beantwortet.
Der Fanclubsprecherrat des FC St. Pauli, das Gremium der offiziellen
Fanclubs, befürwortet diese Strategie „der Aufarbeitung nach innen als
erstes Instrument“. Auch er verurteile, dass Leuchtkugeln aufs Spielfeld
gefeuert und „Beute“ vom Gegner präsentiert wurde. Es gebe nicht annähernd
eine Mehrheit für ein solches Vorgehen und „keiner der offiziellen Fanclubs
unterschreibt diese Performance“, schreibt das Gremium.
## Pauschale Anfeindungen
Damit nimmt der Fanclubsprecherrat Ultrà Sankt Pauli (USP) aus der
Schusslinie. Die Gruppe, die die Südkurve selbst verwaltet, wurde in der
vergangenen Woche vielfach für die Vorfälle verantwortlich gemacht. Dabei
ist gar nicht klar, wer da eigentlich so frei drehte. Es sei rein optisch
erkennbar gewesen, dass weder die gesamte Südkurve noch „die Ultras“ die
Gesamtverantwortung tragen, schreibt der Fanclubsprecherrat und kritisiert
gleichzeitig den „Pauschalbrüll“, der gegen die Südkurve ätzte. Der wird
auch von einigen St. Pauli-Anhänger*innen kritisiert, weil es das Lauteste
gewesen sein soll, was an diesem Tag von der Gegengerade kam und sich die
Unterstützung des Teams sonst auf bloße Anwesenheit beschränkt habe.
Die Fanclubvertreter*innen sprechen sich deshalb für das aus, was am
Derbysonntag im Stadion und in den Debatten im Nachhinein meist zu kurz
kam: Aus pauschalen Anfeindungen müsse ein Dialog mit allen Beteiligten
werden. Alle seien dazu aufgerufen, die verschiedenen Facetten von
Fußball-Fankultur selbst zu definieren und auszuleben.
Beim Auswärtsspiel in Sandhausen am Samstag, bei dem St. Pauli wieder mit
4:0 unterging, machten einige Fans deutlich, warum ihrer Meinung nach das
Derby verloren ging. „Nicht Pyro hat das Derby verloren, sondern eine
mutlose Mannschaft“, stand auf einem Banner.
18 Mar 2019
## AUTOREN
Marthe Ruddat
## TAGS
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